Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beabsichtigt, ab 1. Oktober 2003 für zunächst drei Jahre Forschungsvorhaben zum Thema „Wissen für Entscheidungsprozesse - Forschung zum Verhältnis von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft“ zu fördern.
1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
An die Wissenschaft werden wachsende Anforderungen gestellt, politik- und handlungsrelevantes Wissen zu liefern. Parallel dazu wird ein Rückgang an Vertrauen in die Wissenschaft beklagt und die Forderung nach risikosensibler sowie problem- und nutzenorientierter Forschung erhoben.
Die Förderabsicht dient dem Ziel, die aktuell stattfindenden Wechselwirkungen zwischen Politik, Wissenschaft und Gesellschaft aufzuzeigen, um
- die sozialwissenschaftliche Beratungskompetenz für forschungspolitische Entscheidungen zu stärken. Dazu sind die unterschiedlichen Erwartungen der Politik an die Wissenschaft und umgekehrt der Wissenschaft an die Politik (Konfliktlinien?) zu benennen;
- Strategien (des Wettbewerbs, der Transparenz, des Diskurses) zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der Wissenschaft sowie Instrumente und Kriterien der Qualitätssicherung wissenschaftlicher Expertise voranzutreiben;
- internationale (Erfolgs-) Modelle der Steuerung von Forschung (governance of science) zu erkennen, auszuwerten und für die nationale Wissenschaftspolitik fruchtbar zu machen;
- die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zu verbessern.
- einen selbstreflexiven Diskurs über Voraussetzungen und Formen der Wissensproduktion innerhalb der Wissenschaft selbst anzuregen.
In einer von Januar bis Juni 2002 mit Unterstützung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften durchgeführten Vorbereitungsphase wurde das zu bearbeitende Themenfeld sondiert. Das auf dieser Basis entstandene Hintergrundpapier dient der weiteren inhaltlichen Beschreibung dieser Förderaktivität. Das Papier ist unter www.bbaw.de/forschung/pwg/index.html oder http://www.gsf.de/ptukf abrufbar.
Das BMBF gewährt Zuwendungen für den oben genannten Zweck auf der Grundlage dieser Bekanntmachung, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungsanträge auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO).
Ein Rechtsanspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2. Gegenstand der Förderung
Vorgesehen ist die Förderung von Forschungsvorhaben, die sich einem der folgenden vier Themenschwerpunkte zuordnen lassen:
- Veränderungen der Wissensproduktion - Ursachen und Formen:
Wie lässt sich das Verhältnis zwischen disziplinärer, inter- und transdisziplinärer Wissenschaft beschreiben, welche Triebkräfte befördern oder hindern die Ausbildung der jeweiligen Wissensform und welche institutionellen Auswirkungen sind zu beobachten?
Wie kann der Umgang mit wissenschaftlichem Nichtwissen kognitiv erfasst und verantwortungsbewusst gestaltet werden?
Wie wirkt sich die Methode der Modellierung und (Computer-) Simulation auf die Wissensproduktion aus?
- Kommunikation wissenschaftlichen Wissens im politischen Meinungsbildungsprozess:
Welche Formen der Wissenskommunikation finden im öffentlichen Raum statt und welche Rolle spielen die Medien?
Lässt sich eine Entnationalisierung von Meinungsbildunsprozessen feststellen?
Wird die Wissenschaft ethisiert oder die Ethik verwissenschaftlicht?
- Wissenschaftspolitik und Selbststeuerung von Wissenschaft:
Wie lassen sich Intention und Funktion der (neuen) Steuerungsinstrumente für die Wissensproduktion beschreiben?
Wie müsste ein modernes Wissenschaftsmanagement aussehen?
- Instrumente und Kriterien der Qualitätssicherung im Wissenschaftsprozess:
Welchem Bedeutungswandel unterliegen Evaluationskriterien und -methoden (insbesondere „peer review“).
Wie kann die Wirksamkeit von Evaluationsverfahren beurteilt und gesichert werden, u.a. in Hinsicht auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses?
Weiterführende und themenübergreifende Fragestellungen sind denkbar.
3. Zuwendungsempfänger
Antragsberechtigt sind Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie ggf. Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft.
4. Zuwendungsvoraussetzungen
Ein intensiver Austausch von Forschungsansätzen sowie die Vernetzung von Projekten zu Themenverbünden (Cluster) ist ausdrücklich erwünscht und gehört zu den Aufgaben der für die Projektlaufzeit vorgesehenen übergreifenden Koordination.
Bei Verbundprojekten haben die Partner ihre Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung zu regeln. Vor der Förderentscheidung muss eine grundsätzliche Übereinkunft der Kooperationspartner zu bestimmten, vom BMBF vorgegebenen Kriterien nachgewiesen werden, die einem Merkblatt des BMBF (BMBF-Vordruck 0110) zu entnehmen sind.
Forschungsaustausch und Vernetzung im internationalen Kontext werden begrüßt. Ausländische Partner ohne Sitz in Deutschland können ohne Bundeszuwendung als Verbundpartner beteiligt werden. Eine internationale Zusammenarbeit ist auch möglich durch Einschaltung ausländischer Unterauftragnehmer, soweit die nationale Auftragsvergabe ausscheidet. Angeregt wird daneben insbesondere die Integration von ausländischen (Post-) Doktorandinnen und (Post-) Doktoranden in die Projekte bzw. ein zeitweiliger Aufenthalt beteiligter deutscher (Post-) Doktorandinnen oder (Post-) Doktoranden an einer ausländischen Forschungseinrichtung.
Antragsteller sollten sich, auch im eigenen Interesse, im Umfeld des national beabsichtigten Projektes mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Es ist daher zu prüfen, ob das beabsichtigte Projekt spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Das Ergebnis dieser Prüfung sollte im Antrag kurz dargestellt werden. Weiterhin sollten Antragsteller prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Projektes ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Überlegungen und Planungen dazu sind ebenfalls in der Vorhabensbeschreibung darzulegen.
5. Art, Umfang und Höhe der Förderung
Die Förderung ist für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren ausgelegt. Zuwendungen für Projektförderung können als nicht rückzahlbarer Zuschuss zu FuE-Vorhaben gewährt werden.
Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft die zuwendungsfähigen Kosten), die bis zu 100% gefördert werden können.
Bemessungsgrundlage für Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sind die zuwendungsfähigen Kosten, die in der Regel bis zu 50% anteilfinanziert werden können. Nach den BMBF-Grundsätzen wird dabei eine Eigenbeteiligung von mindestens 50% an den entstehenden zuwendungsfähigen Kosten vorausgesetzt. Eine einzelfallbezogene Bewertung schließt jedoch eine geringere Eigenbeteiligung nicht aus.
Bei der Bemessung der Förderquoten wird unabhängig von den BMBF-Grundsätzen der Gemeinschaftsrahmen für staatliche FuE-Beihilfen der Europäischen Kommission berücksichtigt.
6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen
Bestandteil der späteren Zuwendungsbescheide werden
- für Zuwendungen auf Ausgabenbasis: Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und Besondere Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98)
- für Zuwendungen auf Kostenbasis: Grundsätzlich die Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF auf Kostenbasis an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF 98).
7. Verfahren
7.1 Einschalten eines Projektträgers und einer Koordinationsstelle
Mit der Abwicklung dieser Fördermaßnahme hat das BMBF folgenden Projektträger betraut:
GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit GmbH;
Projektträger für Umwelt- und Klimaforschung (PT UKF)
Kühbachstraße 11; 81543 München;
Tel.: 089/65 10 88 - 51;
Fax: 089/65 10 88 - 54;
E-Mail:
E-Mail:
pt-ukf@gsf.de ;
Internet:
http://www.gsf.de/ptukf
Bei der fachlichen Koordination der Förderinitiative hat die
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Förderinitiative Science Policy Studies
Jägerstr. 22/23
10117 Berlin
Tel.: 030/20370-281;
Fax: 030/20370-444;
E-Mail:
E-Mail:
hohlfeld@bbaw.de ;
Internet:
www.sciencepolicystudies.de
oder:
www.bbaw.de/forschung/pwg/index.html
eine unterstützende Rolle übernommen.
7.2 Antrags- und Entscheidungsverfahren
Förderanträge sind bis zum 31. Mai 2003 beim Projektträger einzureichen. Die Antragsfrist gilt nicht als Ausschlussfrist; verspätet eingehende Anträge können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.
Die Förderanträge selbst müssen den Standardrichtlinien des BMBF entsprechen. Sie bestehen aus 20 doppelseitigen Antragsexemplaren, zusätzlich einem einseitig bedruckten Exemplar der Vorhabenbeschreibung sowie einer Diskette mit dem Antrag. Der inhaltliche Teil der Vorhabenbeschreibung sollte 20 Seiten nicht wesentlich überschreiten, Literatur, Curricula und Erklärungen von Kooperationspartnern können im Anhang beigefügt werden. Anträgen ist ein Deckblatt voranzustellen, aus dem Antragsteller mit Institution, Kurztitel des Vorhabens, die Laufzeit; Förderquote und die Höhe der beantragten Förderung hervorgehen. Anträge sollen auch die Kriterien gemäß Nr. 4 berücksichtigen.
Vordrucke für Formanträge, Richtlinien, Merkblätter und Zuwendungsbestimmungen sind beim Projektträger erhältlich bzw. können im Internet unter folgender Adresse abgerufen werden:
https://foerderportal.bund.de/easyonline
Auf die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ wird hingewiesen.
Es ist vorgesehen, dass die Anträge präsentiert und anschließend von einem Expertengremium begutachtet werden. Vor Förderbeginn soll versucht werden, das Forschungspotenzial durch eine Clusterbildung der Projekte zu erhöhen. Über die Förderung entscheidet das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Förderung ist ab 01. Oktober 2003 vorgesehen.
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis, die Prüfung der Verwendung und sich hieraus möglicherweise ergebende Rückforderungen der Zuwendung sind die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie die §§ 48 bis 49 a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) maßgebend, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.
8. Inkrafttreten
Diese Förderrichtlinien treten mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Bonn, den 04. März 2003
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag
Dr. Angelika Willms-Herget