Bildung macht stark – das gilt besonders für die Flüchtlinge, die gegenwärtig nach Deutschland kommen. Denn sicher ist: Integration kann ohne Bildung nicht funktionieren. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sind jünger als 25 Jahre, also in einem Alter, in dem sie eine Ausbildung benötigen. Das Bundesbildungsministerium unterstützt die Integration von Flüchtlingen mit zwei großen Maßnahmenpaketen – vom Deutschlernen bis hin zur Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums.
Erstes Maßnahmenpaket: Zugang zu Bildung und Ausbildung ermöglichen
Integration durch Bildung muss darum in den nächsten Jahren ein Schwerpunkt werden. Neben dem Finanzpaket, mit dem der Bund die Länder und die Kommunen unterstützen wird, wird das Bundesbildungsministerium mit gezielten Maßnahmen Integration durch Bildung voranbringen. In den nächsten Jahren investiert das Ministerium rund 130 Millionen Euro zusätzlich für den Erwerb der deutschen Sprache, das Erkennen von Kompetenzen und Potenzialen von Flüchtlingen und für die Integration in Ausbildung und Beruf.
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Integration durch Ausbildung
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1. Erfolgreiche Instrumente nutzen2. KAUSA-Netzwerk ausbauen und Zahl der Servicestellen verdoppeln3. Interkulturelle Kompetenz in der Ausbildung stärken4. Deutsch für den Beruf – die Lern-App5. Berufliche Orientierung für Personen mit Flucht- und Migrationshintergrund (BOFplus)
1. Erfolgreiche Instrumente nutzen
Frühe Berufsorientierung und Begleitung hin zu einem Ausbildungsplatz sind entscheidend für einen erfolgreichen Einstieg in Ausbildung. In Kooperation mit Ländern, Bundesarbeitsministerium und Bundesagentur für Arbeit werden erfolgreiche Instrumente auch für die Integration von Flüchtlingen genutzt und ausgebaut. Kooperationspartner sind auch die Servicestellen Bildungsketten und das Berufsorientierungs-Team des Bundesinstituts für Berufsbildung.
2. KAUSA-Netzwerk ausbauen und Zahl der Servicestellen verdoppeln
"KAUSA", die Koordinierungsstelle Ausbildung und Migration, unterstützt sowohl Jugendliche mit Migrationshintergrund, die eine Ausbildung machen wollen, als auch Unternehmer mit ausländischen Wurzeln, die Jugendliche ausbilden. Flüchtlinge und ihr Übergang in die betriebliche Ausbildung werden durch eine Zusatzförderung des Bundesbildungsministeriums ab Februar 2016 Schwerpunkt der KAUSA-Netzwerke. Die Zahl der KAUSA-Servicestellen wird zudem auf 28 Standorte in 13 Bundesländern ausgeweitet. Kooperationspartner sind das Bundesinstitut für Berufsbildung, Kammern und Bildungswerke.
3. Interkulturelle Kompetenz in der Ausbildung stärken
Bei den Ausbildern in den Betrieben und den Berufsschullehrkräften wird mehr interkulturelle Kompetenz erforderlich sein. Dazu soll ein niedrigschwelliges, interkulturelles Training zur Sensibilisierung entwickelt und über die Plattform überaus angeboten werden. Vertiefend wird für Multiplikatoren in den Berufsbildungsstätten, die am Berufsorientierungsprogramm teilnehmen, eine einjährige Seminarreihe mit Präsenz- und online-Phasen angeboten. Kooperationspartner ist das Bundesinstitut für Berufsbildung.
4. Deutsch für den Beruf – die Lern-App
Die Lern-Apps dienen zur Verbesserung der berufsbezogenen Sprachkompetenzen. Dabei werden auch Themen wie Bewerbungen, Arbeitsrecht und Arbeitsschutz oder Kommunikation mit Kunden und Kollegen aufgegriffen. Kooperationspartner ist der Deutsche Volkshochschulverband.
5. Berufliche Orientierung für Personen mit Flucht- und Migrationshintergrund (BOFplus)
Mit dem Programm "Berufliche Orientierung für Personen mit Flucht- und Migrationshintergrund (BOFplus) werden nicht mehr schulpflichtige Geflüchtete und Zugewanderte mit Unterstützungsbedarf im Rahmen einer intensiven, bis zu 26-wöchigen Berufsorientierung und -vorbereitung schrittweise auf eine Berufsausbildung vorbereitet. Während der BOFplus-Kurse lernen die Teilnehmenden Fachsprache und Fachkenntnisse für den angestrebten Ausbildungsberuf und werden von einer Begleiterin oder einem Begleiter individuell unterstützt. In Lehrwerkstätten bzw. Praxisräumen von Berufsbildungsstätten und in Betrieben können die Teilnehmenden praktische Erfahrungen sammeln und ihren Berufswunsch überprüfen.“
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Kompetenzen ermitteln
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1. Anerkennungsgesetz nutzen2. Potenzialanalysen anpassen und ausbauen
1. Anerkennungsgesetz nutzen
Die Anerkennung von Berufsqualifikationen, die Flüchtlinge bereits erworben haben, ermöglicht eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt. Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes für bundesrechtlich geregelte Berufe belegen eine steigende Zahl von Anerkennungsverfahren. Viele Flüchtlinge können jedoch wegen Krieg und Flucht die notwendigen Unterlagen nicht mehr vorlegen. Das Anerkennungsgesetz bietet die Möglichkeit, in solchen Fällen zum Beispiel durch Fachgespräche und Arbeitsproben die vorhandenen Kompetenzen festzustellen. Diese Qualifikationsanalysen werden gemeinsam mit den Kammern im Projekt „Netzwerk Qualifikationsanalyse (NetQA)“ (Nachfolgeprojekt von „Prototyping Transfer“) weiterentwickelt und bundesweit bekannter gemacht. Kooperationspartner sind die Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammern.
2. Potenzialanalysen anpassen und ausbauen
Jugendliche und junge Erwachsenen sollen bei der Wahl einer Ausbildung und eines Berufs durch sogenannte Potenzialanalysen unterstützt werden. Sie helfen dabei, die Interessen, Möglichkeiten und Fähigkeiten jedes einzelnen Jugendlichen einzuschätzen. Die bisherigen Instrumente werden für Flüchtlinge angepasst und erweitert. Kooerationspartner sind die Länder, das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Wirtschaft.
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Unterstützung von Kommunen
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1. Kommunales Bildungsmanagement stärken2. "Kultur macht stark" ausbauen
1. Kommunales Bildungsmanagement stärken
Um Kreise und kreisfreie Städte bei der Integration von Flüchtlingen optimal zu unterstützen, ermöglicht das Bundesbildungsministerium die Finanzierung von Koordinatoren mit der Förderrichtlinie Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte. Voraussetzung ist dabei, dass diese Koordinierungsstelle in ein breiteres Verständnis von Bildungsmanagement vor Ort eingebunden wird. Zugleich werden die Kommunen durch die Transferinitiative kommunales Bildungsmanagement unterstützt, um erfolgreiche kommunale Modelle rasch in die Breite zu tragen. Kooperationspartner sind die Kommunen, Transferagenturen und Stiftungen.
2. "Kultur macht stark" ausbauen
Mit den lokalen Bündnissen für Bildung im Programm Kultur macht stark werden derzeit 300.000 Kinder und Jugendliche erreicht. Die Programmpartner können ab sofort zusätzliche Angebote für junge Flüchtlinge machen. In den Bildungsbündnissen werden Sprach- und Kulturtechniken vermittelt, die bei der Integration helfen und einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung einer Integrationskultur leisten. Diese Angebote sollen bei Flüchtlingen auch auf die Altersgruppe der jungen Erwachsenen ausgeweitet werden.
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Deutsch lernen
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1. "Einstieg Deutsch" – Die Lern-App2. Lernbegleiter qualifizieren3. "Lesestart" erweitern
1. "Einstieg Deutsch" – Die Lern-App
Vom Einkauf im Supermarkt bis zum Behördengang – die App „Einstieg Deutsch“ soll Flüchtlingen dabei helfen, Alltagssituationen zu meistern. Für viele Menschen, die in den letzten Monaten nach Deutschland geflüchtet sind, ist das Smartphone ein ständiger Begleiter. Die App „Einstieg Deutsch“ ist deshalb eine Soforthilfe, die in alltagsnahen Lektionen einen Grundwortschatz und sprachliche Wendung vermittelt. Die App ist in neun Sprachen erhältlich, darunter die Sprachen der wichtigsten Herkunftsländer wie Arabisch, Dari oder Farsi. Sie kann für Android- und für iOS-Geräte heruntergeladen werden. Die App wurde auf Grundlage der Online-Kurse des Portals Ich will Deutsch lernen entwickelt. Kooperationspartner ist der Deutsche Volkshochschulverband.
2. Lernbegleiter qualifizieren
Wegen des Mangels an hauptamtlichen Lehrkräften werden hierbei Ehrenamtliche, vor allem auch Zugewanderte mit ausreichenden Sprachkenntnissen, zu Lernbegleitern ausgebildet. In Kooperation von Lernbegleitern und Lehrkräften sollen Flüchtlinge die Möglichkeit erhalten, rasch Grundlagen in Sprachverstehen und Sprechfähigkeit zu erwerben. Kooperationspartner ist auch hier der Deutsche Volkshochschulverband.
3. "Lesestart" erweitern
Mit dem Programm Lesestart für Flüchtlingskinder bekommen alle Flüchtlingskinder bis zum Alter von fünf Jahren in Erstaufnahmeeinrichtungen ein speziell konzipiertes Lesestart-Set, um zum Vorlesen und Lesen zu motivieren. Allen Erstaufnahmeeinrichtungen wird eine Lese- und Medienbox für die pädagogische Arbeit mit den Kindern vor Ort zur Verfügung gestellt. Zudem können die Einrichtungen mit Vorlesepaten und anderen Freiwilligen zusammen arbeiten. Diese ehrenamtlichen Vorlesepaten können professionelle Unterstützung erhalten, um sich auf die Arbeit mit Flüchtlingskindern vorzubereiten. Auch von dem bereits laufenden Programm "Lesestart – Drei Meilensteine für das Lesen" werden Flüchtlingskinder profitieren. Kooperationspartner ist die Stiftung Lesen.
Zweites Maßnahmenpaket: Zugang zum Studium ermöglichen
Die Hochschulen in Deutschland sind für die Integration durch Bildung besonders wichtig. Auch deshalb, weil sie schon lange Vorbilder der Willkommenskultur sind. Ausländische Studierende sind an deutschen Hochschulen längst nichts Neues mehr. Die Hochschulen haben mit ihnen jahrelang Erfahrungen gesammelt.
Mehr als 320.000 ausländische Studentinnen und Studenten gibt es heute in Deutschland. Das ist gelungen, weil die Bundesregierung, die Länder und die Hochschulen diese Internationalisierung fördern.
Die Hochschulen bringen also eine entsprechende Infrastruktur mit, wenn es nun darum geht, auch Studierende mit Flüchtlingsbiografie zu integrieren. Hierauf baut das zweite Maßnahmenpaket mit rund 100 Millionen Euro auf. Die Schwerpunkte dabei sind: gute Beratung, sprachliche Vorbereitung und fachliche Unterstützung.
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Kompetenzen und Qualifikationen erkennen
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1. Studierfähigkeit ermitteln2. Hochschulzulassungsverfahren beschleunigen3. Fachliche Sprachkompetenz einstufen
Flüchtlinge bringen sehr unterschiedliche Sprachkenntnisse und Kompetenzen mit. Genau zu ermitteln, welche das sind, ob sie zu einem Studium befähigen und wo Unterstützung nötig ist, erleichtert die Integration in reguläre Studienprogramme und trägt zum Studienerfolg bei. Dies geschieht durch eine zielgerichtete Erstberatung und den Einsatz diagnostischer Testverfahren.
1. Studierfähigkeit ermitteln
Eine frühzeitige Überprüfung der Studierfähigkeit soll aufzeigen, welche Personen geeignet sind, in ein Studium oder in studienvorbereitende Maßnahmen aufgenommen zu werden. Der mit Unterstützung des Bundesbildungsministeriums entwickelte Test für ausländische Studierende "TestAS" kann die grundsätzliche Studierfähigkeit von Studieninteressenten aus dem Ausland verlässlich feststellen. Der Test steht auf Deutsch und Englisch sowie auf Arabisch für die flexible Testabnahme an zentralen deutschen Hochschulstandorten zur Verfügung. Das Ministerium übernimmt die anfallenden Testgebühren für registrierte Flüchtlinge.
2. Hochschulzulassungsverfahren beschleunigen
Flüchtlinge müssen frühzeitig und umfassend beraten werden, damit, sofern erfolgversprechend, möglichst rasch die Zulassungsverfahren für deutsche Hochschulen durchlaufen werden können. Hierzu wurden die Kapazitäten der Arbeits- und Servicestelle für Internationale Studienbewerbungen "Uni-Assist e.V." ausgebaut und eine Beratungs- und Bewerbungsplattform speziell für Flüchtlinge eingerichtet. Der Bund übernimmt hierfür die Kosten.
3. Fachliche Sprachkompetenz einstufen
Ein Großteil der Flüchtlinge wird vor der Aufnahme eines Studiums einen Sprachkurs machen müssen. Im akademischen Kontext sind neben Deutschkenntnisse oft auch Kompetenzen in der englischen Sprache von Bedeutung. Zur Einstufung der Sprachkenntnisse wird der Test "onSET" für Deutsch und Englisch eingesetzt. Der Bund übernimmt die Gebühren für registrierte Flüchtlinge.
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Studierfähigkeit sicherstellen
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Mehr Plätze an Studienkollegs
Mehr Plätze an Studienkollegs
Studienkollegs und vergleichbare Einrichtungen an deutschen Hochschulen bereiten junge Erwachsene aus dem Ausland ohne direkte Hochschulzugangsberechtigung auf ein Studium an einer deutschen Hochschule vor. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erlernen Fachsprachen, fachspezifische Grundkenntnisse, entwickeln individuelle Lernstrategien und Sozialkompetenzen. Der Bund finanziert in den kommenden vier Jahren in allen Bundesländern bis zu 2400 zusätzliche Plätze jährlich an Studienkollegs und vergleichbaren Einrichtungen der Hochschulen, also rund 10.000 zusätzliche Plätze insgesamt.
Für Flüchtlinge mit direkter Hochschulzugangsberechtigung finanziert der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) aus Mitteln des Bundesbildungsministeriums ergänzende fachsprachliche Kurse an Hochschulen.
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Integration an den Hochschulen unterstützen
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1. Studierendeninitiativen unterstützen2. Neues Informationsangebot3. BAföG für Flüchtlinge
1. Studierendeninitiativen unterstützen
Viele Studierende engagieren sich bereits für eine bessere Integration von Flüchtlingen an deutschen Hochschulen. Sie tragen mit diesem Engagement zu einem erfolgreichen Studium und zur sozialen Integration bei. Dafür stehen beispielhaft die „Refugee Law Clinics“ an mehreren Hochschulorten oder Projekte zur Sprachvermittlung durch Lehramtsstudierende bzw. Studenten der deutschen Sprache. Das Bundesbildungsministerium fördert solche Projekte an über 150 Hochschulen im gesamten Bundesgebiet und würdigt damit auch den ehrenamtlichen Einsatz der Studierenden. So können zum Beispiel engagierte Studierende an Welcome Centers der Hochschulen im Rahmen von Mitarbeiterverträgen unterstützt oder Sachkosten übernommen werden.
2. Neues Informationsangebot
Die neue Webseite Informationen für Flüchtlinge – Studieren und Leben in Deutschland richtet sich an Flüchtlinge, die in Deutschland angekommen sind und hier ein Studium beginnen oder fortsetzen möchten. Die Startseite ist unter anderem auf Arabisch, Dari, Paschtu und Urdu übersetzt und gibt den Nutzern einen Überblick über die wesentlichen Themen, die für ein Studium in Deutschland relevant sind – etwa mit einem Schritt-für-Schritt-Leitfaden von Fragen der Hochschulzugangsberechtigung über Finanzierungsmöglichkeiten bis hin zu Sprachkursen.
Hochschulen finden unter www.daad.de/der-daad/fluechtlinge/de/ ein umfassendes Informationsangebot. Auch die Kapazitäten im Informationszentrum des DAAD werden ausgebaut.
3. BAföG für Flüchtlinge
Geduldete und Inhaber bestimmter humanitärer Aufenthaltstitel müssen seit dem 1. Januar 2016 nicht mehr eine Vierjahresfrist abwarten, ehe sie BAföG-berechtigt sind, sondern können bereits nach 15 Monaten die Unterstützung beantragen. Asylberechtigte und Flüchtlinge, die studieren, hatten schon bislang die Möglichkeit, unmittelbar nach ihrer Anerkennung BAföG zu beantragen. Die Unterstützung für BAföG-Berechtigte ist eine gesetzliche Leistung, die Finanzierung hierfür ist deshalb nicht in den oben genannten Mitteln für das neue Maßnahmenpaket enthalten.