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Systembiologie – Forschung zur Entschlüsselung des Lebens : , Thema: Forschung

Neue Erkenntnisse in medizinischer Forschung und Biotechnologie: Die Systembiologie schafft innovative Möglichkeiten, komplexe Prozesse in lebenden Zellen zu untersuchen. Das Bundesforschungsministerium initiiert und finanziert zahlreiche Projekte.

DNA-Sequenz
Spurensuche im Erbgut: Die DNA kann Erkankungen aufdecken. © Thinkstock / camij

Wie werden Gene reguliert? Warum entsteht Krebs? Welcher Organismus produziert den Treibstoff der Zukunft? Hinter diesen Fragen verbergen sich komplexe Sachverhalte, denen die klassischen biologischen Methoden kaum noch gerecht werden. Wer Lösungen für derartige Fragen sucht, muss die Dynamik eines biologischen Systems als Ganzes begreifen. Den passenden Ansatz hierfür liefert die Systembiologie, eine zukunftsweisende Forschungsdisziplin der Lebenswissenschaften. Sie verknüpft modernste experimentelle Methoden mit Wissen und Technologien aus Mathematik, Informatik, Physik und Ingenieurwissenschaften. Im Wechselspiel zwischen Laborversuch und Modellierung am Computer werden mathematische Konzepte auf biologische Systeme angewandt. Dies macht es möglich, Vorhersagen über vielschichtige biologische Prozesse zwischen Zellen, Organen oder gesamten Organismen zu treffen und somit etwa die Entstehung von Krankheiten zu ergründen.

Frühe Förderprojekte zum Thema “Leber“

Das Bundesforschungsministerium hat das Zukunftspotential der Systembiologie erkannt und diese als Bestandteil der Hightech-Strategie der Bundesregierung unterstützt. Bereits 2004 hat es unter dem Namen „HepatoSys“ ein Pilotprojekt gefördert, das wichtige Stoffwechselwege in den Leberzellen (Hepatozyten) aufklären konnte. Aufbauend auf diesem erfolgreichen Pilotprojekt wurde anschließend mit dem Kompetenznetzwerk „Die virtuelle Leber“ das größte europäische Forschungsvorhaben in der Systembiologie ins Leben gerufen. Dieses zielte darauf ab, Stoffwechsel, Aufbau und Funktion der menschlichen Leber in Modellen zu beschreiben und darzustellen. Die Ergebnisse waren vielversprechend, insbesondere bei der Erforschung von leberassoziierten Stoffwechselerkrankungen, von Leberkrebs und des Medikamentenabbaus durch die Leber. Darauf aufbauend treibt derzeit das „Forschungsnetz zur Systemmedizin der Leber - LiSyM“ im Rahmen des Forschungs- und Förderkonzepts „e:Med“ die Aufklärung von Schlüsselprozessen multifaktorieller Lebererkrankungen voran.

Der Weg in die Anwendung

Viele Förderprojekte im Bereich Systembiologie widmen sich schwerpunktmäßig der biomedizinischen Forschung. Diese Entwicklung geht auf Projekte von Maßnahmen zur Medizinischen Systembiologie (MedSys), zur Krebsforschung (CancerSys) und zur Alternsforschung (GerontoSys) zurück, die bereits frühzeitig vom Ministerium initiiert wurden. Die Systemmedizin zielt auf die Anwendung dieses innovativen Forschungsansatzes im Klinikalltag ab. Sie verbindet dabei die systembiologische Arbeitsweise mit den Methoden der medizinischen Genomforschung, um Fortschritte bei der Vorbeugung und der Behandlung von Krankheiten zu erzielen.

Neben der Biomedizin eröffnet die Systembiologie aber beispielsweise auch neue Lösungsansätze bei den drängenden Fragen der Welternährung oder der Rohstoff- und Energieversorgung. Auch für die Entwicklung von Alternativmethoden zum Tierversuch werden von der Systembiologie wichtige Beiträge erwartet. Das breiteste inhaltliche Spektrum deckt dabei als Dachmarke der Systembiologie-Forschung die Fördermaßnahme e:Bio ab. Hier soll insbesondere die Führungsposition Deutschlands in der internationalen Systembiologie-Forschung gestärkt, die Systembiologie als Standardmethode in der Wissenschaft etabliert und die Brücke zwischen akademischer Forschung und industrieller Anwendung geschlagen werden.

Aufbau einer Forschungsinfrastruktur

Um die Systembiologie erfolgreich zu etablieren, ist es notwendig, neben Forschungsprojekten auch eine nachhaltige Entwicklung der Infrastruktur zu fördern. Das Ministerium unterstützt daher den Aufbau von Zentren, die das erforderliche fachübergreifende Expertenwissen und modernste Technologien unter einem Dach vereinen. Zudem sollen gemeinsame Technologie-Plattformen geschaffen, neue Methoden entwickelt und Datenbank-Infrastrukturen aufgebaut werden.

Auch der Bedarf an gut ausgebildetem Nachwuchs wächst. Mittlerweile werden an rund 20 Hochschulen in Deutschland Studiengänge mit dem Schwerpunkt Systembiologie angeboten. Zudem finden regelmäßig Summer Schools und international anerkannte Konferenzen wie die "Systems Biology of Mammalian Cells (SBMC)" statt. Im Rahmen der SBMC-Konferenz wird dabei alle zwei Jahre der deutsche Nachwuchspreis "MTZ-Award for Medical Systems Biology" verliehen. Zudem unterstützt das Ministerium in unterschiedlichen Fördermaßnahmen gezielt junge Nachwuchswissenschaftler dabei, sich als unabhängige Forscher zu etablieren. Nicht wenige dieser Wissenschaftler sind inzwischen Professoren und beteiligen sich nun selbst an der Ausbildung junger Systembiologen.

Vernetzung und Wissenstransfer

Neben der nationalen Unterstützung der Systembiologie hat das Ministerium auch die Rolle eines Initiators und Koordinators der europäischen Systembiologieforschung übernommen. Zahlreiche europäische Aktivitäten haben die Zusammenarbeit zwischen nationalen und regionalen Forschungsförderern europaweit gestärkt und den Weg für einen Austausch über die nationalen Grenzen hinweg geebnet. All dies hat dazu beigetragen, dass Deutschland international zu den Spitzenreitern in diesem zukunftsträchtigen Wissenschaftsfeld zählt.