Bekanntmachung 01.09.2009 - 01.12.2009

Bekanntmachung

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung von Richtlinien zur Förderung von ausgewählten Schwerpunkten der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung auf dem Gebiet „Erforschung kondensierter Materie an Großgeräten“

1 Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Zuwendungszweck

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (

BMBF

) beabsichtigt, Vorhaben zur Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet „Erforschung kondensierter Materie an Großgeräten“ zu fördern. Die vorliegenden Förderrichtlinien basieren auch auf Ergebnissen eines

BMBF

-Strategiegesprächs am 27. Mai 2009 und Empfehlungen der Komitees für Forschung mit Synchrotronstrahlung (KFS), mit Neutronen (KFN) und mit nuklearen Sonden und Ionenstrahlen (KFSI). Im Fokus stehen Vorhaben, die im Verbund mit den Großgeräten der physikalischen Grundlagenforschung
  • innovative Instrumentierung entwickeln und aufbauen,
  • neue Forschungsmethoden erarbeiten,
  • Schlüsselkomponenten entwickeln,
  • Konzepte und Basistechnologien zu neuen beschleunigerbasierten Quellen erarbeiten

und relevante Beiträge zu aktuellen wissenschaftlichen Fragestellungen liefern. Ein strategischer Schwerpunkt sind Arbeiten zur Entwicklung und Nutzung Freier-Elektronen-Laser.
Mit der Maßnahme soll ein wirksamer Beitrag zur Festigung und zum weiteren Ausbau der international guten Position der Wissenschaft in Deutschland im Bereich der Erforschung der kondensierten Materie geleistet und der Bildungs- und Forschungsstandort Deutschland nachhaltig gestärkt werden.

Es soll insbesondere die überregionale Zusammenarbeit von Hochschulgruppen in größeren thematischen Verbünden oder Forschungsnetzwerken gestärkt werden. Die Gewinnung wissenschaftlichen Nachwuchses für die Forschung an Großgeräten ist ein wichtiges Ziel der Maßnahme.

Die Förderung hat komplementären Charakter zu den Förderverfahren der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

1.2 Rechtsgrundlage

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu §§ 23, 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2 Gegenstand der Förderung

Im Mittelpunkt der Förderung steht der Ausbau der experimentellen Infrastruktur und die Erarbeitung neuer Methoden zur Erforschung kondensierter Materie mit

  • Photonen an modernen Ringquellen und Freie-Elektronen-Lasern,
  • Neutronen an stationären und gepulsten Quellen sowie mit
  • nuklearen Sonden, Ionenstrahlen und Positronen.

Arbeiten, die die Nutzungsmöglichkeiten der Großgeräte erweitern und somit der Erforschung kondensierter Materie entscheidende neue Impulse verleihen, besitzen hohe Priorität.

Gegenstand der Förderung sind außerdem:

  • die Entwicklung zentraler Komponenten und Basistechnologien, wie z. B. Detektorsysteme, die den Ausgangspunkt für neue Forschungsinstrumente und innovative Methoden bilden,
  • Arbeiten zur Steigerung der Leistungsfähigkeit vorhandener und zukünftiger Großgeräte einschließlich der entsprechenden Basistechnologien.

Wichtige Voraussetzungen für die Förderung sind das Vorliegen einer wissenschaftlichen Aufgabenstellung von hoher Relevanz und die optimale Ausschöpfung der spezifischen Eigenschaften des Großgeräts. Die Leistungsfähigkeit der entwickelten Infrastruktur und Methodik soll anhand von Pilotthemen beispielhaft demonstriert werden. Hierfür sowie für die weitere Optimierung neuer Forschungsmethoden/-instrumente kann eine zeitlich befristete Förderung gewährt werden.

Vorrang haben Fragestellungen aus folgenden Forschungsbereichen:

  • Materialien und Werkstoffe
    • Nanotechnologie und Mikroelektronik
      Erforschung von physikalischen Phänomenen und Wirkprinzipien in Materialien im Grenzbereich zwischen Volumen- und Oberflächeneigenschaften mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung; in situ-Untersuchungen der Herstellungsprozesse sowie kinetischer und dynamischer Vorgänge des Wachstums.
    • Neue Materialien
      Untersuchung neuer Materialien, auch in Relation zur technischen Funktionalität: funktionelle Materialien, insbesondere magnetische und spintronische Materialien; weiche Materie einschließlich Polymeren und kolloidalen Systemen; Materialien zur Erzeugung, Umwandlung, Transport und Speicherung von Energie; gezielte Materialmodifizierung und -strukturierung; Materialien unter extremen Bedingungen.
  • Lebenswissenschaften
    Experimente zur Struktur und Dynamik von Biomolekülen - vom Molekül bis zur ganzen Zelle - für die Erfordernisse der Gesundheitsforschung und der Biotechnologie, einschließlich Untersuchungen von biomolekularen Modellsystemen unter lebensnahen Umgebungsbedingungen; Wechselwirkungen und dynamische Prozesse in hierarchischen und komplexen Systemen.

Vorrang haben überdies innovative Experimente, die das Potential der neuen Großgeräte erkunden:

  • Ultraschnelle Prozesse und Wechselwirkungen mit intensiven Laserfeldern; Untersuchung chemischer Reaktionen in Echtzeit sowie Verbesserung der dafür bestimmenden Struktur- und Funktionsprinzipien; ultraschnelle Dynamik der Licht-Materie-Wechselwirkung in Molekülen, Clustern und Festkörpern unter dem Einfluss intensiver Bestrahlung einschließlich deren Vorhersage.

Ein wichtiges Förderziel besteht in Entwicklungen, mit denen die Nutzung des Großgeräts für Forschergruppen aus verschiedenen Bereichen der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung eröffnet und eine Brücke zu Fachrichtungen wie Chemie, Umweltforschung, Biologie, Medizin, Geoforschung und den Material- und Ingenieurwissenschaften geschlagen wird.

Die Überführung von Ergebnissen aus der Forschung in die praktische Nutzung erlangt zunehmendes Gewicht. Forschungsvorhaben zur Anwendung von wissenschaftlich-technischen Grundlagenergebnissen in der Praxis sind daher sehr willkommen und ausdrücklich in die Förderung eingeschlossen.

Bevorzugt werden Vorhaben, die anspruchsvolle Forschung und Entwicklung mit der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses verbinden und ihn in größere Forschungszusammenarbeiten einbeziehen. Es wird erwartet, dass sich die Projektleitungen um die Beteiligung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern besonders bemühen.

Nicht Gegenstand dieser Fördermaßnahme ist die Förderung der Bearbeitung wissenschaftlicher Themen losgelöst von der Entwicklung neuer Instrumentierung bzw. Methoden, des Routinebetriebs von Experimentiereinrichtungen oder von Standardausrüstungen im Umfeld der Quelle.

Für alle genannten Bereiche ist die Förderung auf Vorhaben begrenzt, die an folgenden Großgeräten durchgeführt werden:

  • Photonen
    • PETRA III, FLASH, XFEL – DESY Hamburg
    • BESSY II – HZB Berlin
    • ANKA – FZK Karlsruhe
    • ESRF – ESRF Grenoble
  • Neutronen
    • FRM II – TUM München1, Außenstellen FZJ, GKSS und HZB
    • BER II – HZB Berlin
    • HFR – ILL Grenoble
  • Nukleare Sonden und Ionenstrahlen
    • UNILAC / SIS18 – GSI Darmstadt
    • FRM II / Positronenquelle – TUM München1
    • ISOLDE – CERN Genf

In besonders begründeten Fällen können im Rahmen internationaler Kooperationen auch Vorhaben an anderen Großgeräten gefördert werden, sofern diese im engen inhaltlichen Bezug zu einem Fördervorhaben an o. g. Großgeräten stehen und für dessen Fortschritt bedeutsam sind. Vorhaben, die einen Beitrag zur Intensivierung der deutsch-schwedischen Zusammenarbeit leisten, sind erwünscht. Schwerpunkte dieser Zusammenarbeit sind die Strukturbiologie und die Materialforschung mit Neutronen- und Synchrotronstrahlung. Interessenten sollten bereits in der Vorbereitungsphase von entsprechenden Anträgen Kontakt zu dem in Ziff. 7 genannten Projektträger des BMBF aufnehmen.

Im Rahmen der Maßnahme können theoretische Arbeiten gefördert werden, sofern diese in unmittelbarer Verbindung zu experimentell ausgerichteten Fördervorhaben stehen und für deren Erfolg ausschlaggebend sind. Theoretische Arbeiten müssen ausnahmslos als Teil eines Verbundprojektes2 zusammen mit Instrument- oder Methodenentwicklungen organisiert sein.

Antragsteller, die ein größeres Forschungsnetzwerk bilden, gemeinsam eine außerordentlich komplexe Aufgabenstellung über einen längeren Zeitraum bearbeiten und in der Form von Verbundprojekten gemäß Ziff. 4 organisiert sind, können die Einrichtung eines BMBF–Forschungsschwerpunkts (BMBF–FSP) beantragen und vom BMBF besonders unterstützt werden. Auf diesem Wege sollen die Vernetzung und Koordination in der Wissenschaft erhöht und die überregionale Zusammenarbeit der jeweils besten Forschergruppen gestärkt werden. Das BMBF möchte erreichen, dass die BMBF-FSP sich zu thematischen Exzellenznetzwerken hoher internationaler Sichtbarkeit entwickeln.

3 Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind deutsche Hochschulen.

Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, können sich an Verbundprojekten beteiligen. Eine Projektförderung kann den Einrichtungen für ihren zusätzlichen Aufwand ausnahmsweise bewilligt werden, wenn ihre Beteiligung für den Erfolg des Verbundprojekts unverzichtbar ist und die Forschungseinrichtung ihr Interesse am Verbundprojekt durch angemessene Eigenbeteiligung belegt.

4 Zuwendungsvoraussetzungen

Antragsteller sollen sich - auch im eigenen Interesse - im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob das beabsichtigte Vorhaben spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im nationalen Förderantrag kurz dargestellt werden.

Die Partner eines Verbundprojekts haben ihre Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung zu regeln. Vor der Förderentscheidung muss eine grundsätzliche Übereinkunft über bestimmte vom BMBF vorgegebene Kriterien nachgewiesen werden. Einzelheiten können einem BMBF-Merkblatt - Vordruck 0110 - ( https://foerderportal.bund.de/easy/easy_index.php?auswahl=easy_formulare&formularschrank=bmbf) entnommen werden.

5 Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

Die Zuwendungen können im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden.

Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft - FhG - die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die individuell bis zu 100% gefördert werden können.

6 Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE(Forschung und Entwicklung)-Vorhaben (NKBF98).

Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF98).

7 Verfahren

7.1 Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen

Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme hat das BMBF den

Projektträger DESY
22603 Hamburg
Telefon: 040 8998-3702
Telefax: 040 8994-3702
E-Mail: E-Mail: pt@desy.de
Internet: http://pt.desy.de/

beauftragt.

Ansprechpartner sind
für den Bereich Photonen:
Frau Dr. Lucia Incoccia-Hermes, Tel.: 040 8998-3203, E-Mail: E-Mail: lucia.incoccia-hermes@desy.de ,

für den Bereich Neutronen:
Herr Dr. Olaf Kühnholz, Tel.: 040 8998-2917, E-Mail: E-Mail: olaf.kuehnholz@desy.de ,

für den Bereich Ionen und nukleare Sonden und für den Bereich Beschleunigeranlagen:
Frau Dr. Hanna Mahlke, Tel. 040 8998-4892, E-Mail: E-Mail: hanna.mahlke@desy.de .

Vordrucke für Förderanträge, Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können unter der Internetadresse https://foerderportal.bund.de/easy/easy_index.php?auswahl=easy_formulare&formularschrank=bmbf abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden.

Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ dringend empfohlen ( http://www.kp.dlr.de/profi/easy).

7.2 Vorlage förmlicher Förderanträge und Entscheidungsverfahren

Dem Projektträger sind bis spätestens 1. Dezember 2009 förmliche Förderanträge - wenn möglich unter Nutzung von „easy“ - in schriftlicher und elektronischer Form auf dem Postweg vorzulegen. Bei Verbundprojekten sind die Förderanträge in Abstimmung mit dem vorgesehenen Verbundkoordinator vorzulegen.

Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Anträge können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.

Die eingegangenen Anträge werden unter Beteiligung des Gutachterausschusses „Erforschung kondensierter Materie an Großgeräten 2010-2013“ des BMBF nach folgenden Kriterien bewertet:

  • forschungspolitische Relevanz für die strategische Entwicklung der Großgeräteinfrastruktur,
  • wissenschaftliches Niveau der apparativen oder methodischen Entwicklung, auch im internationalen Vergleich,
  • Exzellenz der wissenschaftlichen Fragestellung, die der jeweiligen apparativen oder methodischen Entwicklung zugrunde liegt,
  • wissenschaftliches Potenzial für eine breitere Nutzerschaft und für die Erschließung neuer Forschungsfelder,
  • Bedeutung für das Forschungsprogramm des Großgeräts, Abstimmung mit dem Betreiber,
  • Ausbau der speziellen Stärken des Großgeräts,
  • Kompetenz des Projektverbundes bzw. der Partner eines Verbundprojektes,
  • Erfolgsaussichten des Vorhabens und Ergebnisverwertung.

Auf der Grundlage der Bewertungen wird nach abschließender Antragsprüfung durch den Zuwendungsgeber über eine Förderung entschieden. Beabsichtigter Förderbeginn ist der
1. Juli 2010.

Die Projekte sollen auf eine Bearbeitungszeit von maximal drei Jahren ausgerichtet und unter Angabe von konkreten Meilensteinen strukturiert sein.

Die erreichten (Zwischen-)Ergebnisse werden regelmäßig bewertet. Auf der Grundlage dieser Bewertungen wird über die Fortsetzung der Förderung entschieden.
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie §§ 48 bis 49a des Verwaltungsverfahrensgesetzes, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

8 Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten mit dem Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft .
Bonn, den 7. August 2009
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag

Dr. Rainer Koepke

1 Auf der Grundlage von Vereinbarungen zwischen BMBF und Bayerischem Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst.
Nähere Auskünfte zu Verbundprojekten erteilt der in Nummer 7 genannte Projektträger.