Navigation und Service

Logo Bundesministerium für Bildung und Forschung

Neue Züchtungstechniken : , Thema: FAQ

Gezielte Veränderungen des Erbguts von Nutzpflanzen mittels Genom-Editierung können helfen, die globale Versorgung mit Nahrungsmitteln zu sichern. Mehr über diese neuen Werkzeuge und ihre Möglichkeiten in unseren FAQ.

Weizenfeld © Thinkstock

Dank der sogenannten Neuen Züchtungstechniken (NZT) könnten Nutzpflanzen ertragreicher werden, resistenter gegen Schäden durch Hitze, Dürre oder Pilzbefall – wichtige Faktoren in einer von Klimawandel und Krieg gebeutelten Welt. All dies ist mit ihnen schneller und ressourcenschonender möglich, als die konventionelle Pflanzenzüchtung es erlaubt. Doch bisweilen herrscht noch viel Unklarheit in der Gesellschaft darüber, wie diese NZTs genau funktionieren, wie sie sich von traditioneller Züchtung unterscheiden, und ob sie ungeahnte Risiken bergen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema haben wir hier zusammengetragen:

Was sind Neue Züchtungstechniken und wie funktionieren sie?

Unter den sogenannten Neuen Züchtungstechniken versteht man die Anwendung von Methoden der Genom-Editierung (hier finden Sie unsere FAQ zu Genom-Editierung) bei Pflanzen. Mit diesen Methoden kann die DNA, also das Erbgut, an einer bestimmten Stelle (der Zielsequenz) zunächst geschnitten und anschließend repariert werden, um eine gewünschte Mutation zu erzielen. 

Im Fall von CRISPR/Cas9 führt ein Stück RNA, die sogenannte Guide-RNA, das „Schneide“-Enzym (das Cas9-Protein) an eine Zielsequenz in der DNA und das „Schneide“-Enzym durchtrennt den DNA-Strang an dieser Stelle. Pflanzeneigene Enzyme reparieren anschließend den Schnitt wieder, wodurch eine Mutation entsteht und damit das entsprechende Gen verändert oder inaktiviert wird. Damit können also gezielt Orte im Genom verändert werden, ohne dabei Fremdgene aus anderen Arten zu übertragen. Neben dem veränderten Merkmal bleiben die ursprünglichen Eigenschaften der Pflanze dabei erhalten. Neben der direkten Veränderung von Genen erlauben die Neuen Züchtungstechniken es auch, Gene gezielt aus- oder anzuschalten.

Daneben besteht, wie bei der klassischen Gentechnik, die Möglichkeit, dass eine definierte DNA-Sequenz (Fremdgene) eingeführt wird.  

Neben CRISPR/Cas9 gehören weitere Werkzeuge zu den Neuen Züchtungstechniken, wie die TALEN-Technologie oder die Nutzung von Zinkfinger-Nukleasen.

Wie unterscheiden sich Neue Züchtungstechniken von traditioneller Züchtung?

Die Pflanzenzüchtung beruht auf der Erzeugung von genetischer Variation und der Auswahl derjenigen Pflanzen, die im Hinblick auf ein bestimmtes Merkmal (z. B. Ertrag, Widerstandsfähigkeit gegen Dürre) gewünscht Eigenschaften zeigen. Für die Erzeugung von genetischer Variation setzt die traditionelle Pflanzenzüchtung auf natürliche Mutationen sowie auf den Einsatz hochenergetischer Strahlung (gegebenenfalls Radioaktivität) und Chemikalien (Mutationszüchtung), um Mutationen in der gesamten Pflanze zu erzeugen. Dies geschieht zufällig und somit ungerichtet an zahlreichen Stellen im Genom.

Mit den Neuen Züchtungstechniken können die Mutationen gezielt an spezifischen und vorher ausgewählten Positionen bzw. Genen und Allelen im Genom einer Pflanze erzeugt werden. Damit spart sich die Züchtung viele Jahre an Selektionsschritten, und unerwünschte Mutationen können vermieden werden.

Was sind die Risiken im Vergleich zu traditioneller Züchtung ?

Die Wissenschaftsgemeinschaft ist sich einig, dass Neue Züchtungstechniken keine neuen Risiken gegenüber der traditionellen Züchtung mit sich bringen. Dies wurde durch die Stellungnahme der nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, sowie unabhängig durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) dargelegt. Da die Neuen Züchtungstechniken auch ohne die Übertragung von Fremdgenen auskommen, besteht lediglich das geringe Risiko der Erzeugung von Mutationen an unerwünschten Orten. Dieses Risiko besteht jedoch auch bei der traditionellen Mutationszüchtung und in einem wesentlich größeren Ausmaß, da hierbei Mutationen an unzähligen Stellen des Pflanzengenoms zufälligerweise erzeugt werden.

Warum brauchen wir die neuen Züchtungstechniken?

Neue Züchtungstechniken sind neben der traditionellen Züchtung ein zusätzlicher Weg, um unsere Nutzpflanzen besser an ihre Standorte anzupassen. Das geschieht auch mit Blick auf die Herausforderungen der Zukunft, wie z. B. den Klimawandel. Sie können dazu beitragen, auf einer kleineren Fläche mehr Pflanzenproduktion zu erreichen und damit unsere Ernährung zu sichern und auch der Umwelt und Biodiversität mehr Raum zu geben.

Außerdem können wir mithilfe des Einsatzes von Neuen Züchtungstechniken unsere Landwirtschaft nachhaltiger gestalten, indem bereits bestehende Sorten widerstandsfähiger gegen Krankheiten gemacht werden. Eine weitere Stärke der Neuen Züchtungstechniken ist die Aussicht bereits etablierte Sorten mit all ihren Merkmalen zu erhalten und mit einer zusätzlichen Eigenschaft weiter zu verbessern. So könnten vorhandene Sorten resistenter gemacht werden, um mit weniger Pestiziden angebaut werden zu können. Eine solche Eigenschaft kann zum Beispiel eine Pilzresistenz in der beliebten Rebsorte Riesling sein, die aktuell mit einer großen Menge an Fungiziden behandelt werden muss, im konventionellen wie im ökologischen Landbau. Mit traditionellen Methoden der Pflanzenzüchtung dauert die Züchtung einer solchen pilzresistenten Rebsorte 10 bis 20 Jahre. Mit Neuen Züchtungstechniken könnte eine Pilzresistenz innerhalb von zwei bis drei Jahren durch ggf. eine einzige gezielte Mutation erzielt werden, ohne dabei die grundsätzlichen Eigenschaften der alten Sorte zu verändern.

Warum sind Neue Züchtungstechniken in Deutschland noch nicht in der breiten Anwendung?

Da Pflanzen oder Produkte, die mittels der Neuen Züchtungstechniken erzeugt wurden, in den Anwendungsbereich des strengen EU-Gentechnikrechts fallen, entstehen hohe Kosten und administrative Hürden bei der Zulassung, die eine praktische Anwendungsperspektive in absehbarer Zeit nicht als realistisch erscheinen lassen.

Solche Pflanzen müssen den teuren und langwierigen Zulassungsprozess des Gentechnikrechts durchlaufen. Dies bedeutet auch, dass dann Nachweisverfahren erforderlich sind, mit denen die NZT-Pflanzen sicher identifiziert werden können.

Pflanzen, die mit Neuen Züchtungstechniken erzeugt wurden, müssten eindeutig identifiziert werden können. Zudem müsste belegt werden, dass diese Veränderungen durch Neue Züchtungstechniken erzeugt wurden. Solche Nachweis- und Identifizierungsverfahren, um mittels NZT erzeugte Organismen von konventionell gezüchteten Pflanzen zu unterscheiden, sind derzeit technisch nicht möglich.

Dies und die mangelnde Akzeptanz tragen dazu bei, dass trotz einiger erfolgversprechender Ergebnisse der Grundlagenforschung, die in Laboren und Gewächshäusern erforschten Pflanzen im Freiland nicht weiter erforscht werden. Gerade ein solcher Anbau im Freiland muss aber erfolgen und auch praktisch möglich gemacht werden, damit derartige Pflanzen in der jeweiligen Anbauregion untersucht und bewertet werden können.

Sie haben Fragen zu anderen Themen?

Ob Bildung, Weiterbildung oder Forschung: All unsere FAQ finden Sie unter www.bmbf.de/FAQ. Dort beantworten wir häufig gestellte Fragen zu unseren Themen.