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Bekanntmachung : Datum:

Richtlinie für die Förderung der praxisorientierten Beruflichen Orientierung an außerschulischen Lernorten (Berufsorientierungsprogramm – BOP), Bundesanzeiger vom 22.12.2022

Vom 12.12.2022

1 Förderziel, Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen


1.1  Förderziel und Zuwendungszweck


1.1.1 Bund und Länder haben die Bedeutung der Beruflichen Orientierung (im Folgenden: BO) bereits im Jahr 2008 in der gemeinsamen Dresdner Erklärung zur Qualifizierungsinitiative unterstrichen. Um Jugendliche in Ausbildung zu bringen und dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nach verschiedenen Einzelmaßnahmen im Jahr 2010 die Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“ (Bildungsketten-Initiative) gestartet. Das Berufsorientierungsprogramm (im Folgenden: BOP), das ab dem 1. Januar 2024 auf der Grundlage dieser Richtlinie umgesetzt wird, hat wesentlich zu der Bildungsketten-Initiative beigetragen.


Der Bund will gemeinsam mit den Ländern zu einer verbesserten individuellen Betreuung der Jugendlichen von der Schule bis zum Ausbildungsbeginn beitragen. Eine Berufswahl, die die Fähigkeiten und Neigungen frühzeitig berücksichtigt, kann die Zahl der Ausbildungsabbrüche und Vertragslösungen deutlich senken. Zur Sicherung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der BO erwartet das BMBF die angemessene Unterstützung der Länder, der Kommunen, der Wirtschaft und anderer.


1.1.2 Eine frühzeitige handlungsorientierte BO an außerschulischen Lernorten, die schon während der Schulzeit einsetzt, trägt zur Verbesserung der Berufswahlkompetenz und Stärkung der Ausbildungsreife der Jugendlichen bei.


Insbesondere überbetriebliche Berufsbildungsstätten (ÜBS) sind aufgrund ihrer wichtigen Rolle in der dualen Berufsausbildung an der Nahtstelle zwischen Schule und Wirtschaft, ihrer Praxisnähe und multifunktionalen Ausrichtung, ihrer Ausstattung, Erfahrung und Kompetenz des Lehrpersonals geeignet, Schülerinnen/Schüler durch individuelle, systematische, vielfältige und berufsspezifische BO-Maßnahmen auf das Berufsleben vorzubereiten und ihnen den Weg in eine Berufsausbildung zu ebnen. Die ÜBS bieten zudem eine flächendeckende Struktur, die bundesweit wirksame Impulse geben kann. Vergleichbare Berufsbildungsstätten, die über eine entsprechende Erfahrung im fachpraktischen Teil der beruflichen Erstausbildung bzw. eine Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV)-Zertifizierung sowie über Lernorte verfügen, die eine an Ausbildungs- und Arbeitsalltag ausgerichtete BO ermöglichen, kommen als Träger einer BO-Maßnahme ebenfalls in Frage. Hierzu zählen auch die Berufsbildungswerke, die für Jugendliche mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen oder Benachteiligungen außerbetriebliche Erstausbildung in integrativer Form bieten. Die ÜBS und vergleichbaren Berufsbildungsstätten werden im Folgenden „Berufsbildungsstätten“ genannt.


Um die Inklusion voranzutreiben und die Rechte von Menschen mit Behinderungen verstärkt durchzusetzen, hat Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ratifiziert und tritt für den Abbau von Barrieren auf allen gesellschaftlichen Ebenen ein. Hierdurch soll nicht nur für Menschen mit Behinderungen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gesichert werden, sondern es sollen gleichermaßen alle Menschen mit und ohne Behinderungen davon profitieren. Im Rahmen des BOP wird der Grundsatz der Inklusion in Übereinstimmung mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 20. Oktober 2011 „Inklusive Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Schulen“ umgesetzt.


1.1.3 Das Angebot einer frühzeitigen, praxisbezogenen und systematischen BO in den Berufsbildungsstätten soll bei Schülerinnen/Schülern allgemeinbildender Schulen, insbesondere auch an Gymnasien, Interesse an einer beruflichen Ausbildung wecken und ihnen realistische Einblicke in den Ausbildungs- und Arbeitsalltag geben, die auch aktuelle Veränderungen und zukünftige Entwicklungen in der Berufswelt und damit verbundene Anforderungen und zukünftig geforderte Kompetenzen umfassen. Diese Einblicke sollen den Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung erleichtern, geschlechtsspezifisches Berufswahlverhalten reflektieren und den Blick auch auf Berufsfelder weiten, in denen das regionale Angebot an Ausbildungsplätzen die Nachfrage übersteigt.


Die Jugendlichen sollen die Möglichkeit erhalten, berufliche und akademische Bildungswege kennenzulernen und miteinander zu vergleichen sowie Einflussfaktoren auf die eigene Berufswahl zu reflektieren. Zudem soll ein wirksamer Beitrag zur Verringerung der Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne Schulabschluss und/oder ohne Aussicht auf einen Ausbildungsplatz geleistet werden. Durch die Einsicht in den praktischen Nutzen schulischen Lernens kann die Motivation zum Schulabschluss gefördert werden. Die enge Abstimmung und Rückkoppelung des Ergebnisses der BO mit Schule und Eltern ermöglichten es, individuellen Potenzialen rechtzeitig durch gezielte Maßnahmen Rechnung zu tragen. Insgesamt wird hierdurch der reibungslose Übergang von der Schule in den Beruf vorbereitet und unterstützt.


1.1.4 Eine frühzeitige, individuelle, praxisbezogene BO in außerschulischen, praxisnahen Lernorten hilft den Jugendlichen, realistische Vorstellungen über die Berufswelt und die eigenen Fähigkeiten und Interessen zu entwickeln, und erleichtert es den Betrieben, qualifizierten Fachkräftenachwuchs zu gewinnen. Die BO dient dazu, eine zielgenaue, an den individuellen Fähigkeiten und Neigungen der Schülerinnen/Schüler ausgerichtete Auswahl eines Betriebspraktikums zu ermöglichen. Kleinen und mittleren Unternehmen mit freien Ausbildungsplätzen wird dadurch die Gelegenheit gegeben, interessierte Jugendliche kennenzulernen und anzuwerben. Eine Potenzialanalyse bietet eine erste Möglichkeit zur handlungsorientierten Auseinandersetzung mit den eigenen Interessen und Fähigkeiten und bereitet dadurch auf die praxisorientierten BO-Tage vor.


1.1.5 Das BMBF flankiert diesen Prozess, indem es die Berufsbildungsstätten bei der Durchführung der berufsspezifischen BO-Maßnahmen im Rahmen ihres Bildungsauftrags unterstützt. Die durch diese Richtlinien geförderten Maßnahmen sind systematisch mit den anderen Angeboten in der Region zum Übergang Schule – Beruf zu verknüpfen. Die Einbettung dieses Programms in schulische berufsorientierende Curricula ist im Zusammenwirken der Träger der Berufsbildungsstätten und der Schulen anzustreben.


1.1.6 Der Bund gewährt die Zuwendungen nach Maßgabe dieser Förderrichtlinie, der §§ 23 und 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften. Ein Anspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet bei Vorliegen der Zuwendungsvoraussetzungen nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.


2 Gegenstand der Förderung


2.1 Gegenstand der Förderung sind BO-Maßnahmen für Schülerinnen/Schüler der Sekundarstufen I und II allgemeinbildender Schulen sowie für Schülerinnen/Schüler aus „allgemeinbildenden Bildungswegen“ an Beruflichen Schulen, bestehend aus

  • einer Potenzialanalyse, in der Regel ab Klasse 7/2, soweit keine entsprechende Potenzialanalyse aus den vorangegangenen zwölf Monaten vorliegt bzw. von anderer Seite durchgeführt wird (siehe Nummer 4.1);
  • praxisorientierten BO-Tagen in den Berufsbildungsstätten in der Regel ab Klasse 8 (siehe Nummer 4.2).


Potenzialanalyse und praxisorientierte BO-Tage sind in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchzuführen.


2.2 Vorrangig zu Nummer 2.1 unterstützt werden sollen Weiterentwicklung und Einführung von Landeskonzepten für den Übergang Schule – Beruf.


Im Rahmen einer Bund-Land-Vereinbarung können Anpassungen zu Nummer 2.1 oder ergänzende Maßnahmen zu dem jeweiligen Landeskonzept vereinbart werden, die zur BO beitragen.


3 Zuwendungsempfänger


3.1 Antragsberechtigt zu Nummer 2.1 sind juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften des privaten Rechts, die Träger von Berufsbildungsstätten und geeignet sind, die Ziele dieses Programms umzusetzen.
Der Antragsteller muss

  1. überbetriebliche Lehrlingsunterweisung anbieten oder über eine entsprechende Erfahrung in der beruflichen Erstausbildung bzw. eine AZAV-Zertifizierung nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) (Trägerzulassung – hier Trägerzulassung für Maßnahmen des Fachbereichs 3 „Maßnahmen der Berufswahl und Berufsausbildung nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB III“) verfügen sowie Erfahrungen mit Jugendlichen der Altersklasse 12 bis 20 Jahren nachweisen können.
  2. eine pädagogisch qualifizierte Projektleitung einsetzen, die für das didaktische Gesamtkonzept der Maßnahme und dessen Umsetzung verantwortlich ist.
  3. für jedes angebotene Berufsfeld beschreiben und begründen, welche Praxisräume eingesetzt werden, wie der inhaltliche Aufbau im jeweiligen Berufsfeld geplant ist und welche Qualifikation das vorgesehene Ausbildungspersonal aufweist/aufweisen soll.


Berufliche Schulen und Berufsfachschulen sind von der Antragsstellung ausgeschlossen.


3.2 Zur Durchführung der praxisorientierten BO-Tage können Kooperationspartner eingebunden werden, beispielsweise, wenn nicht alle Berufshauptfelder vom Antragssteller selbst abgedeckt werden, weil entsprechend praxisnah ausgestatte Räumlichkeiten und/oder im Berufshauptfeld qualifiziertes Personal nicht zur Verfügung stehen.


Gleiches gilt für die handlungsorientierte Darstellung von Schnittstellen beruflicher und akademischer Bildung an Gymnasien sowie in der Sekundarstufe II an weiteren Schulformen.


Kooperationsprojekte mit in der Lehre erfahrenen, geeigneten Institutionen (wie Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Akademien etc.) sind mit Blick auf die Erprobung akademischer Tätigkeiten bei Schulen mit Sekundarstufe II in den ausgewählten Berufsfeldern ausdrücklich erwünscht. Alternativ ist der Einsatz von beruflich einschlägig qualifizierten Honorarkräften, die die Schülerinnen und Schüler bei der praktischen und handlungsorientierten Erprobung akademischer Tätigkeiten in der Bildungsstätte begleiten, möglich. Die Notwendigkeit, Auswahl, Eignung und Aufgaben der Honorarkraft sind darzulegen.


Es wird unterschieden zwischen Kooperationspartnern, die

  1. ein Berufsfeld in alleiniger Verantwortung anbieten.
    Diese müssen die in Nummer 3.1 genannten Voraussetzungen erfüllen.
  2. zur Ergänzung in die Umsetzung eines Berufsfeldes eingebunden werden, beispielsweise, um Schnittstellen beruflicher und akademischer Bildung besser darstellen zu können.


Bringen diese Kooperationspartner ihre Räumlichkeiten in die Kooperation ein, müssen diese eine realitätsnahe, handlungsorientierte und geschützte Vermittlung der berufsfeldtypischen Tätigkeiten ermöglichen (realitätsnahe Simula­tion).


Bringen diese Kooperationspartner Personal in die Kooperation ein, muss dieses über eine entsprechende fachliche und pädagogische Qualifikation verfügen (Näheres regeln die „Qualitätsstandards des BMBF zur Durchführung praxisorientierter Tage zur Beruflichen Orientierung [BO-Tage]“).


Für das Berufsfeld „Pflege und Gesundheit“ können auch Schulen des Gesundheitswesens als Kooperationspartner eingebunden werden, die die Ausbildung für nicht akademische bundesrechtlich geregelte Gesundheitsfachberufe durchführen.


Die Auswahl und Eignung des Projektpartners für das Projekt sind im Antrag zu begründen und die Aufgabenverteilung aller Beteiligten ist darzulegen.


Zur Umsetzung der praxisorientierten BO-Tage dürfen von den Antragstellern externe Praxisräume/Lernorte angemietet werden, deren Ausstattung eine praxisnahe Darstellung des jeweiligen Berufsfeldes mit entsprechenden beruflichen Anwendungsfällen in pädagogisch geschütztem Umfeld ermöglicht. Auch bei der Umsetzung der praxisorientierten BO-Tage in angemieteten Räumlichkeiten ist sicherzustellen, dass die Schülerinnen und Schüler von pädagogisch geschultem Fachpersonal angeleitet und begleitet werden und der Arbeits- und Jugendschutz gewährleistet ist.


Der Antragsteller kann Aufträge für die Durchführung der Potenzialanalyse erteilen.


3.3 Nach Abschluss einer Bund-Land-Vereinbarung sind von dieser abweichende Anträge, die Kooperationen mit Schulen dieses Landes vorsehen, von einer Antragstellung ausgeschlossen. Das dann gültige Verfahren ist in der entsprechenden Bund-Land-Vereinbarung geregelt. Dabei wird im Grundsatz der in Nummer 3.1 festgelegte Kreis der Zuwendungsempfänger beibehalten.


4 Zuwendungsvoraussetzungen


Die Förderung der BO-Maßnahmen nach Nummer 2.1 muss für jede/n Jugendliche/n grundsätzlich eine Potenzialanalyse und praxisorientierte BO-Tage vorsehen.


4.1 Potenzialanalyse


Eine vorgelagerte Potenzialanalyse ist für jede/n teilnehmende/n Jugendliche/n in der Regel ab Klasse 7/2 durchzuführen. Dies gilt nicht, sofern eine entsprechende Potenzialanalyse aus den vorangegangenen zwölf Monaten bereits vorliegt bzw. von anderer Seite durchgeführt wird. Die Potenzialanalyse bezieht sich insbesondere auf die individuellen fachübergreifenden Kompetenzen und Interessen der Jugendlichen. Sie bietet allen Schülerinnen und Schülern − unabhängig von sozialer Herkunft, familiärem Kontext, milieuspezifischen Prägungen, Geschlecht oder individuellem Leistungsniveau − die bestmöglichen Bedingungen und die Chance, eigene Kompetenzen zu zeigen, zu erkennen und zu reflektieren. Aus der Potenzialanalyse werden gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern Entwicklungsziele und nächste Schritte abgeleitet und die praxisorientierten BO-Tage vorbereitet. Sie hat den vorgegebenen Qualitätsstandards zu entsprechen, die auf der Internetseite des Berufsorientierungsprogramms (www.berufsorientierungsprogramm.de) abrufbar sind.


Das Datenschutzrecht ist zu beachten.


4.2 Praxisorientierte Tage zur Beruflichen Orientierung (BO-Tage)


Die praxisorientierten BO-Tage sind für jede/n teilnehmende/n Jugendliche/n in der Regel ab Klasse 8 an praxisnahen und zugleich geschützten, außerbetrieblichen Lernorten durchzuführen. Während der praxisorientierten BO-Tage sollen die Jugendlichen erste vertiefte Einblicke in berufliche Handlungsfelder erlangen und eigenständig und handlungsorientiert berufliche Praxiserfahrungen sammeln. Dabei soll ein realistischer Einblick in den Ausbildungs- und Berufsalltag vermittelt werden, der auch aktuelle Veränderungen und zukünftige Entwicklungen in der Berufswelt und die Karriereperspektiven im jeweiligen Berufsfeld umfasst. Die Aufgaben in den praktischen Erprobungen sollen nach dem Prinzip des vollständigen Produktionsprozesses bzw. Arbeiten am Kundenauftrag gestaltet werden, um größtmögliche Realitätsnähe zu erreichen.


Die Jugendlichen sollen mit Hilfe der praxisorientierten BO-Tage die Möglichkeit erhalten, ihr Berufswahlspektrum zu erweitern, berufliche und akademische Bildungswege kennenzulernen und miteinander zu vergleichen sowie Einflussfaktoren auf die eigene Berufswahl zu reflektieren.


Für die Durchführung der praxisorientierten BO-Tage sind die „Qualitätsstandards des BMBF zur Durchführung praxisorientierter Tage zur Beruflichen Orientierung (BO-Tage)“ verbindlich zu beachten. Die jeweils zum Zeitpunkt der Antragsstellung gültige Fassung ist unter www.berufsorientierungsprogramm.de abzurufen.


Der Durchführung der praxisorientierten BO-Tage werden die Berufshauptfelder und Berufsfelder zugrunde gelegt, wie sie in den Qualitätsstandards festgelegt sind.


Die praxisorientierten BO-Tage für die Schülerinnen und Schüler sind von der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung, von außerbetrieblicher Ausbildung und von sonstigen Maßnahmen grundsätzlich getrennt durchzuführen. Im Sinne des Peer-2-Peer-Ansatzes dürfen Auszubildende aus diesen Maßnahmen jedoch punktuell in die praxisorientierten BO-Tage einbezogen werden, um den Schülerinnen und Schülern die jeweiligen Berufsfelder auch aus der Perspektive nahezu Gleichaltriger zu vermitteln. Voraussetzung hierfür ist, dass Vorgaben aus diesen Maßnahmen dem nicht entgegenstehen. Die Auszubildenden dürfen dabei nicht anstelle des regulären Ausbildungspersonals eingesetzt werden, sondern dürfen dieses maximal flankieren.


4.3 Für die Organisation und Koordination der BO-Maßnahme (Potenzialanalyse, praxisorientierte BO-Tage) und die individuelle Betreuung der Schülerinnen und Schüler in der Berufsbildungsstätte wird eine Projektleitung eingesetzt.


Nähere Vorgaben zum betreuenden Personal regeln die „Qualitätsstandards des BMBF zur Durchführung praxisorientierter Tage zur Beruflichen Orientierung (BO-Tage)“.


4.4 Die Projektleitung hat die konkrete Ausgestaltung der Berufsorientierungsmaßnahme (Potenzialanalyse, praxisorientierte BO-Tage) eng mit der Schule abzustimmen, die Eltern einzubeziehen und Betriebe, Agenturen für Arbeit, Grundsicherungsträger sowie die Jugendhilfe und andere lokale Akteure unter Berücksichtigung der regionalen Anforderungen vor Durchführung der Maßnahme zu informieren.


4.5 Die Antragsteller gemäß Nummer 3.1 müssen mit ihren Kooperationspartnern sowie mit allen beteiligten Schulen bzw. einer von der zuständigen obersten Landesbehörde benannten Stelle Kooperationsvereinbarungen schließen. Der Antragstellung sind zumindest Absichtserklärungen (Letters of Intent) aller kooperierenden Schulen beizufügen, die auch die jeweilige Zahl der voraussichtlich beteiligten Schülerinnen und Schüler enthalten müssen. In den Kooperationsvereinbarungen sind die mit der Potenzialanalyse und den praxisorientierten BO-Tagen verbundenen Leistungen des Trägers zu beschreiben. Seitens der beteiligten Schulen ist eine angemessene Vor- und Nachbereitung der Berufsorientierungsmaßnahme zuzusagen. Die beteiligten Schulen sollen zudem bestätigen, dass

  • die BO-Maßnahme (Potenzialanalyse und praxisorientierte BO-Tage) sich in das schulische BO-Konzept einpasst,
  • zur Dokumentation des BO-Prozesses ein Dokumentationsinstrument wie beispielsweise der Berufswahlpass oder die Berufswahlapp (bwapp) eingesetzt wird,
  • die Ergebnisse der Potenzialanalyse im schulischen Prozess zur individuellen Förderung einschließlich der Berufseinstiegsbegleitung (soweit für die jeweilige Schule zutreffend) und die Ergebnisse der BO-Maßnahme insgesamt im weiteren BO-Prozess der Jugendlichen genutzt werden, soweit dies datenschutzrechtlich möglich ist,
  • es sich bei der BO-Maßnahme (Potenzialanalyse und praxisorientierte BO-Tage) um eine Schulveranstaltung handelt.


In den Kooperationsvereinbarungen ist die Anzahl der Schülerinnen und Schüler aufzuführen, für die Potenzialanalysen und praxisorientierte BO-Tage vorgesehen sind.


4.6 Bund-Land-Vereinbarung


Im Rahmen der Bund-Land-Vereinbarung werden die Zuwendungsvoraussetzungen nach den Nummern 4.1 bis 4.5 als Qualitätsmaßstab herangezogen. Abweichungen von diesen Zuwendungsvoraussetzungen müssen durch ergänzende Maßnahmen im jeweiligen Landeskonzept begründet werden, wobei der in Nummer 1.1 beschriebene Zuwendungszweck unverändert bleibt.


5 Art, Umfang und Höhe der Zuwendungen


5.1 Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss im Wege der Projektförderung als Festbetragsfinanzierung bewilligt. Eine Zuwendung erfolgt nicht, sofern das BMBF anderweitige Vereinbarungen mit einzelnen Ländern getroffen hat oder die Maßnahmen sich nicht in vorhandene Landeskonzepte einfügen.

Die Bundesmittel können erstmalig nach Abschluss der Potenzialanalyse in entsprechenden Teilbeträgen zur Auszahlung angefordert werden. Die Bundesmittel für die praxisorientierten BO-Tage können nach vollständiger Durchführung (einschließlich der Feedbackgespräche) angefordert werden.


5.2 Der Bewilligungszeitraum für Maßnahmen nach Nummer 2.1 beginnt grundsätzlich am 1. Januar des auf die Antragstellung folgenden Jahres und endet mit Ablauf des 31. August des darauffolgenden Jahres.


5.3 Die Durchführung der BO-Maßnahmen wird aus Mitteln des BMBF wie folgt erstattet:

  • Vor- und Nachbereitung in der Schule:
    35 Euro je Schülerin/Schüler (TN)
  • Potenzialanalyse:
    180 Euro je Schülerin/Schüler
  • Praxisorientierte BO-Tage:
    35 Euro je Schülerin/Schüler je Tag (Sek I)
    38 Euro je Schülerin/Schüler je Tag (Gymn. + Sek II)
  • Individuelles 1:1 Reflexionsgespräch:
    35 Euro je Schülerin/Schüler


Die Abrechnung der praxisorientierten BO-Tage erfolgt taggenau. Voraussetzung für eine Auszahlung ist, dass bei einer geplanten Durchführung von bis zu sechs praxisorientierten BO-Tagen mindestens drei dieser BO-Tage erfolgreich absolviert wurden. Bei einer tatsächlichen Teilnahme von weniger als drei praxisorientierten BO-Tagen ist keine Förderung/Abrechnung möglich.


Bei einer geplanten Durchführung von sieben und mehr praxisorientierten BO-Tagen sind mindestens fünf Tage erfolgreich zu absolvieren. Bei einer tatsächlichen Teilnahme von weniger als fünf Tagen ist keine Förderung/Abrechnung möglich.


Die weiteren Ausgaben sind durch Eigenmittel des Antragstellers oder durch Drittmittel zu decken. Dabei sind solche nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch ausgeschlossen.


Die Maßnahmen sind kostenfrei anzubieten. Eine Kostenbeteiligung von Schülerinnen und Schülern oder Dritten (Eltern/Schule) ist unzulässig.


Sofern vor Beginn der durch diese Richtlinien geförderten praxisorientierten BO-Tage eine den Qualitätsstandards gemäß Nummer 4.1 entsprechende Potenzialanalyse nachweislich bereits innerhalb der vorangegangenen zwölf Monate durchgeführt wurde oder durch ein Landesprogramm durchgeführt wird oder wurde, entfällt der Zuschuss des BMBF für die Potenzialanalyse.


Die Förderung der Potenzialanalyse kann nicht separat, d. h. ohne sich anschließende praxisorientierte BO-Tage, beantragt werden.


Sollte in Einzelfällen nur eine Potenzialanalyse durchgeführt worden sein und die praxisorientierten BO-Tage nicht begonnen oder fortgesetzt werden, trägt das BMBF hierfür 180 Euro.


5.4 Eine Förderung nach diesen Richtlinien kann in der Regel nur einmalig pro Schülerin bzw. Schüler erfolgen. In Kombination mit anderen BO-Maßnahmen erfolgt die Förderung nur, wenn eine Verzahnung der Maßnahmen im Sinne des Bildungsketten-Gedankens dargelegt wird und es nicht zu einer Doppelung gleichgerichteter Maßnahmen kommt.


5.5 Die beantragten BO-Maßnahmen müssen mit den Förderinstrumenten der Bundesagentur für Arbeit und der Grundsicherungsträger abgestimmt sein. Eine Förderung nach diesen Richtlinien ist für Schülerinnen und Schüler solcher Klassen beteiligter Schulen ausgeschlossen, in denen gleichgerichtete Maßnahmen nach dem SGB III durchgeführt werden. Eine Erklärung, dass keine gleichgerichteten Maßnahmen nach dem SGB III durchgeführt werden, ist dem Antrag beizufügen.


5.6 Der auf ein Land entfallende Anteil an den Fördermitteln des Bundes orientiert sich am Landesanteil bezogen auf die bundesweite Zahl von Schulabgängerinnen und -abgängern ohne Hauptschulabschluss gemäß den aktuellen jährlichen Zahlen des Statistischen Bundesamtes.


6 Sonstige Zuwendungsbestimmungen, Mitwirkungspflichten


6.1 Bestandteil des Zuwendungsbescheids werden die Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Ausgabenbasis des BMBF zur Projektförderung (NABF).


6.2 Der Zuwendungsempfänger ist verpflichtet,


6.2.1 in geeigneter Weise bei Ausschreibungen, Bekanntmachungen, Veröffentlichungen und Ähnlichem darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen dieses Programms durchgeführten Maßnahmen vom BMBF finanziell gefördert werden,


6.2.2 auch nach Ablauf der Maßnahme bei der Evaluierung, insbesondere bei den Verlaufs- und Verbleibstudien, unentgeltlich mitzuwirken und dem BMBF und/oder der Bewilligungsbehörde die entsprechenden hierfür benötigten Angaben bis zum Ablauf von vier Jahren nach Ende des Bewilligungszeitraums zur Verfügung zu stellen,


6.2.3 vor Beginn der Maßnahmen die Namen und Anschriften sowie während der Maßnahmen die Einverständniserklärungen derjenigen Schülerinnen und Schüler und ihrer gesetzlichen Vertreter zu erfassen, die mit der Weitergabe dieser Daten zum Zwecke von Nachbefragungen und zur Teilnahme an den Nachbefragungen einverstanden sind. Die Nachbefragungen erfolgen ausschließlich im Auftrag des BMBF und/oder der Bewilligungsbehörde. Sie betreffen die Auswirkungen der Maßnahmen dieses Programms auf die spätere Wahl der Betriebspraktika und die Berufswahlentscheidung.


Die Namen und Anschriften sind dem BMBF und/oder der Bewilligungsbehörde auf Anforderung bis zum Ablauf von vier Jahren nach Ende des Bewilligungszeitraums zur Verfügung zu stellen.


6.3 Der Zuwendungsempfänger ist verpflichtet, bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten sowie bei der Weitergabe dieser Daten die jeweils geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften einzuhalten.


6.4 Der Zuwendungsempfänger erklärt sich damit einverstanden, im Rahmen von Programmveröffentlichungen von Seiten des BMBF und der Bewilligungsbehörde namentlich und inhaltlich erwähnt zu werden. Dies ist auch mit Kooperationspartnern im Vorfeld sicherzustellen.


7 Verfahren


Mit der Durchführung des Programms wird das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) gemäß § 90 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe f des Berufsbildungsgesetzes als Bewilligungsbehörde beauftragt.


7.1 Verfahren für Anträge nach Nummer 2.1:


7.1.1 Förderanträge können im Jahr 2023 in der Zeit vom 1. April bis einschließlich 1. Juni gestellt werden.


Ab den Jahren 2024 ff. können Förderanträge in jedem Jahr in der Zeit vom 1. Januar bis einschließlich 1. März gestellt werden.


Sollten mit den bis zum Ablauf der regulären Antragsfrist eingegangenen Förderanträgen insgesamt weniger Mittel beantragt werden, als hierfür zur Verfügung stehen, kann das BIBB in Abstimmung mit dem BMBF die Frist um bis zu drei Monate verlängern.


Förderanträge sind beim BIBB über das Online-Portal des Programms zu stellen (www.bop-portal.de). Haben Antragssteller nicht die Möglichkeit, Anträge formgerecht vollständig elektronisch einzureichen, ist zur Fristwahrung außerdem eine formgerechte und rechtsverbindlich unterschriebene Papierfassung spätestens mit Poststempel 1. Juni (für das Jahr 2023) bzw. 1. März (für die Jahre 2024 ff.) einzureichen (Postfach 20 12 64, 53142 Bonn). Verspätet eingegangene Anträge können ggf. nicht berücksichtigt werden. Die Anträge müssen eine Projektskizze unter Berücksichtigung der Zuwendungsvoraussetzungen in Nummer 4 enthalten. Die Vorgaben des BOP-Portals sind zu berücksichtigen.


Eine rückwirkende Förderung bereits begonnener Maßnahmen ist ausgeschlossen. Das BIBB benennt der zuständigen obersten Landesbehörde die geförderten Träger und die beteiligten Schulen.


7.1.2 Auswahlverfahren: Fristgerecht eingegangene Anträge werden zunächst auf die Erfüllung der in den Nummern 2 bis 4 genannten Fördervoraussetzungen geprüft. Anträge, die die formalen Förderkriterien bzw. die wesentlichen Zuwendungsvoraussetzungen nicht erfüllen, werden abgelehnt. Bei grundsätzlich förderfähigen, jedoch in Teilen unvollständigen Anträgen kann eine Nachreichungsfrist eingeräumt werden. Unter den förderfähigen Anträgen aus den einzelnen Ländern wird zuerst folgende Rangfolge erstellt:


Es erfolgt eine Rangfolge nach:

  • Eignung des Trägers,
  • schlüssiges Gesamtkonzept im Hinblick auf die Ziele des Programms,
  • Qualifikation des Personals,
  • Ausgestaltung der Potenzialanalyse,
  • Ausgestaltung der praxisorientierten BO-Tage,
  • Gruppengröße bei den praxisorientierten BO-Tagen,
  • Gestaltung der Kooperation mit den Schulen und Eltern,
  • Ausgestaltung der Persönlichen Begleitung,
  • Ausgestaltung von Feedback und Reflexion,
  • Nachhaltigkeit.


Das Bewertungsverfahren wird auf der Internetseite des Programms erläutert.


7.1.3 Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheids und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die §§ 23, 44 BHO und die hierzu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften sowie die §§ 48 bis 49a des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes, soweit nicht in diesen Richtlinien Abweichungen zugelassen sind.


7.2 Bund-Land-Vereinbarungen, die zur Entwicklung und Einführung eines Landeskonzepts für den Übergang Schule – Beruf nach dem Ansatz der Bildungsketten-Initiative geschlossen werden, können ein von der Nummer 7.1 abweichendes Verfahren regeln. Dabei sollte vorgesehen werden, die Förderanträge über eine vom Land benannte geeignete Stelle als Sammelantrag an das BIBB zu richten.


7.3 Der Bundesrechnungshof ist gemäß des § 91 BHO zur Prüfung berechtigt.


8 Geltungsdauer


Diese Richtlinie tritt am 1. Januar 2023 in Kraft und gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026. Sie ersetzt die Richtlinie für die Förderung der Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten vom 23. Oktober 2019. Sie gilt für Anträge, die nach dem 31. Dezember 2022 eingereicht werden. Für vorher eingereichte Anträge gilt die zum Zeitpunkt der Bewilligung geltende Richtlinie für die Förderung der Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten.


Bonn, den 12. Dezember 2022

Bundesministerium für Bildung und Forschung

Im Auftrag
Dr. Ingo Böhringer