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Deutsches Elektronen-Synchrotron - DESY : Datum: , Thema: Forschung an Großgeräten

DESY ist ein weltweit führendes Zentrum in der Forschung mit Photonen, der Teilchen- und Astroteilchen- sowie der Beschleunigerphysik. Großgeräte wie European XFEL, FLASH und PETRA III ermöglichen Forschenden einzigartige Einblicke in die Nanowelt.

Blick in die FLASH1 Experimentierhalle © DESY

Die Forschung bei DESY ist extrem vielseitig. Hier suchen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nach den kleinsten Materiebausteinen der Welt, entwickeln innovative Hightech Werkstoffe und fahnden nach neuen Wirkmechanismen für künftige Medikamente. Als eines der größten deutschen Forschungszentren trägt DESY mit seiner Grundlagenforschung dazu bei, neues Wissen und neue Denkansätze zu schaffen. Das ist die Basis, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern: Themen wie Energieversorgung, Klimaschutz und Gesundheit erfordern langfristiges Denken, nachhaltige Lösungen und neue Technologien.

Teilchen werden auf annähernd Lichtgeschwindigkeit beschleunigt

DESY entwickelt, baut und betreibt Großgeräte, insbesondere Teilchenbeschleuniger und Nachweisinstrumente. Besonders Teilchenbeschleuniger zählen zu den wichtigsten Werkzeugen der Forschung. Sie bringen winzige, elektrisch geladene Teilchen auf hohe Geschwindigkeiten, bis fast an die Lichtgeschwindigkeit, das heißt annähernd 300.000 Kilometer pro Sekunde.

Von den schnellen Teilchen profitieren die unterschiedlichsten Forschungsdisziplinen: Teilchenphysiker und -physikerinnen lassen sie frontal aufeinanderprallen, um die kleinsten Bausteine der Materie zu untersuchen. Forschende aus den Bereichen Chemie, Materialwissenschaft und Biologie nutzen das an Beschleunigern erzeugte, hellste Röntgenlicht der Welt, um verschiedenste Materialien unter die Lupe zu nehmen, von Flugzeugturbinen über Mikrochip Halbleiter bis zu lebenswichtigen Proteinen. Mediziner und Medizinerinnen nutzen Beschleuniger für die Krebstherapie, denn mit energiereichen Teilchenstrahlen lassen sich Tumore gezielt zerstören.

European XFEL, FLASH und PETRA III: Beschleuniger der Superlative

DESY-Beschleuniger genießen Weltruf. Heute prägen drei Großbeschleuniger den DESY Campus in Hamburg Bahrenfeld: PETRA III ist der weltgrößte Speicherring für die Erzeugung von Röntgenstrahlung. FLASH liefert ultrakurze Blitze aus „weichem“ Röntgenlicht und ermöglicht einzigartige Experimente. Und der europäische Röntgenlaser European XFEL, an dem DESY maßgeblich beteiligt ist, erzeugt die intensivsten Röntgenblitze weltweit. Ein Trio, das DESY zum international führenden Zentrum für Röntgenexperimente macht.

Warum braucht Deutschland Großgeräte wie FLASH und Co.?

Unsere Wirtschaft ist auf Innovationen angewiesen. Ohne Erfindungen und zündende Ideen sind neue, kommerziell erfolgreiche Produkte in unserem technologieorientierten Land nicht denkbar. DESY trägt zu diesem Innovationsprozess gleich in mehrfacher Hinsicht bei: Zum einen bilden die Erkenntnisse der Grundlagenforschung eine breite, fruchtbare Basis für künftige Innovationen. Zum anderen haben zahlreiche Experimente einen direkten Anwendungsbezug, etwa wenn Industrieunternehmen Messzeit an den DESY Röntgenquellen buchen, um ihre Produkte weiterzuentwickeln oder Neuentwicklungen anzustoßen. Diese reichen von Fragestellungen aus der Gesundheitsforschung bis hin zu Materialwissenschaften. Hinzu kommen Spin offs und Start ups, die aus einigen Forschungsprojekten erwachsen. DESY gestaltet mit weiteren Partnern für diese jungen Unternehmen ein lebendiges Innovationsökosystem auf dem Campus, und weitere Neugründungen auch aus anderen Forschungsbereichen siedeln sich auf dem Campus an. Darunter sind beispielsweise Spin-offs des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf oder des Heinrich-Pette-Instituts, die von der Nähe zur Forschungsinfrastruktur auf dem Campus profitieren.

Von zentraler Bedeutung sind Kooperationen mit Firmen, die auf unterschiedlichste F&E-Projekte (Forschung & Entwicklung) oder die Weiterentwicklung von Technologielösungen setzen. Darunter fallen auch Kooperationen im Bereich von Schlüsseltechnologien, wie dem 3D-Druck, oder bei der Entwicklung neuartiger Lasersysteme. Ein besonderer Fokus gilt der Zusammenarbeit mit Spezialfirmen, mit denen DESY seine Beschleuniger und Detektoren entwickelt. Beispielsweise bei der Fertigung supraleitender Beschleunigermodule: DESY schafft Know-how bei den beteiligten Hightech-Unternehmen. Die Firmen profitieren von der Kooperation, etwa indem sie neue Produktionsverfahren erschließen. Denn die Komponenten und Verfahren, die sie für DESY entwickeln, erfordern absolute Spitzentechnologie und oftmals neue technische Lösungen. Dieses Wissen, das durch einen gesteuerten Transferprozess entsteht, ist auch für die Herstellung anderer Produkte nützlich, etwa in der Medizinbranche, der Radar- und Satellitentechnik und im chemischen Anlagenbau. Dadurch erlangen die DESY-Industriepartner nicht selten einen Technologievorsprung gegenüber der Konkurrenz.
DESY schafft nicht nur naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Ideen für Innovationen. Ebenso wichtig ist die Rolle des Forschungszentrums als Talentschmiede: DESY bildet junge Menschen zu hochqualifizierten Spitzenkräften aus. Basis dafür ist DESYs enge Vernetzung mit verschiedenen Universitäten.

Erfolgsbeispiele am DESY: Viren entschlüsseln, Materialien verbessern

Wirkstoffe gegen das Coronavirus

An DESYs hochbrillanter Röntgenlichtquelle PETRA III hat ein Forschungsteam mehrere Kandidaten für Wirkstoffe gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 identifiziert. Sie binden an ein wichtiges Protein des Virus und könnten damit die Basis für ein Medikament gegen Covid-19 sein. In einem sogenannten Röntgenscreening testeten die Forscher und Forscherinnen unter Federführung von DESY in kurzer Zeit fast 6.000 bereits für die Behandlung anderer Krankheiten existierende Wirkstoffe. Nach der Messung von rund 7.000 Proben konnte das Team insgesamt 37 Stoffe identifizieren, die an ein zentrales Protein des SARS-CoV-2-Virus binden. Sieben dieser Stoffe hemmen die Tätigkeit des Proteins und bremsen so die Vermehrung des Virus. Zwei von ihnen tun das so vielversprechend, dass sie zurzeit in präklinischen Studien weiter untersucht werden. Das vermutlich weltweit größte Wirkstoffscreening dieser Art brachte zudem eine neue Bindungsstelle an einem Protein des Virus zu Tage, an der Medikamente ankoppeln können.

Superfasern aus Holz

Forschende entwickeln ultrastarke Biomaterialien aus Zellulose-Nanofasern. Die Arbeiten eines schwedisch-deutschen Forschungsteams zeigen die enorme Vielseitigkeit von Zellulose als Werkstoff. Aus Zellulose-Nanofasern hat das Team an DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III das bislang stärkste Biomaterial hergestellt. Die biologisch abbaubaren künstlichen Zellulosefasern sind stärker als Stahl und zugfester als Spinnenseide, die gemeinhin als das stärkste natürliche Material gilt. Mit Hilfe einer neuen Produktionsmethode haben die Forschenden erfolgreich die besonderen mechanischen Eigenschaften der Nanofasern auf ein makroskopisches Material übertragen.

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sehen eine Reihe vielversprechender Anwendungen für das vielseitige Material, das sich außerdem durch sein geringes Gewicht auszeichnet. Es kommt als umweltfreundliche Kunststoffalternative etwa für den Einsatz in Autos und Flugzeugen, für Möbel und beispielsweise für die Rotorblätter von Windenergieanlagen infrage. Zusätzlich besteht Potenzial für die Biomedizin, da Zellulose vom Körper nicht abgestoßen wird. Da der Herstellungsprozess des Materials flüssig in Wasser verläuft, könnte sich die Technik prinzipiell sogar für den 3D-Druck eignen. Die Beimischung anderer Stoffe soll dabei dem Material verschiedene Eigenschaften verleihen, es zum Beispiel elektrisch leitfähig machen.

Die künstlich hergestellten Zellulosefäden lassen sich etwa zu einem Stoff für verschiedenste Anwendungen weben. Die Forschenden schätzen, dass die Produktionskosten des neuen Materials dabei mit denen besonders fester synthetischer Stoffe konkurrieren können. Auch Nachhaltigkeitsaspekten wird Genüge getan. Nach Ende der Lebensdauer können durch Recycling wieder neue Bauteile gewonnen werden.

Forschungsschwerpunkte und Kooperationsbeispiele

Ohne Vernetzung und Zusammenarbeit verschiedener Institute, Länder und Fachdisziplinen ist Spitzenforschung heutzutage kaum noch möglich. Auch DESY agiert in dicht geknüpften Netzwerken. Immer mehr Institutionen siedeln sich auf dem Campus an, um möglichst eng mit DESY zu kooperieren.

Die DESY-Teilchenphysik ist seit jeher fest in der internationalen Forschungslandschaft verankert. An den Experimenten am Speicherring HERA waren Expert aus aller Welt beteiligt. Heute bringen sich die DESY-Physiker federführend in die derzeit wichtigsten Projekte der Teilchenforschung ein, zum Beispiel die Experimente ATLAS und CMS am LHC-Beschleuniger beim Forschungszentrum CERN in Genf und das Belle II-Experiment beim Forschungszentrum KEK in Japan. In der Astroteilchenphysik wirken die DESY-Wissenschaftler*innen weltweit an allen Großexperimenten der Gammastrahlenastronomie mit, und DESY ist zweitgrößter Partner beim internationalen Neutrino-Observatorium IceCube am Südpol.

Auch die Entwicklung innovativer Beschleunigertechnologie spielt sich in Gemeinschaftsarbeit ab – sei es in der Helmholtz-Beschleunigerinitiative ARD oder in dem internationalen Konsortium, das die supraleitende Beschleunigertechnologie weiterentwickelt. Weit oben auf der Agenda steht zudem die Erforschung neuartiger Beschleunigerkonzepte, insbesondere der plasmabasierten Beschleunigung, die eine neue Generation von leistungsstarken, kompakten und damit auch kostengünstigeren Teilchenbeschleunigern für den zukünftigen Einsatz in Forschung, Medizin und Industrie verspricht. Im Projekt KALDERA bei DESY wird die lasergetriebene Plasmabeschleunigung erforscht und im Hinblick auf spätere Anwendungen optimiert.

Ebenso eng sind die Kooperationen bei den Röntgenquellen: DESY ist als deutscher Gesellschafter zu rund 57 Prozent am Röntgenlaser European XFEL beteiligt. Länder wie Indien und Schweden engagieren sich bei der Röntgenlichtquelle PETRA III. Und auf dem Campus in Hamburg existieren mehrere Einrichtungen, die eng mit DESY verzahnt sind: Das CFEL widmet sich beispielsweise der Erforschung ultraschneller physikalischer Prozesse. Das CSSB befasst sich mit der Infektionsforschung. Das CXNS ist eine einzigartige Plattform für Nano- und Materialwissenschaften. Auch die Max Planck-Gesellschaft und das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie sind auf dem Hamburger DESY-Campus vertreten. Der Standort von DESY in Zeuthen wird zu einem internationalen Zentrum für Astroteilchenphysik ausgebaut. Hier entsteht unter anderem das zentrale Rechenzentrum für das geplante Gammastrahlenobservatorium der nächsten Generation, das Cherenkov Telescope Array (CTA).

Centre for X-ray and Nano Science (CXNS)

Im Centre for X-ray and Nano Science (CXNS) arbeiten mit dem Helmholtz-Zentrum Hereon, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der TU Hamburg und DESY vier starke Forschungspartner zusammen. Sie erhalten ausgezeichnete Möglichkeiten zur Präparation von Proben für die DESY-Röntgenlichtquellen. Darüber hinaus können sie komplementäre Untersuchungsmethoden nutzen, um das Forschungspotenzial auf dem Campus optimal auszuschöpfen.

Das CXNS ist ein Zentrum für die Forschung mit Röntgenlicht in Kombination mit Nano- und Materialwissenschaften. Forschungsthemen wie die Untersuchung optimierter Materialien für Energieumwandlungsprozesse, Sensortechnologie, abbildende Röntgenverfahren oder Raster Sondenmikroskopie und Nanostrukturierung werden unter dem Dach von CXNS gebündelt.

Die Forschungsplattform GEMS (German Engineering Materials Science Centre) des Helmholtz-Zentrums Hereon, das Ruprecht Haensel-Labor – eine langjährige und erfolgreiche Kooperation zwischen der Christian Albrechts Universität zu Kiel und DESY – sowie das DESY NanoLab nutzen das Zentrum mit seinen konzentrierten Hightech-Instrumenten und hochempfindlichen Laborgeräten, die auf besonders schwingungsarmen Einzelfundamenten im Gebäude stehen. Das CXNS bietet ideale Bedingungen für die Strukturierung, Herstellung, Charakterisierung und Markierung von Nanoproben. Die fragilen Proben können zur Untersuchung auf kürzestem Wege in die benachbarten Experimentierhallen von PETRA III, FLASH oder European XFEL überführt werden.

Centre for Structural Systems Biology (CSSB)

Infektionsforscher und Physiker gehen bei DESY gemeinsam auf die Jagd nach Krankheitserregern: Auf dem DESY-Campus in Hamburg steht das Centre for Structural Systems Biology (CSSB), ein interdisziplinäres Zentrum mit Partnern verschiedener Universitäten und Forschungseinrichtungen. Ihr gemeinsames Ziel: die Angriffsmechanismen von Krankheitserregern atomgenau zu enträtseln, um maßgeschneiderte Medikamente entwerfen zu können.

Die Infektionsforschung wird unserer globalisierten Lebenswelt immer wichtiger. Dank Fernreisen und weltweitem Warenaustausch können sich Bakterien und Viren heute rasant verbreiten. Nur wenn wir lernen, wie diese Krankheitserreger funktionieren, können wir uns effektiv vor ihnen schützen.
Diesen Ansatz verfolgt das interdisziplinäre Zentrum CSSB: Hier untersuchen Biologen, Chemiker, Mediziner, Physiker und Ingenieur die Wechselwirkung von Krankheitserregern mit ihren Wirten. Dazu stehen ihnen bei DESY deutschlandweit einmalige Lichtquellen zur Verfügung, die optimale Bedingungen für die Strukturbiologie bieten. Mit „Supermikroskopen“ wie PETRA III, FLASH und dem European XFEL können die Forschenden biologische Proben auf verschiedene Arten untersuchen – von der Strukturanalyse von Einzelmolekülen bis hin zur Echtzeit-Darstellung von Abläufen in lebenden Zellen – und die molekularen Grundlagen von Krankheiten mit extrem hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung analysieren.

Center for Free-Electron Laser Science (CFEL)

Das Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) ist ein europaweit einmaliges Kompetenzzentrum für Forschung an Lichtquellen der neuesten Generation. Das Zentrum wurde von DESY, der Universität Hamburg und der Max-Planck-Gesellschaft gegründet, um die Möglichkeiten der Strahlungsquellen bei DESY – PETRA III und FLASH – sowie am European XFEL interdisziplinär optimal auszuschöpfen. Mit diesen neuen Lichtquellen können die Forscher*innen dynamische Prozesse und strukturelle Änderungen von Atomen, Molekülen, Festkörpern, Plasmen und biologischen Systemen in Echtzeit beobachten und analysieren.

Die CFEL-Forscher durchleuchten mit hochintensiven Blitzen von Röntgenlasern Zellen, Viren, Eiweiße und Nanoteilchen, um deren Struktur zu entschlüsseln und so neues Grundlagenwissen für die Entwicklung künftiger Medikamente zu erschließen. Sie untersuchen ultraschnelle Prozesse, die sich in Festkörpern abspielen und als Basiswissen für Informationstechnologie und Energietechnik dienen können. Und sie machen mit „molekularen Filmen“ sichtbar, wie chemische Reaktionen ablaufen und wie die einzelnen Reaktionspartner miteinander agieren. Dabei setzt das CFEL – insbesondere im Bereich der Bio- und Nanomaterialien – neue Maßstäbe in der Forschung.