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Forschungsdateninfrastrukturen – Ressourcen für Forschung : Datum: , Thema: Forschung

Die Digitalisierung – im Sinne des Erzeugens von digitalen Daten, ihrer Nutzung und Auswertung – verändert alle Wissenschaftsbereiche.

Vernetzte Arbeit einer Forschungsinfrastruktur
Vernetzte Arbeit einer Forschungsinfrastruktur © Thorsten Trippel, Eberhard Karls Universität Tübingen

Auch die Geistes- und Sozialwissenschaften arbeiten mit digitalen Daten und Methoden und bereiten ihre Ergebnisse computergestützt auf. Dazu fördert das BMBF den Aufbau von digitalen Forschungsdateninfrastrukturen, die Erzeugung von maschinenlesbaren Daten für die Forschung sowie die Weiterentwicklung computergestützter Forschung.

Wer forscht, braucht hochmoderne, gut ausgebaute Forschungsdateninfrastrukturen. Diese halten Daten und Services vor und stellen Speicherkapazität sowie Rechenleistung zur Verfügung. Das BMBF unterstützt verstärkt seit Anfang der 2000er-Jahre den Aus- und Aufbau geistes- und sozialwissenschaftlicher Forschungsdateninfrastrukturen, zum Teil in der institutionellen Förderung, zum Teil in Form von Projektförderungen.

Infrastrukturen in den Sozialwissenschaften

Damit die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften gesellschaftliche Entwicklungen untersuchen und analysieren können, benötigen sie zuverlässige und langfristig erhobene empirische Daten. In den quantitativ orientierten Sozialwissenschaften besteht der Bedarf vor allem darin, bevölkerungsrepräsentative Langzeitdaten zur Lebensführung und Einstellungen von Personen und Haushalten zu erheben, den Zugang zu Daten der amtlichen Statistik und der Sozialversicherungen herzustellen sowie die informationelle Infrastruktur insgesamt zu verbessern.

Das Bundesministeriumfür Bildung und Forschung (BMBF) fördert unter dem Dach der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam mit den Ländern das Sozio-oekonomische Panel (SOEP). Das SOEP ist eine seit mehreren Jahrzehnten laufende multidisziplinäre Panelbefragung von Privathaushalten mit jährlich etwa 30.000 Personen in knapp 15.000 Haushalten. Die Daten des SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung, Gesundheit und Lebenserwartung. Das SOEP ist als forschungsbasierte Infrastruktureinrichtung am DIW Berlin angesiedelt. Zusätzlich fördert das BMBF auch flankierende Forschungsprojekte am SOEP.

Der European Social Survey (ESS) wird für Deutschland durch das vom BMBF und den Ländern finanzierte GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften durchgeführt. Diese Umfrage erhebt seit 2001 alle zwei Jahre die Einstellungen, Meinungen und Verhaltensmuster der europäischen Bevölkerungen in mehr als dreißig Ländern. Damit können Entwicklungen der gesellschaftlichen Struktur, der Lebensumstände und Einstellungen der Bürger in Europa aufgezeigt werden.

Mit SHARE, dem Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe, fördert das BMBF die Arbeit einer international vergleichenden Personenbefragung, die Daten zu den Effekten von Wirtschafts-, Sozial-, Gesundheits- und Umweltpolitik im Lebensverlauf von Menschen in 27 europäischen Staaten und Israel liefert. Das BMBF fördert die deutsche Beteiligung an der europäischen Infrastruktur und ihre internationale Koordination mit Sitz in Deutschland, seit 2023 u.a. am neu gegründeten SHARE Berlin Institute. Die deutsche Befragung von SHARE wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Seit Anfang 2020 fördert das BMBF den Aufbau und Betrieb des familiendemografischen Panels „FReDA – Family Research and Demographic Analysis“, das am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) angesiedelt ist und mit dem bundesweit mehrere tausend zufällig ausgewählte Menschen im Alter von 18 bis 49 Jahren sowie ihre Partnerinnen und Partner befragt werden. FReDA liefert Daten und Erkenntnisse u.a. zu Kinderwunsch und Kinderzahl, zur Arbeitsteilung in Familien, zu Unterstützungsleistungen zwischen Generationen, zur Wirksamkeit familienpolitischer Maßnahmen und somit zu vielen für Wissenschaft und Politik relevanten Fragen. In FReDA integriert wird zudem die pairfam-Befragung (Panel Analysis of Intimmate Relationships and Family Dynamics) fortgeführt, eine multidisziplinäre Längsschnittstudie zur Erforschung der partnerschaftlichen und familiären Lebensformen in Deutschland. Auf internationaler Ebene ist FReDA der deutsche Partner der euopäischen Forschungsinfrastruktur GGS (Generations and Gender Survey).

Das Zusammenhalts-Panel des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (ZHP-FGZ) an der Universität Bremen wird seit August 2021 durch das BMBF und die Universität Bremen im Rahmen des FGZ gefördert. Dafür wurde eine Haushaltspanelstudie entwickelt, die unter dem Namen „Zusammenleben in Deutschland“ durchgeführt wird. Das Panel ermöglicht systematische Analysen zum Zusammenhang zwischen sozio-ökonomischen Lebenslagen, der individuellen Lebensführung, den gruppen- und gesellschaftsbezogenen Einstellungen und Werten der Bevölkerung und ihren politischen Orientierungen und Verhaltensweisen. An der Universität Bremen befindet sich das zentrale Datenzentrum des FGZ.

Die Verbesserung der Dateninfrastrukturen wurde im „Kabinettausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“ durch die Wissenschaft als Handlungsfeld adressiert. Seit 2021 werden durch das Ministerium Fördermittel für den Aufbau und Betrieb eines „Datenportals für die Rassismus- und Rechtsextremismusforschung (DP-R|EX)“ bereitgestellt. Ziel des Portals ist es, Forschungsdaten zu sammeln, aufzubereiten und für die Wissenschaft zugänglich zu machen.

Infrastrukturen in den Geisteswissenschaften

Zur Common Language Resources and Technology Infrastructure (CLARIN-D) und zur Digital Research Infrastructure for the Arts and Humanities (DARIAH-DE) haben sich Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen, die jeweils auf bestimmte Quellentypen und Inhalte spezialisiert sind. Beiden ist gemeinsam, dass sie digitale Forschungsdaten (Text- und Bildsammlungen, Wörterbücher, Audiodaten u.v.m. ) sowie digitale Werkzeuge zu ihrer Bearbeitung und Beforschung zur Verfügung stellen. Beide Infrastrukturen unterstützen den gesamten Forschungsprozess von der Vorhaltung von Daten über ihre Bearbeitung mit digitalen Werkzeugen bis hin zur Sicherung und Archivierung der Ergebnisse. Sie bieten ein umfangreiches Schulungsangebot, das allen Interessierten offensteht. Damit sie die Bedarfe der Nutzerinnen und Nutzer passgenau treffen können, binden sie diese eng ein. Sie haben sich den FAIR-Prinzipien verschrieben, das heißt ihre Daten sind auffindbar, zugänglich, interoperabel und nachnutzbar (FAIR = findable, accessible, interoperable, re-usable). Außerdem treiben sie die Entwicklung internationaler Standards voran. Von 2019 bis 2021 förderte das BMBF die Fusion der beiden Forschungsdateninfrastrukturen zu CLARIAH-DE, welches nun als Verein im NFDI Konsortium Text+ aktiv ist. Neben diesen etablierten Strukturen engagiert sich das BMBF zudem bei der European Holocaust Research Infrastrukture (EHRI) und ist mit weiteren geisteswissenschaftlichen Infrastrukturen im regelmäßigen Austausch.

Vernetzung der Forschungsinfrastrukturen auf europäischer Ebene

Im European Strategy Forum on Research Infrastructures (ESFRI) haben sich 27 Mitgliedsstaaten mit dem Ziel zusammengefunden, die verschiedenen europäischen Forschungsinfrastruktur-Initiativen abzustimmen sowie gemeinsam neue Forschungsdateninfrastrukturen zu errichten und zu betreiben. Das Forum entwickelt unter anderem eine Forschungsdateninfrastrukturen-Roadmap, die in regelmäßigen Abständen aktualisiert wird. Deutschland beteiligt sich an allen von ESFRI vorangetriebenen geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsdateninfrastrukturen, womit die deutsche Infrastrukturlandschaft in selbstverständlicher Weise ein Bestandteil europäischer Entwicklungen ist. Die europäischen Infrastrukturen aus dem Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften mit Beteiligung deutscher Forschungseinrichtungen auf der ESFRI-Roadmap ab 2021 sind CESSDA, CLARIN, DARIAH, EHRI, E-RIHS, ESS, GGP (für Deutschland: FReDA), OPERAS, RESILIENCE und SHARE. Im Fall von SHARE ist die internationale Koordination in Deutschland angesiedelt.

Digitale Ressourcen: eHeritage

Grundlage für geisteswissenschaftliche Forschung ist der Zugang zu Daten und Informationen zum Forschungsgegenstand. Mit eHeritage wird genau das adressiert: Kulturelles Erbe wird digitalisiert und über Online-Plattformen bereitgestellt, so dass Expertinnen und Experten sowie die interessierte Öffentlichkeit die für bestimmte Fragestellungen aufbereiteten Digitalisate nutzen kann.

In Deutschland konzentrierte sich die Digitalisierung von kulturellem Erbe bislang vor allem auf Texte, beispielsweise Bücher, Briefe oder Zeitschriften. Abhängig von der wissenschaftlichen Fragestellung sind aber auch dreidimensionale Objekte, wie beispielsweise Skulpturen, Filme oder Tonaufzeichnungen, die sich in der Obhut von Museen, Archiven, Hochschulen und Bibliotheken befinden, für die Forschung von großem Interesse. Bisher sind von diesen Konvoluten nur wenige digital für die Forschung erschlossen. Deshalb fördert das BMBF seit 2016 in größerem Umfang die Digitalisierung von – nicht textbasiertem – kulturellem Erbe mit der Förderlinie eHeritage.

Digitale Forschung in den Geisteswissenschaften

Die zunehmende Verfügbarkeit von digitalen Daten und Ressourcen sowie neue informatisch-technische Möglichkeiten machen Forschung nicht nur ortsunabhängig, sie verändern auch die Art, wie neue Erkenntnisse produziert werden. In den Geisteswissenschaften haben digitale Forschungsmethoden zur Herausbildung der Digital Humanities geführt.

Diese beschäftigen sich mit der Anwendung computergestützter Verfahren und der systematischen Verwendung digitaler Ressourcen. Das BMBF fördert Forschung zur theoretischen, methodischen und technischen Weiterentwicklung der Digital Humanities.

Bislang waren zumeist Texte Untersuchungsgegenstand von Forschungsprojekten der digitalen Geisteswissenschaften/Digital Humanities. Um der großen Bandbreite an geisteswissenschaftlichem Quellenmaterial auch über Texte hinaus gerecht zu werden, fördert das BMBF insbesondere die Forschung an nicht-textfokussierten und multimodalen Untersuchungsgegenständen (beispielsweise Kombinationen von Bild, Ton, Text usw.) mit der Förderlinie Digital Humanities.