1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beabsichtigt, den Aufbau von längerfristig angelegten Forschungsschwerpunkten (FSP) zum Themengebiet "Internetökonomie" zu fördern.
Damit setzt das BMBF einen Themenbereich um, der im Förderprogramm "
IT-Forschung 2006" angekündigt wurde. Zugleich steht die Maßnahme im Zusammenhang mit dem Ziel, Europa zum international führenden Wirtschaftsraum bei den modernen Medien zu machen (Initiative e-europe der EU).
Deutschland ist auf dem Weg in die Internetökonomie.
Die damit verbundenen Änderungen in Wirtschaft und Gesellschaft sind massiv und beschränken sich nicht auf junge online-Unternehmen. Auch und gerade in traditionellen Branchen der Sachgüter- sowie der Dienstleistungsproduktion und auch im nicht-wettbewerblichen Bereich eröffnet das Internet – zum Nutzen der Konsumierenden – über die Neugestaltung wettbewerbs- und leistungsfähiger netzbasierter Prozesse und Produkte enormes Innovations- und Optimierungspotenzial.
Der bevorstehende Ausbau der netztechnischen Infrastruktur (Breitband-Internet, Mobilkommunikation, digitaler Rundfunk, Satellitenkommunikation) eröffnet in den kommenden Jahren weitere, zusätzliche Perspektiven.
Eine Voraussetzung für die Realisierung der im Internet liegenden Chancen ist, dass Wissenschaft und Forschung den Strukturwandel hin zur Internetökonomie nachvollziehen und das benötigte Gestaltungswissen zum vernetzten Wirtschaften (Entwicklung von Methoden, Verfahren, Standards etc.) erarbeiten sowie die benötigten Fachkräfte ausbilden: Rund um die Nutzung des Internets müssen entsprechende neue wissenschaftliche Fragestellungen formuliert werden, sind verstärkt neue Forschungsansätze, Lehrgebiete und Studiengänge zu entwickeln.
Die Fördermaßnahme zielt darauf ab, diese Modernisierung der Strukturen in Wissenschaft und Forschung zu unterstützen und zu beschleunigen, indem der Aufbau von Forschungskompetenz zu ausgewählten Themenbereichen (siehe 2.) auf dem Gebiet "Internetökonomie" gefördert wird. Erwartet wird dabei auch, dass die an dieser Fördermaßnahme Interessierten konkrete Vorstellungen zum Transfer der Ergebnisse in die Lehre entwickeln (siehe hierzu ausführlicher 4.).
Das BMBF fördert die Vorhaben nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und den Verwaltungsvorschriften zu §44 Bundeshaushaltsordnung (BHO).
Ein Rechtsanspruch der Antragstellenden auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2. Gegenstand der Förderung
Folgende Themen können Gegenstand der Förderung werden :
- Gestaltung Internet-basierter Anwendungen:
Das Potenzial der Internetökonomie, wie z.B. verringerte (Transaktions-)Kosten, erhöhte Markttransparenz, neue Finanzierungs- und Verhandlungsmodelle oder neue Wertschöpfungsstrukturen lässt sich nur dann nutzen, wenn internetbasierte Anwendungen und die damit verbundenen Dienstleistungen systematisch verstanden und beherrscht werden. Dies ist in erster Linie durch die systematische, methodisch-theoretische und empirisch gesicherte Entwicklung von Verfahren, Methoden, Standards und Werkzeugen für die Gestaltung und Führung netzbasierter Prozesse bzw. prozessoptimierender und standardisierender Dienstleistungen zu erreichen. Diese können etwa der Modellierung und Simulation von Prozessen dienen, Verhandlungs- und Preisbildungsverfahren, oder Werkzeuge für die Sicherheit bzw. Testierbarkeit von Prozessen bereitstellen usw.
Neben der Methodik für die Gestaltung und Steuerung von Prozessen im Internet ist es auch wichtig, frühzeitig entsprechendes Wissen und entsprechende Methoden für die Anwendungen künftiger Netze zu erarbeiten. Dabei handelt es sich um Kommunikationsnetze, die noch im Vorfeld der Markteinführung sind. Beispiele sind etwa mobile Breitbandnetze, Internet2-Netze oder IPv6-Netze.
- Verständnis grundlegender Funktionsmechanismen der Internetökonomie:
Mit der Internetökonomie verändern sich nicht nur die bisherigen Vertriebs- und Handelsstrukturen. Vielmehr entstehen auch neue ökonomische Marktstrukturen, die sich wesentlich von denjenigen unterscheiden können, in deren Mittelpunkt die Herstellung und Verteilung materieller Güter steht. Andere Kosten- und Wertschöpfungsstrukturen, neue Erlöstypen und Preismodelle sowie veränderte Wettbewerbs- , Vermarktungs- und Kommunikationsstrategien können entstehen. Ein vertieftes, d.h. wissenschaftlich fundiertes Verständnis dieser neuen Gesetzmäßigkeiten und Wirkungsmechanismen ist unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Gestaltung internetbasierter Prozesse und Dienstleistungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Dabei ist der Dialog und die Abstimmung zwischen ökonomischen, prozessorientierten und informations- bzw. nachrichtentechnischen Aspekten und Ansätzen von besonderer Bedeutung.
- Auswirkungen und Folgen der Internetökonomie:
Die Gestaltung der Internetökonomie muss durch geeignete politische und soziale Maßnahmen flankiert werden. Es gilt, sich mit den sozio-kulturellen Auswirkungen der Internetökonomie wissenschaftlich auseinander zu setzen, um Fehlentwicklungen (digital divide/fragmentierte Gesellschaft, social dislocation, e-privacy...) möglichst früh zu erkennen und kreative Handlungsoptionen zu entwickeln (z.B. in den Bereichen Ausbildung, Datenschutz und Sicherheit). Daher sollen in angemessenem Umfang auch derartige Fragestellungen in der Förderung berücksichtigt werden.
Vorgeschlagene Schwerpunktkonzepte müssen mindestens einem dieser Bereiche zuzuordnen sein. Es wird erwartet, dass die Untersuchungen jeweils nicht nur abstrakt-theoretisch abgeleitet, sondern an geeigneten realen Geschäftsfeldern erprobt und validiert werden und insbesondere auch auf neuere Entwicklungen der Internet-Technologie Bezug nehmen.
3. Zuwendungsempfänger
Antragsberechtigt sind nur Hochschulen sowie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Die Antragstellung ist - gemäß Nr. 7.2 - jedoch erst nach Vorauswahl der eingegangenen Projektskizzen (Konzeptpapiere) möglich.
Zur Sicherung der Praxisorientierung, der Evaluierung bzw. des Transfers der wissenschaftlichen Ergebnisse werden auch Kooperationen mit Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft innerhalb eines Forschungsschwerpunkts erwartet.
4. Zuwendungsvoraussetzungen
Gefördert werden ausschließlich Forschungsschwerpunkte, die aus mehreren – ggf. unterschiedlichen Disziplinen zuzuordnenden - Einzelprojekten bestehend ein gemeinsames Forschungsprogramm verfolgen. Mit Blick auf die intendierte regionale Schwerpunktbildung müssen sämtliche Projektleiter/-leiterinnen derselben bzw. benachbarten Hochschulen/FuE-Einrichtungen angehören.
Vor der Förderentscheidung über ein Verbundprojekt muss eine grundsätzliche Übereinkunft der Verbundpartner über bestimmte vom BMBF vorgegebene Kriterien nachgewiesen werden, die einem Merkblatt zu entnehmen sind (BMBF-Vordruck 0110).
Obwohl dieses Programm ausschließlich die Förderung von Forschung und Entwicklung zum Gegenstand hat, müssen die beantragten Schwerpunktthemen zwingend in der Lehre verankert sein. Idealerweise sollte von Interessierten ein Gesamtkonzept entwickelt werden, das sowohl einen Forschungs- als auch einen Lehrteil umfasst. Die finanzielle Förderung eines Lehrkonzepts ist im Rahmen dieser Bekanntmachung nicht möglich. Es wird diesbezüglich auch auf den AFSMI (Association for Service Management International) und die von diesem z.Z. vorbereiteten Möglichkeiten hingewiesen. Der Projektträger (siehe Nr. 7.1) kann bei einer entsprechenden Kontaktvermittlung behilflich sein.
Voraussetzung für eine Förderung ist darüber hinaus, dass die federführende Hochschule/FuE-Einrichtung die zur Durchführung des Programms erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten (Grundausstattung) zur Verfügung stellt. Eine entsprechende Erklärung der aufnehmenden Einrichtung ist der Projektskizze (siehe Nr. 7.2) beizufügen.
Antragstellende sollten – soweit möglich - die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) in Auftrag gegebenen Studien zum Thema "Internetökonomie", insbesondere das Monitoring "Informationswirtschaft" und die Arbeiten zur Zukunft der Internetwirtschaft sowie zur digitalen Integration, einbeziehen, um die Effizienz der Forschungsanstrengungen zu steigern und Doppelforschung zu vermeiden.
Die Abwicklung der Fördermaßnahme erfolgt in enger Abstimmung zwischen BMBF und BMWi.
Antragstellende sollen sich, auch im eigenen Interesse, im Umfeld des national beabsichtigten Projekts mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Es ist daher zu prüfen, ob das beabsichtigte Projekt spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Das Ergebnis dieser Prüfung sollte im Antrag kurz dargestellt werden. Weiterhin sollten Antragstellende prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Projektes ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Überlegungen und Planungen dazu sind ebenfalls mit dem Antrag auf Bundeszuwendung darzustellen.
5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
Die Förderung ist für einen Zeitraum von zunächst fünf Jahren ausgelegt, wobei der Umfang der Haushaltsmittel für die letzten zwei Jahre degressiv ausgerichtet ist. In Abhängigkeit einer nach drei Jahren vorgesehenen Evaluierung der Forschungsschwerpunkte ist eine Aufstockung (4. und 5. Jahr) und Verlängerung um weitere vier Jahre für die am besten beurteilten Forschungsschwerpunkte möglich.
Für die ausgewählten Forschungsschwerpunkte werden Zuwendungen als nicht rückzahlbarer Zuschuss im Wege der Projektförderung gewährt.
Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft die zuwendungsfähigen Kosten), die bis zu 100% gefördert werden können.
Es wird erwartet, dass es sich beim Sprecher/der Sprecherin eines Forschungsschwerpunkts um einen Hochschullehrer/eine Hochschullehrerin aus dem Kreis der Einzelprojektleitungen handelt. Letztere sollten grundsätzlich zum Stammpersonal (Grundausstattung) gehören. In Ausnahmefällen können für Einzelprojektleitungen auch Fördermittel (für Stellen bis nach BAT Ia) zur Verfügung gestellt werden.
6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen
Bestandteil der Zuwendungsbescheide auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) sowie Besondere Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98).
Bestandteil der Zuwendungsbescheide auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF 98).
7. Verfahren
7.1 Projektträger des BMBF
Mit der Abwicklung dieser Fördermaßnahme hat das BMBF folgenden Projektträger beauftragt:
DLR-PT IT-AS
Rutherfordstr. 2
12489 Berlin
Für Rückfragen stehen dort Herr Kuom (Tel.: 030/67055-729) oder Frau Mücke (Tel.: 030/67055-705) zur Verfügung.
7.2 Antrags- und Entscheidungsverfahren
Das Antragsverfahren ist zweistufig:
1. Verfahrensstufe:
In einem ersten Schritt ist beim Projektträger bis zum 22.11.2002 eine Projektskizze zum geplanten Forschungsschwerpunkt einzureichen. Dies muss schriftlich entweder an die o.g. Adresse unter dem Stichwort "Internetökonomie" oder als Anlage einer eMail an
E-Mail:
internetoekonomie@dlr.de erfolgen. In beiden Fällen wird umgehend eine Eingangsbestätigung übermittelt.
Die Projektskizze muss Aussagen zu den folgenden Punkten enthalten:
- Übergeordnetes, langfristig angestrebtes Forschungsziel und Einordnung (national und international) in das jeweilige Forschungsgebiet – max. 6 Seiten,
- Aussagen zu dem das Arbeitsprogramm ergänzenden Lehrkonzept (akademische Erst- sowie Doktorandenausbildung, Weiterbildungsmaßnahmen für Fachkräfte aus der Praxis...) – max. 2 Seiten,
- Maßnahmen zur Zusammenarbeit mit Praxispartnern (Transfer in die Anwendung, Beiträge – z.B. auch finanzieller Art – von Unternehmen) – max. 1 Seite,
- Beschreibung der Arbeitsprogramme der beteiligten Einzelprojekte (möglich ist hier auch die Nennung späterer weiterer Beteiligungen) – je Einzelprojekt max. 2 Seiten,
- Qualifikation, wichtigste einschlägige Vorarbeiten der Einzelprojektleitungen – je Einzelprojekt max.1 Seite,
- Erklärung der federführenden Hochschule/FuE-Einrichtung (siehe 4.) sowie
- tabellarische Übersichtsaufstellungen nach Muster. Dieses sowie allgemeine Hinweise zur Skizzenerstellung können unter http://www.pt-it.de/as/oekonomie abgerufen werden.
Empfohlen wird, möglichst frühzeitig - bereits in der Phase der Projektskizze - mit dem Projektträger des BMBF Kontakt aufzunehmen.
Die eingereichten Projektskizzen werden unter Einbeziehung einer externen Jury bewertet.
Zentrale Kriterien sind hierbei:
- wissenschaftliche Aktualität, Originalität und Bedeutung des Schwerpunktkonzepts für das Themengebiet "Internetökonomie"
- Relevanz und Erfolgsaussicht des verfolgten Ansatzes
- (Inhaltliche und organisatorische) Kohärenz der Teilprojekte
- Schlüssigkeit des Forschungs- sowie Lehrkonzepts
- Ausreichende kritische Masse
- Eignung des Standorts.
Ggf. werden die Einreichergruppen zu einer mündlichen Präsentation ihrer Projektskizze eingeladen.
Den Sprechern/Sprecherinnen der Einreichergruppen wird das Ergebnis der Bewertung mitgeteilt.
2. Verfahrensstufe:
In einem zweiten Schritt werden die Sprecher/Sprecherinnen positiv bewerteter Projektskizzen aufgefordert, einen förmlichen Förderantrag vorzulegen.
Vordrucke für einen förmlichen Förderantrag, Richtlinien, Merkblätter und Nebenbestimmungen können unter
https://foerderportal.bund.de/easyonline
abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden. Auf die Nutzung des elektronischen Antragsystems "easy" wird hingewiesen.
Über die förmlichen Förderanträge entscheidet das BMBF – soweit notwendig, unter erneuter Einschaltung einer externen Jury – im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis, die Prüfung der Verwendung und sich hieraus möglicherweise ergebende Rückforderungen der Zuwendung sind die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie die §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) maßgebend, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.
8. Inkrafttreten
Diese Förderrichtlinien treten mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Bonn, den 26.06.2002
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag
Dr. F. Schlie-Roosen