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Wie man zum Diamanten-Macher wird – ein Podcast mit Stefan Gsell : Datum: , Thema: podcast

Jahrelange Forschung hat den Physiker Stefan Gsell belohnt: Mit dem perfekten Rezept für künstlich hergestellte, einkristalline Diamanten. Im Podcast spricht er über sein Start-up, das aus einem Labor eine unerschöpfliche Diamantmine machte.

Wie man zum Diamanten-Macher wird – ein Podcast mit Stefan Gsell

: Audio : 21:01

Wie man zum Diamanten-Macher wird – ein Podcast mit Stefan Gsell

Jahrelange Forschung hat den Physiker Stefan Gsell belohnt: Mit dem perfekten Rezept für künstlich hergestellte, einkristalline Diamanten. Im Podcast spricht er über sein Start-up, das aus einem Labor eine unerschöpfliche Diamantmine machte.


Copyright: BMBF

Willkommen beim BMBF-Podcast, dem Podcast aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Ich spreche heute mit Stefan Gsell, er ist Forscher und CEO der Augsburg Diamond Technology GmbH (audiatec), die auf die Synthese von Diamanteinkristallen spezialisiert ist. Mittels einer eigenen innovativen Technologie stellt audiatec die weltweit größten einkristallinen Diamantscheiben her. Herzlich willkommen, Herr Gsell.

Guten Tag.

Ich freue mich, heute mehr über Ihre Forschung und Ihr Start-up zu hören. Und welche Höhen und Tiefen es vielleicht auch bei der Gründung von auditec gab und die Sie gemeistert haben. Sie haben mit kontinuierlicher Forschung eine Technik entwickelt, die größere Diamanten herstellt, als sie die Queen von England besitzt. Auch wenn ich gehört habe, dass der Vergleich zu Schmuck-Diamanten schwierig ist. Wie kamen Sie auf die Idee, Diamanten selbst herzustellen?

Da muss ich gleich sagen: flächenmäßig größer als die größten Diamanten der Queen. Das ist immer ganz wichtig, weil sonst denken die Leute hier in Augsburg werden unglaubliche Schmucksteine hergestellt von unglaublichem Wert, also nur flächenmäßig die größten. Wie es dazu kam? Also bei mir hat es ganz normal angefangen. Ich habe mich für ein Praktikum an der Universität in Augsburg umgeschaut, wo ich Physik studiert habe und bin dann da auf die Diamant-Gruppe von Herrn Dr. Schreck gestoßen. Das war im Jahr 2000 und dort habe ich dann meine erste Praktikumsarbeit gemacht. Und dann hat mich das Thema Diamant fasziniert. Auch wenn wir damals in dieser Gruppe nur dünnste Schichten von Diamant, die man nicht in die Hand nehmen konnte, hergestellt haben. Und natürlich hat auch das Team damals gepasst und so ging es dann weiter, eben mit meiner Diplomarbeit, dann auch die Doktorarbeit, dann der Postdoc. Also kontinuierlich seit dem Jahr 2000 bin ich an dem Thema dran. Eine Voraussetzung war natürlich, dass es immer wieder Fördermittel gab, unter anderem auch das Projekt am Ende dieses Stadiums, aber auch schon vorher. Das sind die typischen Drittmittel-Projekte, wie man eben an einer Universität die Möglichkeit hat, sie einzutreiben und dass man sie eben auch erfolgreich bewilligt bekommt. Ein Grund war sicherlich, dass das Thema Diamanten natürlich ziemlich griffig ist und auch attraktiv schien für diejenigen, die die Anträge bewilligt haben.

Das klingt spannend. Wie groß ist denn der bis jetzt größte produzierte Stein?

Der hat einen Durchmesser von 92 Millimeter, eine Dicke von drei bis eins fünf Millimetern. Weil man muss sagen, der ist nicht homogen dick. Das liegt am Wachstumsprozess. Und wenn man das auf die Waage legt, dann kommt umgerechnet 155 Karat heraus, weil ein Karat ist gleich 0,2 Gramm. Das heißt, Karat ist eine Gewichtsangabe und es ist eine Scheibe, die man in die Hand nehmen kann. Freistehend, wo sich viele Leute natürlich dann schon wundern, dass es Diamant ist.

Kann man die Größe mit irgendetwas vergleichen, das man kennt?

Wenn Sie etwas aus dem Alltag nehmen würden, dann würden Sie sagen eine Kaffeeuntertasse.

Okay, das kann man sich gut vorstellen; ich verstehe. Und verraten Sie vielleicht sogar auch, was er wert ist?

Ja, da kommt der berühmte Spruch: Er ist so viel wert, wie jemand bereit ist zu bezahlen. Wir habe da kein Preisschild drangemacht. Und wir verkaufen auch nicht solche großen Scheiben, sondern unsere Kunden brauchen typischerweise maßgeschneiderte, kleinere Steine, etwa dreißig mal dreißig Millimeter Kantenlänge. Das heißt, wir schneiden immer etwas aus diesen größeren Stücken heraus. Das heißt, dass ganz viele Leute bei uns arbeiten, wobei wir jetzt nicht so viele Leute, aber fünf, sechs Leute arbeiten einfach in dem Post-Processing. Wenn der Diamant schon hergestellt ist, um ihn zu qualifizieren. Welche Bereiche sind sozusagen defekt frei und dann arbeiten wir nach Kundenwunsch mit die gewünschten Geometrien. Es wird rausgeschnitten und entsprechend präpariert.

So sieht ein im Labor hergestellter Diamant aus
So sieht ein im Labor hergestellter Diamant aus © audiatec

Für was brauchen denn Ihre Kundinnen und Kunden diese Diamantenscheiben?

Die Kunden brauchen Diamantstücke oft in ihrem Sektor der mechanischen Bearbeitung von Materialien. Klar, Diamant ist sehr hart. Das bietet sich natürlich an. Was jetzt mit diesem einkristallinen Diamant auch möglich ist, ist eine Schneidkante herzustellen, die unübertroffen ist von der Qualität. Das bedeutet, wenn Sie mit dem Mikroskop mit hunderttausendfacher Vergrößerung auf die Schneidkante sehen, dann sehen Sie keine Ausbrüche. Da sehen Sie eine sehr schöne, geradlinige Schneidkante. Und diese Schneidkanten werden wieder eingesetzt, um zum Beispiel Brillengläser oder Kontaktlinsen oder irgendwelche Uhrenteile, die sehr glänzend sein müssen, zu fertigen. Sie haben also mit diesen Diamanten die Möglichkeit, Schneidwerkzeuge herzustellen, die eine Glanz-Bearbeitung ermöglichen, wo man vorher z. B. nur polieren konnte. Mit Diamantpaste werden z. B. Brillengläsern bearbeitet. Aber mit Diamantwerkzeug aus unseren Steinen müssen sie hinterher nichts mehr machen und es gibt einen relativ großen Markt für Brillen und Linsen. Ein anderer Markt sind auch Diamant-Fenster. Da geht es darum, dass Sie irgendeine reaktive Kammer haben, wo etwas hoch aktives passiert und nur Diamant ist so chemisch stabil, damit sie durchschauen können, aber das Fenster trotzdem stabil bleibt und nicht angegriffen wird. Also wir liefern immer das Rohmaterial. Unsere Kunden sind z. B. Leute, die Schneidwerkzeuge herstellen oder die die solche Fenster machen. Dazu benötigt es sehr spezielle Polierkenntnisse. Wir sind für sie sozusagen einfach eine Diamantmine; die Augsburger Diamantmine, die unerschöpflich ist, solange es Methan, Wasserstoff und Elektrizität gibt. Wir verkaufen dann die vorkonfektionierten Rohsteine.

Mich interessiert es jetzt noch ein bisschen genauer: Wie ist denn das Rezept für die Diamanten und wie funktioniert das Verfahren, ganz vereinfacht erklärt?

Also es gibt grundsätzlich zwei Verfahren, wie man im Labor Diamanten herstellen kann. Das eine Verfahren ist das, wo man versucht nachzubilden, was in der Erdkruste passiert. Das heißt man arbeitet mit hohem Druck und hoher Temperatur; das ist schon 1953 entdeckt worden und ist ein etabliertes Verfahren. Wir machen das andere Verfahren. Da geht es darum, dass man eine Gasphase hat. Darum heißt auch das Verfahren ein CVD-Verfahren, Chemical Vapor Disposition. Und aus dieser Gasphase bringt man Kohlenstoff-Trägergase z.B. Methan in unserem Fall. Und dieses Methan müssen sie aufspalten in seine Bestandteile, sodass ein reaktive Gas-Spezies entsteht. Und diese reaktive Gas-Spezies schwirrt es dann in dieser Reaktionskammer bei ungefähr 2.000 bis 3.000 Grad Celsius, weil es ein Plasma ist umher und kann sich, wenn alles gut abgestimmt ist auf einer Oberfläche abscheiden als Diamant, als einkristalliner Diamant. Und das spezielle an der Augsburger Diamant-Technologie ist, dass wir in unsere Kammer als Substrat nicht einen anderen schon gewachsenen oder Natur-Diamanten legen und den Diamant nur in einer Höhe fortsetzen, sondern dass wir ein Nicht-Diamant-Substrat in unsere Kammer legen. Und dadurch können wir so eine große Fläche erreichen von 92 Millimeter oder 100 Millimeter. Das heißt, wir legen im Endeffekt ein Silizium-Substrat mit zwei dünnen sogenannten Pufferschichten in die Kammer und darauf schlägt sich auf den vollen 100 Millimeter Lage für Lage dieser Kohlenstoff als Diamant nieder und so wächst eben Nanometer um Nanometer die Diamantschicht nach oben. Und das ist das spezielle bei uns: Dass man ein Nicht-Diamant-Substrat verwendet. Nur für Diamanten sind wir die ersten, die das erreicht haben, dass es auch wirklich großflächig funktioniert.

Und wie lange dauert in etwa dieses chemische Gas-Phasen-Abscheidung im Reaktor?

Also Sie können rechnen, da, dass Sie für einen Millimeter ungefähr drei bis vier Tage benötigen. Das ist eine relativ lange Zeit, wo alles stabil laufen muss, wo auch leider der Stromverbrauch ziemlich hoch ist, um das Plasma zu erzeugen. Aber da kommt man nicht drumherum. Man muss eben diese reaktive Gas-Phase erzeugen, damit überhaupt das Methan da vom Kohlenstoff abgespalten wird und die Kohlenstoff-Atome sich Lage für Lage auf der Oberfläche abscheiden können. Aber sie können sagen drei bis vier Tage für einen Millimeter.

Und wenn man die Natur dazu vergleicht - wie lange braucht die Natur, um Diamanten herzustellen?

Da spekuliert man zwischen 80 Tagen bis zu mehreren tausend Jahren, je nachdem was für Bedingungen da vorherrschten in der Erdkruste. Da geht es natürlich darum, Physiker würden hier das Phasen-Diagramm nennen, welche genauen Druck- und Temperatur-Verhältnisse haben da vorgeherrscht und war auch genügend Kohlenstoff in der Umgebung, der sich dann eben unter diesen hohen Druck- und Temperatur-Verhältnissen zu einem Diamant zusammenschließen konnte? Also es dauert natürlich deutlich länger und Sie müssen natürlich sagen, der Natur kann man nichts vorschreiben. “Wachse mal eine Scheibe mit 1,1 oder 1,3 Millimeter” funktioniert da nicht. Da kommt aus der Mine raus, was rauskommt.

Kann man dann trotzdem sagen, dass Ihre Produktion am Ende nachhaltig ist, weil es in der Natur nicht kalkulierbare Bedingungen gibt, wann und wie viele Diamanten bekommt?

Also da gibt es viele Studien und da gibt es natürlich die Anhänger, gerade die der Verfechter von Natur-Diamanten, die damit Milliarden verdienen mit Schmuck, aus Natur-Diamanten, die natürlich diesen grünen Anstrich von diesem Labgrown Diamonds kritisieren. Das ist sozusagen der etablierte Name: im Labor gewachsene Diamanten, nicht künstliche Diamanten, sondern Labgrown Diamond. Aber das ist es gar nicht. Entscheidend ist, was ist reproduzierbar. Und unsere Kunden, die haben keine andere Wahl, als einen Diamant als Rohstoff für ihre Industrie-Anwendungen zu nehmen. Kein anderes Material lässt es zu, diese Anwendungen auszuführen. Und ich bin überzeugt, dass es grüner ist, als wenn Sie Natur-Diamanten schürfen mit den ganzen Folgen für die Natur: Ich muss sie auswaschen, Chemikalien benutzen, riesige Löcher bohren. Aber das Entscheidende ist natürlich auch für ein Industrieprodukt – es sollte in zehn Jahren immer noch verfügbar sein; zu einem akzeptablen Preis. Und bei den Natur-Diamant-Minen ist es eigentlich so wie bei dem Peak Oil. Bei den Ölvorkommen ist der Peak schon überschritten und es wird immer schwieriger, neue Vorkommen zu explorieren oder zu finden. Und die bestehenden Diamant-Minen, die gehen schon relativ schnell an ihre Lebenszeiten. Und wie gesagt: Ein Natur-Diamant hat unterschiedliche Wuchsformen. Es gibt super reine, aber es gibt auch Risiken, was da rauskommen kann aus der Mine. Unser Diamant oder wie auch die von anderen Herstellern entsteht einfach unter kontrollierten Laborbedingungen. Und das ist natürlich notwendig für ein Industrieprodukt.

Jetzt wurde aus ihrer langjährigen Forschung ein Start-up. Mich würde jetzt noch mal interessieren, welche Erfahrungen Sie bei der Gründung von audiatec gemacht haben und was Sie Menschen raten, die vielleicht auch über eine Gründung nachdenken?

Also wir hatten das Glück nach diesem tollen VIP-Projekt vom BMBF, was uns ermöglicht hat, schon nahe an einen Prototypen zu kommen, dass wir vom Bundeswirtschaftsministerium auch das EXIST Forschungs-Transfer-Projekt bewilligt bekommen haben. Es hat uns den Übergang von der reinen universitären Forschung zu dieser Ausgründung total erleichtert, weil unsere Technologie ziemlich investitions-intensiv ist durch die verwendeten Anlagen und Prozesse. Und da muss man sagen, dass EXIST-Projekt war da wirklich ein Meilenstein. Auch der Austausch mit anderen Gründern in der Gründungsphase. Was ich raten würde, ist: Also ein ganz großer Punkt, damit eine Ausgründung auch Erfolg hat, ist das Team. Das hört man immer wieder, aber das haben wir auch gemerkt; nicht innerhalb des Teams. Das war alles okay. Aber auch mit dem Austausch von anderen und speziell auch die Gesellschaftsstruktur. Also man muss sich gut überlegen am Anfang: Wer ist wirklich dabei? Weil das ist wie eine Hochzeit. Nur kann man dann ganz schlecht wie bei einer Scheidung im privaten Leben sagen “Den will ich nicht mehr als Gesellschafter, der performt ja gar nicht mehr, der strengt sich gar nicht mehr an!” Dieser Kreis der Gesellschaft ist ganz wichtig. Und wir hatten das Glück, dass wir einen Soft-Start über das EXIST-Programm hatten und wir auch von der Universität Augsburg am Beginn Anlagen mieten konnten, sodass wir keinen Investor benötigten. Aber natürlich ist auch die Investoren-Suche ein ganz wichtiger Punkt am Anfang, wenn man hier Fremdkapital benötigt. Und gerade wenn man aus der Wissenschaft kommt, ist es einem relativ fern, die richtige Sprache zu kennen. Und da ist es gut, jemand an der Hand zu haben, entweder einen Coach oder aber direkt im Team am besten selbst, der hier Erfahrung hat vom Businessplan hin bis zu dem Punkt, wie man vor Investoren treten muss. Das ist sehr, sehr hilfreich und sehr wichtig, um da auch ernst genommen zu werden von einem Gegenüber, der einem da vielleicht ein paar 100.000 Euro geben soll. Also das Team, die Personen im Team und auch ganz wichtig ist: Realistisch sein. Manchmal verfällt man ja auch in den in den Wahn, dass das, was man selber macht, das Wichtigste auf der Welt ist. Und dass das einem wie warme Semmeln aus der Hand gerissen wird. Da immer wieder mal einen Schritt zurückmachen und zu sagen: “Okay, gibt es einen Wettbewerb? Gibt es denn einfach bei anderen eine Lösung, die vielleicht schon da ist, die etablierter ist, die genauso gut ist? Bin ich wirklich besser? Hab ich diesen USP, diesen Unique Selling Point, damit ich hier am Markt auch bestehen kann?

Sie haben zwei Fördermaßnahmen erwähnt. Das eine ist das VIP-Project ist vom BMBF. Wie genau hat das Ihnen geholfen?

Das hat uns so insoweit geholfen, dass wir erst mal eine Sicherheit hatten und es haben uns damals einige Bausteine gefehlt, um produktionstechnisch zu zeigen, ja, es ist möglich, auf dieser großen Fläche diesen einkristallinen Diamanten herzustellen. Und hier waren auch nur durch das VIP-Projekt diese Investitionen in den sechsstelligen Bereich möglich. Zusätzlich geholfen haben auch die Personalmittel gesichert für drei Jahre. Denn man braucht einfach Zeit um etwas zu validieren, um in verschiedene Richtungen zu denken und auch mal eine Sackgasse zu erkennen. Und trotzdem noch die Zeit zu haben, in die andere Richtung zu gehen und aber auch diese Investition überhaupt stemmen zu können. Natürlich, die Universität hat die Investitionen dadurch stemmen können.

Von einer Idee zur Innovation und von dort aus dann zur Vermarktung ist ja oft ein langer Weg. Den haben Sie ja auch beschritten. Was motiviert Sie auch bei Schwierigkeiten oder Rückschlägen weiterzumachen? Gab es Tiefen in dieser Zeit?

Also ich muss sagen, zum Glück ist es seit 2015, der Ausgründung, ziemlich smooth (glatt) gelaufen. Ich könnte gar nicht spezielle Tiefen benennen. Wenn zum Beispiel eine neue Innovation Schritt gemacht wird, also innerhalb der Ausgründung mehr neue Kunden gewonnen werden. Dann braucht man ein Team, was bereit ist, über den Durchschnitt, über den Acht-Stunden-Tag hinaus zu arbeiten, bis man sich etwa am Markt konsolidiert hat und man neue Mitarbeiter ins Boot nimmt. Das heißt, es war immer eine Schwierigkeit in solchen Phasen, wo man sich zerreißen konnte, aber wo man natürlich auf positiv war, weil man neue Kunden gewonnen hat, die auf einmal eine doppelt so hohe Nachfrage hatten. Das heißt, es ist positiver Stress. Man wusste okay, wir brauchen jetzt zwei Leute, aber die kann man sich nicht zaubern. Aber in der Zeit müssen wir das auffangen. Das war positiver Stress. Aber ich würde es gar nicht als ein Tief nennen.

Oder was war vielleicht, wenn Sie jetzt den Sprung von der Wissenschaft ins Unternehmertum sagen, vielleicht auch so ein kleiner Höhepunkt, so ein Erfolgsmoment, von dem Sie längere Zeit gezerrt haben?

Das haben wir immer ganz pragmatisch genommen. Jeder Kunde, den wir gewonnen haben, der gesagt hat kkay, ihr seid besser als das bisherige, ist ein Erfolg. Das hat uns total einen Schub gegeben, weil wir wussten, wir sind auf dem richtigen Weg. Und natürlich auch solche Punkte, an denen wir weiterhin unsere Prozesse optimiert haben. Wenn wire s geschafft haben, größere Flächen zusammenhängend zu machen, nicht nur einmal die 92 Millimeter zu erreichen, sondern einfach konstant diese Flächen zu erreichen. Das war natürlich immer auch ein Höhepunkt. Da haben wir uns intern gefreut, weil wir wussten, damit werden wir produktiver und wir werden immer am Preis gemessen. Wir sind eben in der Konkurrenz, gerade mit asiatischen Firmen, auch mit nordamerikanischen Firmen. Und da werden sie immer am Preis gemessen. Und da kann der Kunde noch so freundlich sein die letzten Jahre. Wenn er dann kommt und sagt “Ich hab da einen, der hat mindestens genauso gut halb so teuer”, dann verliert man so einen Kunden. Unsere Höhen sind: Jeder Kunde, den wir gewonnen haben, der uns zeigt, dass unser Material, was speziell ist, weil die meisten kamen vom Natur-Diamant, dass unser Material sich am Markt durchsetzen kann.

Was sind denn jetzt die nächsten Pläne für Ihr Start-up?

Bei uns geht es weiter mit dem Ausbau des Anlagen-Parks und auch immer mehr weg von den mechanischen Anwendungen. So dass die mechanischen Anwendungen das Grundgerüst bieten, aber wir auch speziell zu Anwendungen im Schmuck-Bereich kommen. Also wir liefern jetzt schon vermehrt Platten. Das andere Diamant-Hersteller darauf Schmuck-Diamanten wachsen lassen, ist ein sehr sehr großer Markt. Und da unser Material soweit zu bringen, dass unsere Platten als Substrat für andere dienen können, ist ein Ziel. Da sind wir gerade in dem Prozess recht weit. Das sind die nächsten Schritte und es geht immer darum, die Anlagenkapazität einfach weiter auszubauen. Wir müssen das Rohmaterial so gut wie möglich herstellen. Wir brauchen andere, die die Applikationen dann drauf stülpen. Wir machen also selber keine Diamanten-Quantencomputer, was so ein heißes Thema ist im Moment oder Diamant-Elektronik. Wir verstehen uns immer als Rohmaterial-Lieferant.

Meine vorletzte Frage: Was würden Sie denn heute jungen Forschenden raten?

Ausdauer ist ein ganz wichtiger Punkt. Wenn man überzeugt ist, dass man hier Erfolg haben kann. Ich rede von der Warte, dass das Endziel eine Ausgründung ist, also eine Kommerzialisierung ist. Wenn ich ein Forscher bin, der eine Doktorarbeit macht, dann ist das Hauptziel: “Schaffs in drei, vier Jahren und hab Spaß dabei”. Aber wenn man das Ziel hat, etwas zu kommerzialisieren, ist Ausdauer ein ganz wichtiger Punkt. Aber immer wieder die kritische Nachfrage zu stellen. Und das kann man auch schon machen an der Universität. Das haben wir auch gemacht. Braucht denn das der Markt überhaupt an was ich forsche, was ich entwickle? Und wenn's immer näher an irgendeine Ausgründung geht, sich mit anderen Leuten, die diesen Prozess schon durchlaufen haben, immer wieder abstimmen, anrufen. Wir haben das auch gemacht. Wir haben dann zum Beispiel über das EXIST-Projekt eine Liste bekommen von Best-Practice-Beispielen und wir haben bei denen angerufen und die waren alle offen, weil sie selber auch mal vor drei, vier, fünf Jahre in der Situation waren, in der Gründung zu stehen. Und da haben wir ganz viele wertvolle Tipps bekommen. Das heißt den Sand nicht in den Kopf stecken. Aber auch nicht denken, man ist der Klügste und man kann alles. Gerade wenn es um eine Ausgründung geht, schließe dich mit anderen kurz!

Das klingt auf jeden Fall nach einem guten Rezept. Eine kleine Frage interessiert mich dann auch noch am Schluss. Haben Sie denn Ihren ersten Diamanten behalten, der so ist, dass man ihn anfassen kann?

Den haben wir noch behalten. Aber man muss wissen: Das war eine dünne Schicht an Plättchen. Und der wäre jetzt vielleicht sowieso gar nicht irgendwie verkaufbar, weil er zu viele Defekte hatte. Aber den haben wir noch

Vielen Dank, Herr Gsell, für dieses spannende Gespräch. Ich habe sehr viel über Diamanten gelernt und die Diamanten-Schmiede, die sie in Augsburg aufgebaut haben. Danke dafür. Ich denke, das kann für viele auch Inspiration sein, vielleicht aus dem Studium heraus einer Idee nachzugehen und daraus eine innovative Geschäftsidee zu machen. Vielen Dank für das Gespräch und liebe Zuhörerinnen und Zuhörer: Wir freuen uns, wenn Sie das nächste Mal wieder einschalten beim BMBF-Podcast. Danke, Herr Gsell.

Ja, bitte. Wiederhören.