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Forschung unterstützt Reha bei Schlaganfällen : Datum: , Thema: Eurostars

Mit einem neu entwickelten smarten Fahrrad-Pedal können neurologisch Erkrankte gezielter behandelt werden.

Ergometer © Adobe Stock / CMP

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts sind Schlaganfälle die häufigste Ursache für Behinderungen im Erwachsenenalter in Deutschland. Vor allem halbseitige Lähmungen sind weit verbreitet. Für Betroffene ist es sehr wichtig, nach einem Schlaganfall ihre Motorik und Koordination gezielt zu trainieren. Deshalb hat ein Forschungsteam im Eurostars-Projekt „CR3PES“ ein System entwickelt, das die Rehabilitation von Patientinnen und Patienten unterstützt. Das Herzstück dabei: ein smartes Fahrrad-Pedal, das die Krafteinwirkung in Echtzeit-Audio-Signale übersetzen kann – und so dabei hilft, die Qualität der Bewegung zu verbessern.

„Wir wollten vor allem die Kräftebalance zwischen dem linken und dem rechten Bein besser einschätzen“, sagt die Sportwissenschaftlerin Nina Schaffert von der Universität Hamburg. „Das smarte Pedal macht es möglich, einseitige Belastungen sehr präzise zu erkennen. So können Menschen nach einem Schlaganfall gezielt ihr beeinträchtigtes Bein trainieren.“

Ein System aus Pedal mit Sensoren und App

Dafür kombiniert das deutsch-schweizerische Team drei technologische Ansätze: Sensorik, Sonifikation und Gamification. Im Mittelpunkt steht ein Pedal, das mit Sensoren ausgestattet ist. Diese messen die Krafteinwirkung des linken und des rechten Beins über den gesamten Trittzyklus hinweg. Das Pedal kann an alle gängigen Ergometer und Fahrräder montiert werden.

Das Besondere an dem System ist das Audio-Feedback, das die Nutzerinnen und Nutzer in Echtzeit erhalten. Dahinter steht das Prinzip der Sonifikation („Verklanglichung“). Es ordnet den Messdaten Töne in unterschiedlichen Höhen und Tiefen zu. Dafür übertragen die Pedale die Daten zunächst via Bluetooth an eine Tablet-App. Diese erzeugt daraus Tonfolgen die jeweils der Krafteinwirkung des linken und rechten Beins entsprechen. Über Kopfhörer erhält die Nutzerin oder der Nutzer das Audio-Feedback in Echtzeit. Die vertonte Krafteinwirkung des linken Beins ist dabei im linken Ohr und jene des rechten Beins im rechten Ohr zu hören. Dies ermöglicht es den Trainierenden, ihre Trittbewegungen zu verbessern. Und das in zweifacher Hinsicht: Die Tonhöhe gibt Auskunft darüber, ob die Trittstärke angeglichen werden sollte. Rhythmische Töne helfen dabei, den gesamten Bewegungsablauf gleichmäßig zu halten.

Dank Gamification unterstützt die App zusätzlich die Motivation der Trainierenden. Bei einem eigens entwickelten Computerspiel können die Patientinnen und Patienten Münzen sammeln, die sie mit einem Lenkdrachen ansteuern. Je nach Krafteinwirkung auf das jeweilige Pedal steuert dieser nach links oder rechts. Das Ziel ist es, den Drachen in Balance zu halten. Auch das fördert die gleichmäßige Muskelaktivität beider Beine. Das trägt dazu bei, die Körperbalance im Alltag zu stabilisieren.

Anwendung in der Rehabilitation – und künftig auch im Leistungssport

Das Ergebnis des „CR3PES“-Projekts ist ein voll funktionsfähiger Prototyp, der aus einem smarten Pedal und einer App besteht. Während der Projektlaufzeit konnte das Forschungsteam seinen Prototypen erfolgreich mit Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten testen. Die Expertin Schaffert betont: „Aber auch bei anderen neurologischen Erkrankungen, wie etwa bei Parkinson, kann das Pedal eingesetzt werden. Es hilft auch bei orthopädischen Erkrankungen an den unteren Extremitäten, also vom Becken bis zum Fuß. Zudem können Personen nach einer Operation für ein künstliches Knie- oder Hüftgelenk bei der Rehabilitation unterstützt werden.“

Das CR3PES-Projekt

Der Kurztitel „CR3PES“ steht für „Cycling for Rehabilitation with 3D-Force-Measuring Pedal and Sonification Feedback”. In dem Eurostars-Projekt entwickeln Partner aus Deutschland und der Schweiz ein smartes Pedal. Das mittelständische Unternehmen BeSB GmbH aus Berlin hat seine Expertise in der Schall- und Schwingungstechnik in das Projekt eingebracht. Das Institut für Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg war als wissenschaftlicher Partner beteiligt. 

Darüber hinaus ist auch der Leistungssport ein möglicher Anwendungsbereich. Die Projektergebnisse sind eine gute Grundlage für wissenschaftliche Datenanalysen im Radsport. „Speziell im Triathlon gibt es bereits Interesse, weil Athletinnen und Athleten darüber ihre Tritttechnik verbessern möchten“, freut sich die Sportwissenschaftlerin Schaffert.