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Antibiotikaresistenzen: Ursachen, Probleme, Forschung : Datum: , Thema: Globale Gesundheit

Wenn Bakterien gegen die gängigen Antibiotika resistent werden, sind Krankheitsverläufe deutlich schwerer und eine große Gefahr für Patientinnen und Patienten. Antibiotikaresistenzen sind deshalb ein wichtiges Thema in der Forschungsförderung des BMBF.

Antibiotika sind nicht immer die beste Medizin: Wenn wir krank sind, hilft oft schon Ruhe und Wärme. © thinkstock

Weltweit sind Infektionskrankheiten zusammen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache. Sie werden durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten verursacht. Besonders in Krankenhäusern stellen Infektionskrankheiten ein großes Risiko dar. Hier treffen die Krankheitserreger auf vorerkrankte Patientinnen und Patienten mit einem geschwächten Immunsystem, das die Keime nicht mehr gut abwehren kann. Zu den besonders gefürchteten Krankenhauskeimen gehören z.B. die Erreger Acinetobacter baumannii und Pseudomonas aeruginosa, Bakterien der Gattung Enterobacter sowie Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA).

Seit der Entdeckung des Penicillins weiß man um die Wirkung von Antibiotika: Sie hemmen das Wachstum von Bakterien oder töten sie sogar ab. Das Problem: Die Bakterien können sich gegen Antibiotika wehren. Sie können resistent werden. Besonders gefährlich sind die sogenannten multiresistenten Keime. Ihnen können die bekannten Antibiotika kaum etwas anhaben. Die Folge sind längere und deutlich schwerere Krankheitsverläufe, die auch tödlich sein können. Laut einer aktuellen Studie im Fachmagazin „The Lancet“ starben im Jahr 2019 rund 1,27 Millionen Menschen an Infektionen, die unmittelbar durch resistente Keime verursacht wurden.

Globale Bedrohung: G7-Partner sagen Antibiotikaresistenzen den Kampf an

Die Weltgemeinschaft ist sich der Gefahr, die von multiresistenten Keimen ausgeht, bewusst und tritt dieser globalen Bedrohung gemeinsam und entschlossen entgegen. Die G7-Partner haben daher 2022 unter der deutschen Präsidentschaft die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen erneut als ein Schwerpunktthema auf die politische Agenda gesetzt. Sie haben sich verpflichtet, ihre gemeinsamen Aktivitäten zu intensivieren und weitere dringende und konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um antimikrobielle Resistenzen (AMR) einzudämmen. Dazu gehört auch, dass die G7 die Forschung und Entwicklung neuer, dringend benötigter Antibiotika fördern und den sachgerechten Einsatz der vorhandenen Wirkstoffe, auch Antibiotic Stewardship genannt, verbessern.

Bereits seit 2008 verfolgen das Bundesforschungsministerium, das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eine gemeinsame nationale Strategie gegen antibiotikaresistente Bakterien, die Deutsche Antibiotikaresistenzstrategie DART. Zurzeit bereiten die drei Ressorts zusammen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die DART2030 vor, die den One-Health-Ansatz verstärkt berücksichtigen wird. Der Ansatz zielt darauf ab, die Gesundheit von Menschen, Tieren und der Umwelt nachhaltig ins Gleichgewicht zu bringen und zu optimieren. (Mehr zu One Health lesen Sie hier.)

Internationale Vernetzung: Gemeinsam gegen Antibiotikaresistenzen

Bereits 2017 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der G20, eine gemeinsame Plattform zu schaffen, um sich weltweit zu FuE-Prioritäten, Förderinstrumenten und Anreizmechanismen im Bereich AMR besser abzustimmen – den Global Antimicrobial Resistance Research and Development Hub (Global AMR R&D Hub). Staaten und internationale Förderorganisationen können dem Hub beitreten. Inzwischen hat der Hub 20 Mitglieder – darunter USA, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland, die Europäische Kommission und die Bill and Melinda Gates Foundation sowie den Wellcome Trust.

Im Frühjahr 2020 wurde das „Dynamic Dashboard“ des Hubs entwickelt, ein Online-Tool, das eine Übersicht über die weltweiten Forschungsaktivitäten bietet und Förderern wie politischen Entscheidern bei der strategischen Priorisierung ihrer Forschungsinvestitionen und -maßnahmen helfen soll.

Forschung zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen

Joint Programming Initiative on Antimicrobial Resistance (JPIAMR)

Die Joint Programming Initiative on Antimicrobial Resistance (JPIAMR) hat zum Ziel, Aktivitäten ihrer Mitgliedstaaten sowie die nationale Forschungsförderung zum Thema antimikrobielle Resistenzen zu koordinieren. Durch gemeinsame, transnationale Förderinitiativen sollen insbesondere Lücken zwischen Forschenden und weiteren Akteuren (z. B. Industrie, Gesundheitssysteme, Politik) geschlossen werden, um unter anderem neue Forschungsergebnisse zu generieren und diese in die Anwendung zu überführen. Derzeit nehmen 29 Staaten an der Initiative teil.

Global Antibiotic Research and Development Partnership (GARDP)

Die Global Antibiotic Research and Development Partnership (GARDP) ist eine 2016 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der „Drugs for Neglected Diseases initiative“ (DNDi) gegründete gemeinnützige Initiative zur Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika mit Sitz in der Schweiz. Im Fokus von GARDP stehen bakterielle Infektionskrankheiten, bei denen AMR bereits vorhanden sind oder bei denen derzeit eine unzureichende Behandlung vorliegt. Das Ziel von GARDP ist es, bis 2025 fünf neue Therapien gegen arzneimittelresistente Infektionen zu entwickeln. Darüber hinaus verfolgt GARDP das Ziel, einen nachhaltigen, gerechten und erschwinglichen Zugang zu den neu entwickelten Antibiotika zu gewährleisten. Seit 2019 ist GARDP eine unabhängige Organisation und wird durch zahlreiche Partner aus öffentlichen und privaten Sektoren unterstützt. Deutschland, vertreten durch das BMBF, ist seit der Gründung einer der größten Fördermittelgeber.

Combating Antibiotic-Resistant Bacteria Biopharmaceutical Accelerator (CARB-X)

Der Combating Antibiotic-Resistant Bacteria Biopharmaceutical Accelerator (CARB-X) ist eine globale gemeinnützige Initiative, die sich der Unterstützung präklinischer Forschung und Entwicklung sowie der klinischen Erprobung (Phase-I-Studien) neuer antibakterieller Produkte widmet, um der zunehmenden Bedrohung durch arzneimittelresistente Bakterien zu begegnen. CARB-X unterstützt weltweit Projekte zu hochinnovativen antibakteriellen Therapien, Impfstoffen und Diagnostika, mit Fokus auf die Bakterien, die in den Prioritätenlisten der WHO und des US-amerikanischen ‘Centers for Disease Control and Prevention‘ (CDC) aufgeführt sind. CARB-X hat seinen Sitz an der Boston University und wird von einem Konsortium aus Regierungen und Stiftungen finanziert. Deutschland, vertreten durch das BMBF, ist seit Anfang 2019 an der Partnerschaft beteiligt. Zusätzlich zur direkten Förderung von CARB-X fördert das BMBF im nationalen Maßstab den sogenannten „CARB-X-Accelerator“. In diesem kooperieren das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bei der Beratung deutscher und europäischer Interessentinnen und Interessenten, die sich auf Förderausschreibungen von CARB-X bewerben.

Academia and industry united innovation and treatment for tuberculosis (UNITE4TB)

Das 2021 gegründete und zum Teil mit Mitteln des BMBF unterstützte Forschungskonsortium Academia and industry united innovation and treatment for tuberculosis (UNITE4TB) widmet sich neuen Ansätzen für die Behandlung der Tuberkulose (TB). Denn der TB-Erreger – das stäbchenförmige Mycobacterium tuberculosis – lässt sich nur schwer bekämpfen: Sein langsames Wachstum schützt es vor Angriffen; die Behandlung ist langwierig und es erfordert die Gabe mehrerer Antibiotika. Zunehmend erschwert wird die Therapie durch das Auftreten multiresistenter Erreger gegen die die gebräuchlichen Medikamente nicht mehr wirken. Hier setzt UNITE4TB an: Durch die Kombination neuartiger und bestehender Medikamente, sollen hochwirksame Behandlungsschemata entwickelt werden.

Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) verbindet deutschlandweit herausragende Köpfe der Infektionsforschung. Die Themen „Krankenhauskeime und antibiotikaresistente Bakterien“ und „Neuartige Antiinfektiva“ haben konkret die Erforschung von Antibiotikaresistenzen und die Kontrolle ihrer Ausbreitung sowie die Entwicklung neuartiger Präventions- und Therapiemaßnahmen zum Ziel.

Über die Förderung von Nachwuchsgruppen in der Infektionsforschung unterstützt das BMBF zudem sechs weitere Projekte zu Antibiotikaresistenzen.

One-Health-Ansatz: Die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt

Der One-Health-Ansatz steht auch im Zentrum der im Oktober 2022 getroffenen Forschungsvereinbarung zu One Health. Unter Federführung des BMBF haben sich sechs Bundesministerien zusammengeschlossen, um den One-Health-Ansatz in der Gesundheitsforschung zu stärken. Weitere Partner sind das BMEL, BMG, BMUV, BMZ und das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg).

An dem Anfang 2022 gegründeten und vom BMBF geförderten Helmholtz-Institut für One Health (HIOH) in Greifswald werden die Forschungsschwerpunkte auch auf Zoonosen und antimikrobielle Resistenzen gelegt. Das HIOH ist eine Außenstelle des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig. Mit der Universität Greifswald, der Universitätsmedizin Greifswald und dem Friedrich-Loeffler-Institut ist es durch eine wissenschaftliche Kooperationsvereinbarung eng verbunden.

Auch in der Tierhaltung werden Antibiotika eingesetzt und auch hier gibt es multiresistente Keime. Bakterien können direkt über den Kontakt mit Tieren oder über tierische Lebensmittel vom Tier auf den Menschen und umgekehrt übertragen werden. Mit der Übertragung der resistenten Bakterien zwischen Menschen und Tieren beschäftigt sich der im Nationalen Forschungsnetz zoonotische Infektionskrankheiten vom BMBF geförderte Forschungsverbund, in dem Human- und Tiermediziner zusammenarbeiten: #1Health-PREVENT – One-Health-Interventionen zur Prävention der zoonotischen Verbreitung von antibiotikaresistenten Erregern.