1. Rechtsgrundlage der Förderung und Zuwendungszweck
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gewährt zur Förderung ausgewählter Schwerpunkte der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung nach Maßgabe der Standardrichtlinien des BMBF und der nachstehenden Fördermodalitäten sowie der Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) Zuwendungen für Vorhaben im Förderschwerpunkt „Struktur und Wechselwirkung fundamentaler Teilchen”.
Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Über die Förderung entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
Die Maßnahme ist auf Fördervorhaben ausgerichtet, die an ausgewählten Großgeräten der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung zur Erforschung der fundamentalen Kräfte und Teilchen der Materie durchgeführt werden und die einrichtungsübergreifende und interdisziplinäre Zusammenarbeit in größeren Kollaborationen oder Wissenschaftsnetzwerken unterstützen.
Die Ziele der Förderung beinhalten
- die effektive Nutzung der maßgeblich vom Bund finanzierten Großgeräte an nationalen und internationalen Zentren der Hochenergiephysik,
- die Entwicklung neuer Experimentiertechniken für die Behandlung grundlegender wissenschaftlicher Fragestellungen des Bereichs „Struktur und Wechselwirkung fundamentaler Teilchen” und Auswertemethoden einschließlich der dafür erforderlichen Kommunikations- und Informationstechnologien sowie
- die Fortentwicklung der Wissenschaftsinfrastruktur, insbesondere Forschung und Entwicklung zu künftigen Forschungsanlagen und den entsprechenden Basistechnologien.
Als forschungspolitisches Ziel soll mit Durchführung der Vorhaben ein besonders wirksamer Beitrag geleistet werden, um die im internationalen Vergleich gute Position der Wissenschaft in Deutschland bei der Erforschung der innersten Struktur von Materie, Raum und Zeit sowie der fundamentalen Kräfte noch weiterhin auszubauen und den Bildungs- und Forschungsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken.
Die verfolgten Zielsetzungen basieren auf den Ergebnissen jüngster nationaler und internationaler Analysen, insbesondere des nationalen Komitees für Elementarteilchenphysik „Teilchenphysik in Deutschland“ von November 2002, den Studien zum Large Hadron Collider – Projekt am Europäischen Forschungszentrum CERN und den Projektstudien der internationalen „TESLA“ –Kollaboration bei DESY in Einklang mit den Resultaten des High Energy Physics Advisory Panels in den USA (2002) und der Consultive Group on High-Energy Physics des OECD Global Science Forum (2002).
2. Gegenstand der Förderung
Das übergeordnete Anliegen der Förderung im Bereich „Struktur und Wechselwirkung fundamentaler Teilchen“ besteht im Erreichen bedeutender Fortschritte bei der Beantwortung von Fragen nach den Grundlagen, die für den Aufbau der subatomaren Welt und der kosmischen Entwicklung verantwortlich sind, wie:
- Was ist der Ursprung der Masse fundamentaler Teilchen?
- Gibt es eine Universalkraft und wie fügen sich die verschiedenen Teilchen
und Kräfte zu einem kohärenten Bild? - Besitzt die Raumzeit mehr als vier Dimensionen?
- Welcher Natur sind die Teilchen der dunklen Materie?
Mit Beantwortung dieser Fragen soll ein sichtbarer Erkenntnisgewinn über die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der Natur und der frühen Entwicklung des Kosmos erreicht und zur Vertiefung des physikalischen Weltbildes beigetragen werden.
Auf der Basis dieser grundsätzlichen Fragestellungen fördert das BMBF im Bereich „Struktur und Wechselwirkung fundamentaler Teilchen“ experimentell ausgerichtete Vorhaben in den folgenden Themenfeldern:
- Innere Struktur und Eigenschaften von Nukleonen in hochenergetischen Wechselwirkungsprozessen,
- Verständnis der Eigenschaften schwerer Quarks,
- Suche nach Higgs-Teilchen und Aufklärung des Ursprungs der Teilchenmasse,
- Eigenschaften und Wechselwirkung der Eichbosonen,
- Analyse der Verletzung grundlegender Symmetrien,
- Verständnis der Flavourmischung im Quark- und Leptonensystem,
- Suche nach neuen Teilchen und Wechselwirkungen jenseits des Standardmodells der Teilchenphysik.
Im Hinblick auf die Fortentwicklung der Wissenschaftsinfrastruktur, die Erarbeitung fortgeschrittener Experimentier- und Analysetechniken und zur Vorbereitung zukünftiger Forschungsanlagen liegt ein weiterer Förderschwerpunkt bei
- Neu- und Weiterentwicklungen von Beschleunigern, Detektoren, Auswerteverfahren einschließlich des Grid - Computing und neuen Basistechnologien, die damit in Zusammenhang stehen.
Das BMBF fördert zur Fortentwicklung der Infrastruktur komplementär zu den Förderverfahren der Deutschen Forschungsgemeinschaft insbesondere Vorhaben mit einem hohen Instrumentierungsanteil sowie offene informations- und kommunikationstechnische Systeme für die wissenschaftliche Auswertung der Ergebnisse aus den Experimenten an Großgeräten der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung.
Die Förderung ist auf Vorhaben in nationalen und internationalen Zentren unter Nutzung insbesondere der nachfolgend aufgeführten Großgeräte bzw. Experimente gerichtet:
- Beschleunigeranlagen bei DESY
- HERA II, - Beschleunigeranlagen am CERN
- LHC
- SPS und CNGS-Neutrinostrahl, - LHC – Computing Grid Projekt am FZK
- Vorarbeiten zur Errichtung eines LHC – Tier 1 Zentrums, - Internationaler Elektron-Positron-Linearcollider
- Vorarbeiten zum TESLA – Projektvorschlag.
Darüber hinaus können in besonderen Fällen Projekte an anderen Großgeräten internationaler Zentren, insbesondere bei Einbeziehung des wissenschaftlichen Nachwuchses, gefördert werden, wenn sie
- Bestandteil eines Forschungsvorhabens an einem der genannten Großgeräte bzw. Experimente sind,
- in sehr engem inhaltlichen Bezug zu einem Vorhaben an den genannten Großgeräten stehen und dessen Erfolg unmittelbar unterstützen oder
- für die Vorbereitung von innovativen Anwendungen der im Bereich der Hochenergiephysik erarbeiteten Instrumente, Methoden oder Technologien in praxisnahen Bereichen erforderlich sind.
Hierzu gehört vor allem die Unterstützung der Beteiligung universitärer Gruppen an den Tevatron 2 - Experimenten CDF und DZero des Fermi National Accelerator Laboratory (FNAL).
Theoretische Untersuchungen können im Rahmen dieser Maßnahme nur dann unterstützt werden, wenn sie in unmittelbarem Bezug zu experimentell ausgerichteten Fördervorhaben stehen und für die effiziente Nutzung der ausgewählten Großgeräte oder deren Weiterentwicklung unverzichtbar sind.
Bevorzugt werden Projekte, die anspruchsvolle wissenschaftliche Forschung mit der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses verbinden und die seine Einbeziehung in größere internationale Forschungskollaborationen unterstützen. Es wird erwartet, dass sich die Projektleitungen besonders um die Beteiligung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern bemühen.
Die Überführung von Ergebnissen aus der Forschung in die praktische Nutzung erlangt zunehmendes Gewicht. Forschungsvorhaben zur Anwendung von wissenschaftlich-technischen Grundlagenergebnissen sind daher sehr willkommen und ausdrücklich in die Förderung eingeschlossen, sofern sie vom BMBF nicht bereits in anderen Förderbereichen unterstützt werden.
3. Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind insbesondere deutsche Hochschulen, in besonderen Fällen auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, und bei Überführungsaufgaben Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft.
4. Zuwendungsvoraussetzungen
Vor der Förderentscheidung über ein Verbundprojekt1 muss eine grundsätzliche Übereinkunft der Kooperationspartner über bestimmte vom BMBF vorgegebene Kriterien nachgewiesen werden, die einem Merkblatt zu entnehmen sind (BMBF – Vordruck 0110).
Antragsteller müssen sich im Umfeld des national beabsichtigten Projektes mit dem 6. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union (EU) vertraut machen. Sie müssen prüfen, ob das beabsichtigte Projekt spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin müssen Antragsteller prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Projektes ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis dieser Prüfung ist kurz darzustellen.
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1 Verbundprojekte entstehen, wenn mindestens zwei wissenschaftliche Einrichtungen oder zwei Unternehmen oder eine wissenschaftliche Einrichtung und ein Unternehmen projektbezogen zusammenarbeiten. Nähere Auskünfte erteilt der unter Nr. 7 genannte Projektträger des BMBF.
5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
Die Zuwendungen sollen als nicht rückzahlbare Zuschüsse zur Projektförderung gewährt werden.
Bemessungsgrundlage für Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind die zusätzlichen projektbezogenen Ausgaben bzw. für Helmholtz-Zentren und die Fraunhofer Gesellschaft die zuwendungsfähigen projektbedingten Kosten, die bis zu 100% finanziert werden können. Dazu gehört grundsätzlich auch der Aufwand für Arbeitsaufenthalte an auswärtigen Experimentiereinrichtungen.
Bemessungsgrundlage für Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sind die projektbezogenen zuwendungsfähigen Kosten, die in der Regel bis zur Höhe von 50% anteilfinanziert werden können. Dabei wird grundsätzlich eine mindestens 50%ige Eigenbeteiligung vorausgesetzt.
Bei der Bemessung der Förderquoten ist – unabhängig von den BMBF-Grundsätzen - der Gemeinschaftsrahmen für staatliche FuE-Beihilfen der EU-Kommission zu berücksichtigen.
6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen
Bestandteil der Zuwendungsbescheide auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98).
Bestandteil der Zuwendungsbescheide auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF 98).
7. Verfahren
Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme hat das BMBF seinen folgenden Projektträger beauftragt:
Projektträger des BMBF für Hochenergiephysik,
Astrophysik und Erforschung der kondensierten Materie
DESY-HS
22603 Hamburg
Telefon: (040) 8998-3702
Telefax: (040) 8994-3702
E-Mail:
E-Mail:
desy-hs@desy.de
Internet:
http://www.desy.de/desy-hs;
www.verbundforschung.de
Förmliche Förderanträge sind im Original mit rechtsverbindlicher Unterschrift bis spätestens
30. April 2003
dem Projektträger zuzuleiten.
Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Anträge können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.
Bei der Einreichung von Anträgen zu den Projekten ZEUS und H1 an HERA bei DESY sowie ATLAS und CMS am LHC des CERN, für die ein bestätigtes langfristiges Forschungsprogramm vorliegt, kann die Vorhabensbeschreibung auf eine Kurzdarstellung der im Förderzeitraum vorgesehenen Arbeitsschritte reduziert werden.
Weitere Informationen sind beim Projektträger des BMBF zu erfragen. Auf die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ wird hingewiesen. Die Formulare für förmliche Anträge sowie Richtlinien, Merkblätter und die Nebenbestimmungen können abgerufen werden unter http://www.kp.dlr.de/profi/easy. Auf Anforderung stellt auch der Projektträger die Formulare zur Verfügung.
Beabsichtigter Förderbeginn ist der
01. Januar 2004.
Die Projekte sollten auf eine Bearbeitungszeit von maximal zweieinhalb Jahren bis 30. Juni 2006 ausgerichtet und unter Angabe von Meilensteinen strukturiert sein. In besonderen Fällen ist eine Verlängerung des Förderzeitraumes möglich.
Die erreichten (Zwischen-)Ergebnisse werden regelmäßig bewertet. Auf der Grundlage der Bewertung des Ergebnisses wird über die Weiterförderung des Projektes entschieden.
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV zu § 44 BHO sowie §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.
8. Inkrafttreten
Diese Förderrichtlinien treten mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Bonn, den 02. Januar 2003
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag
Dr. R. Koepke