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Alternativen zum Tierversuch : Datum: , Thema: Forschung

Gibt es Alternativen zu Tierversuchen? Diese Frage kann immer öfter mit „Ja“ beantwortet werden – auch dank der Förderung des Bundesforschungsministeriums: Seit 40 Jahren unterstützt es die Suche nach Ersatzmethoden für Tierversuche.

Eine Frau arbeitet in einem Labor
Biologin im Labor © Adobe Stock / Gorodenkoff

Tierversuche in der Forschung bewegen sich in einem Spannungsfeld: Erkenntnisgewinn und Sicherheitsbestreben des Menschen stehen auf der einen Seite. Andererseits ist der Tierschutz im Grundgesetz verankert. Doch nach wie vor sind Forscherinnen und Forscher auf Tierversuche angewiesen, etwa wenn es darum geht, komplexe Prozesse im menschlichen Körper zu verstehen. Auch bei der Frage, ob ein Medikament tatsächlich wirkt oder ob einzelne Chemikalien für den Menschen giftig sind, können Tierversuche wichtige Informationen liefern. Gleichzeitig sind Tierversuchen rechtlich enge Grenzen gesetzt: Sie müssen beantragt und genehmigt werden und gelten zudem nur dann als ethisch vertretbar, wenn sie auf das unerlässliche Maß beschränkt bleiben.

Seit 1980 rund 600 Projekte gefördert

Um die Suche nach Ersatzmethoden maßgeblich voranzutreiben, unterstützt das Bundesforschungsministerium bereits seit 1980 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Methoden zum Ersatz von Tierversuchen entwickeln. Mittlerweile hat das Ministerium rund 620 Projekte mit einem Fördervolumen von insgesamt mehr als 200 Millionen Euro finanziert.

Die geförderten Vorhaben fußen dabei auf dem "3R"-Konzept. Dazu zählen Testverfahren, die Tierversuche:

  • durch alternative Methoden ersetzen (Replacement) oder
  • wenn dies nicht möglich ist, die Zahl der benötigten Tiere zumindest auf ein Minimum reduzieren können (Reduction).
  • Zudem soll das Leiden der Tiere verringert und aus dem einzelnen Tierversuch so viele Informationen wie möglich gewonnen werden (Refinement).

Bundesnetzwerk 3R – Gemeinsam den Dialog gestalten

Für eine bessere Vernetzung aller Akteure aus Forschung, Industrie und Regulierungsbehörden hat das BMBF Anfang des Jahres 2022 die Vernetzungsinitiative „Bundesnetzwerks 3R“ gestartet. Das Netzwerk soll künftig als Plattform für die 3R-Methodenforschung in Deutschland etabliert werden und Begegnungsmöglichkeiten für den inter- und transdisziplinären Dialog aufbauen. Die Basis des „Bundesnetzwerks 3R“ wird eine digitale Plattform sein, die eine Übersicht der Akteure im Feld aufzeigt und die Suche nach Kontakten für einen Austausch erleichtert. Außerdem werden durch das Bundenetzwerk 3R analoge sowie digitale Vernetzungsveranstaltungen vermittelt und organisiert. Die digitale Plattform befindet sich derzeit in der Konzeption und im Aufbau. Weitere Maßnahmen zum Ausbau und zur Zusammenarbeit des Netzwerkes sind in Planung.

Weitere Informationen und Veranstaltungshinweise zum Bundesnetzwerk 3R erhalten Sie hier.

Welche Alternativen zum Tierversuch gibt es bereits?

Die vom BMBF geförderten Projekte decken ein breites Spektrum an Ersatzmethoden ab. Hierzu zählen unter anderem wegweisende Techniken für den Einsatz von dreidimensional wachsenden Zellkulturen, Computersimulationen oder bildgebende Verfahren wie Kernspintomographie oder Ultraschall.

Bildgebende Verfahren

Mit bildgebenden Verfahren können beispielsweise krankhafte Veränderungen eines Organs beobachtet werden. Dies ersetzt bisher notwendige Tierversuche und verbessert gleichzeitig die Risikobewertung von Medikamenten. Zudem liefern die Verfahren ein tiefergehendes Verständnis darüber, wie Wirkstoffe in Organe aufgenommen werden.

Zellkulturverfahren

Auch Zellkulturverfahren sind mittlerweile als Alternativen zu Tierversuchen in der Forschung weit verbreitet. Dabei werden Zellen von Tier oder Mensch im Labor so kultiviert, dass sie möglichst ähnlich wie im Körper funktionieren. In einem weiteren Schritt werden mit Hilfe von dreidimensional wachsenden Zellkulturen komplexe Strukturen wie Herzgewebe oder Blutgefäße bis hin zu kompletten Organen nachgebaut. Ein gelungenes Beispiel hierfür ist die künstlich hergestellte menschliche Haut. Darauf kann die Wirkung von Arzneimitteln oder Chemikalien laut Experten sogar verlässlicher getestet werden als auf der Haut lebender Kaninchen oder Meerschweinchen.

Biochips

Doch die Forschung geht noch weiter: Derzeit versuchen Wissenschaftler, die verschiedenen Organsysteme des menschlichen Körpers auf sogenannten Biochips nachzubilden und miteinander zu vernetzen. Mittlerweile gibt es solche Systeme bereits für Organe (u.a. Leber, Lunge und Niere) und Nervenzellen.

Wesentlicher Beitrag zum Tierschutz

Mit der ergänzenden Maßnahmen "Innovative Toxikologie zur Reduzierung von Tierversuchen (e:ToP)" fördert das Ministerium zudem Projekte, die die giftige Wirkung von Chemikalien bereits auf molekularer Ebene erkennbar machen. Hierfür arbeiten Toxikologen, Bioinformatiker und Systembiologen fachübergreifend zusammen. Im Wechselspiel zwischen Laborversuch und Modellierung am Computer werden mathematische Konzepte auf biologische Prozesse angewandt. Mit diesen Methoden können nicht nur die toxischen Effekte von Pharmazeutika und Chemikalien an Zellkulturen erforscht, sondern darüber hinaus deren Wirkungsweise im menschlichen Körper abgeleitet werden.

Weitere Informationen zur Förderung

Der Förderschwerpunkt "Ersatzmethoden zum Tierversuch" des Ministeriums ist in Hinblick auf Kontinuität und Fördervolumen international einzigartig, wie das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in einer Evaluierung bestätigt. Durch die hohe Erfolgsquote und Qualität der wissenschaftlichen Arbeiten leisten die Fördermaßnahmen einen wesentlichen Beitrag zum Tierschutz und zur Vermeidung von Tierversuchen. Die Entwicklungsmöglichkeiten dieser Forschung sind immens, für einzelne Unternehmen oder Institute jedoch mit hohen finanziellen Risiken verbunden. Deshalb ist auch künftig das außerordentliche Engagement des Ministeriums auf diesem Gebiet unerlässlich.