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CO2-Entnahme aus der Atmosphäre: Ein zusätzlicher Baustein für die Erreichung unserer Klimaziele : , Thema: FAQ

Deutschland will bis 2045 klimaneutral werden. Um dieses Klima-Ziel zu erreichen, ist nicht nur eine drastische Reduzierung der Emissionen erforderlich, der Atmosphäre muss auch CO2 entzogen und dauerhaft gebunden oder gespeichert werden. Das BMBF fördert die Erforschung entsprechender Methoden.

Steilküste mit dem blauen Meer und angrenzend einem dichten grünen Wald. © Oliver Sjostrom/Unsplash

In der Wissenschaft besteht Einigkeit: Um die Kohlendioxid-Emissionen in die Atmosphäre auf rechnerisch Null zu reduzieren, müssen der Atmosphäre große Mengen des Gases aktiv entzogen und dauerhaft gebunden oder gespeichert werden. Diese aktive Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre bezeichnet die Fachwelt als Carbon Dioxide Removal, CDR. Man spricht auch von „negativen Emissionen“. Ziel der CO2-Entnahme ist, den Anstieg der Konzentration von CO2 in der Atmosphäre und den dadurch verursachten Treibhauseffekt abzumildern. Die Erderwärmung schreitet immer schneller voran und ist durch Veränderungen im Klimasystem in allen Regionen der Welt spürbar. Gletscher weichen immer weiter zurück, das Eis in den Polarregionen schmilzt, während der Meeresspiegel ansteigt. Hitzeextreme, Starkniederschläge, Dürren sowie tropische Wirbelstürme nehmen zu. Doch allein mit einer Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen ist das selbst gesetzte Klimaziel nicht mehr zu erreichen.

Was Sie zur CO2-Entnahme wissen sollten, lesen Sie in unseren Fragen und Antworten:

Kann die Menschheit künftig alle selbst verursachten Treibhausgas-Emissionen auf null reduzieren?

Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass die Menschheit auch Mitte des 21. Jahrhunderts noch Restmengen an Kohlendioxid in die Atmosphäre ausstoßen wird. Nach Schätzungen lassen sich zwischen fünf und 15 Prozent der aktuellen Emissionen nicht vermeiden – auch nicht mit einer äußerst ambitionierten Klimapolitik. Rest-Emissionen entstehen beispielsweise bei der Grundstoffindustrie, aber auch in der Landwirtschaft und bei der Müllverbrennung. Nicht anders vermeidbare industrielle Emissionen können auch dadurch verhindert werden, dass das Kohlendioxid direkt an der Emissionsquelle, z.B. dem Fabrikschornstein, aufgefangen und im Anschluss geologisch gespeichert wird.

Emissionen, die nach all diesen Maßnahmen übrigbleiben, müssen dann durch verschiedene Methoden der CO2-Entnahme ausgeglichen werden.
Eine weitere Rolle für die CO2-Entnahme sehen viele Szenarien des Weltklimarates darin, die globale Erderwärmung später im Jahrhundert wieder zu senken, wenn diese vorher über die im Pariser Abkommen festgelegte Marke von 1,5° Celsius hinausgestiegen ist. Ein solches Überschießen der Temperatur über das Klimaziel hinaus wäre allerdings mit zusätzlichen Risiken des Überschreitens von Kipppunkten und zusätzlichen Klimaschäden verbunden.

Kann uns die CO2-Entnahme bei den Bemühungen zur Reduktion unserer Emissionen entlasten?

Nein. Zur Erreichung der Klimaziele sind in erster Linie sehr tiefgreifende Reduktionen unserer Treibhausgasemissionen notwendig. Negative Emissionen durch die CO2-Entnahme benötigen wir zusätzlich. Darüber hinaus gilt: Die Methoden hinter verschiedenen CO2-Entnahme-Ansätzen sind zum Teil recht neu. Sie sind noch nie in einem so großen Umfang eingesetzt worden, dass sie wirklich einen relevanten Beitrag zur Abmilderung des Klimawandels erreicht hätten. Es ist daher weiterhin unabdingbar, dass wir die Emissionen schnell und sehr weitreichend reduzieren.

Welche Möglichkeiten bietet die Natur, um zusätzlich Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entnehmen?

Seit Millionen Jahren sind im Klimasystem der Erde komplexe physikalische, chemische und biologische Prozesse wirksam, die Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen und im Boden oder im Meer einlagern. Wichtige natürliche CO2-Senken sind zum Beispiel Seegraswiesen und der Ozeanboden, Moore und Wälder. Doch nur mit einem tiefergehenden Verständnis für verschiedene solcher Prozesse können gezielte Maßnahmen angestrebt werden, die letztlich einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralität Deutschlands leisten.

Was leistet das BMBF zur Erforschung von CO2-Entnahme-Methoden?

Im Forschungsprogramm CDRterra fördert das BMBF mit insgesamt 21 Millionen Euro die wissenschaftliche Untersuchung von landbasierten CDR-Methoden. Innerhalb der vom BMBF mit 26 Millionen Euro geförderten Forschungsmission CDRmare werden im Rahmen der Deutschen Allianz Meeresforschung ozeanbasierte Ansätze zur CO2-Entnahme und -speicherung intensiv erforscht. Der Ozean ist neben den Böden der größte globale Kohlenstoffspeicher! Zudem wird übergreifend die Erarbeitung ökologischer, gesellschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen für CDR gefördert. Insgesamt erforschen 16 Forschungsverbünde marine und landbasierte Methoden der CO2-Entnahme.

Welche landbasierten CO2 -Entnahmemethoden werden bei CDRterra erforscht?

Im Forschungsprogramm CDRterra untersuchen über 100 Forschende in zehn Verbundprojekten, wie und in welchem Umfang landbasierte CO2-Entnahmemethoden zur Begrenzung des Klimawandels beitragen können. Im Fokus des Programms stehen die landbasierten CO2-Entnahmemethoden Aufforstung, Wiederbewaldung und Agroforstwirtschaft, Pflanzenkohle, beschleunigte Verwitterung von Gestein, Bioenergie mit anschließender Abscheidung und geologischer Speicherung des CO₂ (Bioenergy with Carbon Capture and Storage – BECCS), direkte Abscheidung von CO₂ aus der Atmosphäre mit anschließender langfristiger geologischer Speicherung des Kohlenstoffs (Direct-Air-Capture and Carbon Storage – DACCS), CO2-Speicherung in Baumaterial sowie Bodenkohlenstoffanreicherung. In CDRterra werden zudem geeignete Politikinstrumente unter Einbeziehung der Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft entwickelt und bewertet.

Worum geht es in den zehn genannten Projekten in CDRterra genau

Im Projekt STEPSEC werden die Potenziale der Methoden Aufforstung und Wiederaufforstung, Waldbewirtschaftung und BECCS vergleichend untersucht. Dabei werden unerwünschte Nebeneffekte auf das Erdsystem wie Flächen- und Ressourcenkonkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion oder der Einfluss auf die Biodiversität berücksichtigt. Wie begrenzt zur Verfügung stehende Landressourcen für natürliche CDR-Methoden genutzt werden können, die den gesellschaftlichen Nutzen erhöhen, wird ebenfalls erforscht (GONASIP). Die Agroforstwirtschaft, eine Kombination von Land- und Forstwirtschaft, kann sich im Idealfall positiv auf Wasser- und Nährstoffhaushalt, Biodiversität, Ernteerträge, Humusbildung und Kohlenstoffbindung auswirken. Das Projekt ABCDR erforscht die Potenziale der Agroforstwirtschaft für Deutschland. Durch künstliche Photosynthese kann CO2 aus der Atmosphäre entnommen und – umgewandelt in festen Stoff – dauerhaft gespeichert werden. In NETPEC werden erste Verfahren dieser Technologie entwickelt und getestet. Um den künftigen Einsatz von DACCS verantwortungsvoll gestalten zu können, müssen die Potenziale, Risiken und Herausforderungen eines großskaligen Einsatzes von direkter Abscheidung von CO2 aus der Luft erforscht werden (DAC-TALES). PyMiCCS erforscht, wie die Methoden der beschleunigten Verwitterung von Gestein und Pflanzenkohle kombiniert werden können, um die CO2-Bindung zu erhöhen und die Qualität von landwirtschaftlichen Böden zu verbessern. In DACCUSS-Pre wird die CO2-Bindung in einem neuen Baustoff aus Hartgestein, biogenen Carbonfasern und Biokohle untersucht. Damit die Umsetzung von CDR auch aus gesellschaftlicher und politischer Perspektive gelingen kann, sind Politikinstrumente für die CO2-Entnahme sowie ihre Fairness-Implikationen zu analysieren und zu bewerten (CDR-PoEt). Als Orientierungs- und Entscheidungshilfe für einen möglichen Einsatz von biomasse-basierten CDR-Methoden wird das Projekt BioNET eine Informationsplattform für Politik, Land- und Forstwirtschaft sowie Wissenschaft erarbeiten.

Was zeichnet den Ozean als Kohlenstoffspeicher aus?

Der Ozean hat in der Erdgeschichte bereits sehr große Veränderungen der atmosphärischen CO2-Konzentration abgefedert. So enthält der Ozean mehr als 50-mal so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre und hat etwa ein Viertel der menschengemachten CO2-Emissionen aufgenommen. Die Weltmeere sind somit ein wichtiger Klimapuffer. Es wird jedoch erwartet, dass sich diese Leistung des Ozeans verringert, da die Erwärmung, Versauerung, der Sauerstoffmangel des Wassers und andere vom Menschen verursachte Störungen die Kapazitäten des Ozeans zur Kohlenstoffbindung verschlechtern. Zudem findet die Kohlenstoffaufnahme im Ozean und Ozeanboden auf langen Zeitskalen statt.

Gibt es Möglichkeiten, die Kohlenstoffspeicher im Meer effektiver zu nutzen?

Ja, durch verschiedene Verfahren könnten die Aufnahmeprozesse im Ozean beschleunigt oder verstärkt werden. Hier setzt die Forschungsmission CDRmare an. Forscherteams untersuchen darin in sechs Verbundprojekten ein breites Spektrum von Ansätzen zur CO2-Entnahme und -Speicherung im Ozean. Dabei betrachten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Ozean als globales, zusammenhängendes System und erforschen auch, welche Auswirkungen diese menschlichen Eingriffe auf die Meeresumwelt oder andere Nutzungen wie beispielsweise Fischerei oder Tourismus hätten. Erst mit diesem ganzheitlichen Forschungsansatz können Potenziale, Kosten und Risiken einer zusätzlichen Kohlendioxid-Aufnahme durch den Ozean realistisch bewertet werden. Die Auswahl geeigneter Lösungen soll nach einer politischen und gesellschaftlichen Debatte getroffen werden.

Worum geht es in den Projekten in CDRmare genau?

Einen Schwerpunkt der Forschungsmission bildet die Entwicklung innovativer Technologien zur sicheren CO2-Speicherung in Sandsteinformationen unter der Nordsee (GEOSTOR) sowie in der oberen Ozeankruste des Atlantiks (AIMS3). Zudem werden verschiedene Formen der biologischen Kohlenstoffaufnahme aus der Atmosphäre untersucht. Dies betrifft küstennahe Meeresgebiete mit Seegraswiesen, Salzwiesen, Makroalgen und Mangroven (sea4soCiety), aber auch den offenen Ozean, in dem durch Auftrieb das Wachstum von Plankton gesteigert werden kann (TestArtUp), wodurch ebenfalls die CO2-Aufnahme erhöht wird. In RETAKE untersucht ein Forscherteam, ob eine durch das Einbringen von Mineralien hervorgerufene künstliche Erhöhung der Alkalinität, des Säurebindungsvermögens von Meerwasser, die CO2-Aufnahmefähigkeit des Ozeans steigert. Im Projekt ASMASYS wird das Wissen über marine CDR-Maßnahmen zusammengeführt und ein einheitlicher Bewertungsrahmen für die Ansätze entwickelt – die Grundlage für den Praxiseinsatz.

Werden auch Potenziale und Risiken der CO2-Entnahme-Methoden erforscht?

Das Synthesevorhaben CDRSynTra bildet die zentrale Schnittstelle zwischen den Ergebnissen aus den Projekten CDRterra und CDRmare. Es ist wichtig, neben den positive Effekten der CDR-Methoden auch die Risiken zu kennen, zu bewerten und in den Gesamtkontext von Klimaschutz und Unversehrtheit der Ökosysteme einordnen zu können. Diese Zusammenhänge müssen genau verstanden und abgewogen werden. Deshalb führt das Synthesevorhaben CDRSynTra im Forschungsprogramm CDRterra die Ergebnisse aus den Projekten zusammen und bildet die Schnittstelle zur Forschungsmission CDRmare für marine CDR-Methoden. Ziel ist die umfassende und einheitliche Bewertung der Potenziale und Risiken der verschiedenen CDR-Methoden und ihren Ausbaupfaden. Auf dieser Basis kann ein gesellschaftlich akzeptables, politisch umsetzbares und ökologisch sowie ökonomisch sinnvolles Portfolio an CDR-Methoden entstehen – im Dialog mit Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Denn die CO2-Entnahme zur Abmilderung des Klimas kann nur gelingen, wenn sie in verantwortungsvoller Weise und übergelegt gestaltet wird.

Mit wieviel negativen Emissionen können wir rechnen?

Fragen zu Machbarkeit, realistischen Entnahmemengen und Umsetzungsbedingungen der CDR-Methoden sind noch nicht ausreichend erforscht. Deshalb können derzeit noch keine abschließenden Abschätzungen gegeben werden, wieviel CO2 in Deutschland aus der Atmosphäre entnommen und dauerhaft gespeichert werden kann. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, ergebnisoffen CDR-Methoden zu erforschen und ihre Potenziale der CO2-Entnahme und anschließender dauerhafter Speicherung zu ermitteln. Auch ist zu klären, welches Portfolio an Methoden welche Mengen an negativen Emissionen erzielen kann. Denn klar ist: Wir werden mehrere CDR-Methoden kombinieren müssen.

Es wird deutlich: Die schnelle und tiefgreifende Reduktion von CO2-Emissionen ist von größter Bedeutung. Denn je näher wir der Erreichung unserer Klimaziele kommen, desto weniger werden wir auf Methoden und Technologien zur aktiven Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre und die dauerhafte Speicherung zur Kompensation von nicht zu vermeidenden Emissionen angewiesen sein.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen CO2-Entnahme und der unterirdischen Speicherung (CCS-Technologie)?

CCS (Carbon Capture and Storage) umfasst die Abscheidung von CO2, zum Beispiel aus industriellen Abgasen, den Transport des konzentrierten CO2 sowie die dauerhafte Speicherung von Kohlendioxid im tiefen geologischen Untergrund. CCS erfüllt zur Erreichung der Klimaneutralität zwei unterschiedliche Rollen:

  1. CCS für Klimaschutz in der Industrie durch Emissionsreduktion:
    Wenn CO2 aus Industrieabgasen abgeschieden wird, trägt CCS zur Reduktion der Emission, bei.
  2. CCS als Bestandteil von CO2-Entnahme:
    CCS kann aber auch zu negative Emissionen beitragen: Durch Direct-Air-Capture and Carbon Storage – DACCS oder Bioenergy with Carbon Capture and Storage – BECCS. Damit negative Emissionen erreicht werden, muss das CO2 direkt aus der Umgebungsluft abgeschieden (Direct Air Capture, DAC) oder durch Pflanzen (Biomasse) aus der Luft aufgenommen werden. Das in beiden Verfahren abgeschiedene CO2 kann dann unterirdisch in geologischen Formationen gespeichert werden.

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