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Olivenleder – allergenfrei, ökologisch, nachhaltig : Datum: , Thema: Europa und die Welt

10 Jahre Eurostars: Im ersten Projekt des Förderprogramms wollten Forschende ein Gerbverfahren für Leder entwickeln, das ohne schädliche Chemikalien auskommt. Ihre Idee, olivenblattgegerbtes Leder, war bereits nach fünf Jahren marktreif.

Im ersten Eurostars-Projekt, dass ab 2008 vom BMBF gefördert wurde, haben deutsche Unternehmen zusammen mit spanische Partnern ein patentiertes Gerbverfahren entwickelt, das umwelt- und gesundheitsschädliche Gerbchemikalien vollständig vermeidet.
Im ersten Eurostars-Projekt haben deutsche Unternehmen gemeinsam mit spanischen Partnern ein umweltfreundliches Gerbverfahren entwickelt und industrialisiert. © wet-green GmbH

Arsen, Blei, Quecksilber, krebserregendes Chromat: Leder ist durch den Gerbprozess, der für seine Herstellung notwendig ist, oft mit Giftstoffen belastet. Denn auf ein Kilogramm Leder kommen in der Produktion zwei Kilogramm Chemikalien. Und diese verbleiben teilweise im Leder – und können bei Hautkontakt auf den Menschen übergehen. Im Jahr 2008 machten sich daher deutsche Firmen gemeinsam mit spanischen Partnern auf die Suche nach einem alternativen, umweltverträglichen Gerbmittel. Fündig wurden sie im „Biomüll“: Im Eurostars-Projekt „E! 4379 TANIXING“ entwickelten sie ein Verfahren, das beim Gerben ausschließlich die natürlichen Inhaltsstoffe von Olivenblättern nutzt.

10 Jahre Eurostars

Das Eurostars-Programm selbst blickt zu seinem 10-jährigen Jubiläum auf ein Jahrzehnt erfolgreicher Arbeit zurück. Als gemeinsames Förderprogramm von EUREKA und der Europäischen Kommission hat die Initiative in Deutschland bereits über 400 Kooperationsprojekte und 650 Teilnehmer mit insgesamt rund 140 Millionen Euro bei der Entwicklung von Innovationen unterstützt. Ziel von Eurostars ist es, kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) für eine europäische Zusammenarbeit in Forschungs- und Entwicklungsprojekten zu motivieren und damit deren internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die besondere Attraktivität von Eurostars liegt nicht nur in der nationalen Förderung. Die Unternehmen schätzen auch die Flexibilität bei der Zusammensetzung des Konsortiums, die Technologieoffenheit sowie die Marktnähe. Damit bietet Eurostars kleinen und mittleren Unternehmen eine Fördermöglichkeit, die von keinem anderen Forschungsförderprogramm abgedeckt wird.

Das ökologische Problem bei der Ledergerbung

85 Prozent aller weltweit produzierten Lederwaren werden derzeit mit Chrom-III-Salzen gegerbt. Mithilfe dieses Metallsalzes gelingt es, die verderblichen Tierhäute in ein geschmeidiges, stabiles und beliebig färbbares Material umzuwandeln. Doch bei allen Vorteilen: Die Chemikalie birgt Gefahren für Umwelt und Gesundheit. Zudem sind das behandelte Leder sowie Lederreststoffe aus der Produktion aufgrund des (Schwer-)Metallgehalts ungeeignet für einen biologischen Kreislauf. Auch eine vor etwa drei Jahrzehnten aufgekommene chromfreie Alternative erbrachte keinen entscheidenden Durchbruch in der Nachhaltigkeit. Denn dabei kommt eine toxische Reaktivchemikalie mit stark ätzender Wirkung zum Einsatz, die zudem – wie alle anderen synthetischen Alternativprodukte – aus fossilen Rohstoffen erzeugt wird.

wet-green gegerbte Lederhäute
Der im Projekt entwickelte Gerbstoff wird aus Blättern von Olivenbäumen gewonnen. © wet-green GmbH

Olivenblätter als umweltfreundliches Gerbmittel

Auf der Suche nach einem unbedenklichen Gerbmittel stieß das deutsche Unternehmen „N-Zyme BioTec“ bereits 2006/2007 auf wertvollen „Biomüll“ mit ungeahntem Potenzial: Pro Jahr fallen allein im Mittelmeerraum 30 Millionen Tonnen Oliven-Reststoffe an. Und deren Entsorgung stellt wiederum eine Umweltbelastung dar. Denn üblicherweise verbrennen die Bauern die Olivenblätter, die etwa zehn Prozent des Erntegewichtes ausmachen. Gemeinsam mit weiteren deutschen sowie zwei spanischen Partnern entwickelte „N-Zyme BioTec“ die Idee der umweltschonenden Olivengerbung. „Dank der Förderung des Eurostars-Projektes konnten wir die Forschungsergebnisse recht zügig in ein marktfähiges Produkt umsetzen“, erinnert sich Heinz-Peter Germann, einer der Pioniere unter den Forschungspartnern.

Von der Idee zum Produkt in nur fünf Jahren

Von der Idee zum Produkt dauerte es nur fünf Jahre. Mithilfe des neuen Verfahrens wird aus Olivenblättern – ähnlich wie bei der Zubereitung von Tee – ein natürlicher Gerbstoff gewonnen. Theoretisch könnten allein mit der Olivengerbung bis zu 40 Prozent der weltweiten Weltlederproduktion abgedeckt werden. „Unser Gerbverfahren hat das Potenzial, die weltweite Lederproduktion in eine nachhaltige, gesunde und verantwortungsvolle Zukunft zu führen“, sagt Chemiker Germann.

Seit 2012 hilft eine Firmenausgründung mit dem Namen „wet-green GmbH Innovationszentrum Leder & Kollagen“ bei der gezielteren Vermarktung des Produktes. Noch kostet das olivenblattgegerbte Leder allerdings 10 bis 20 Prozent mehr als herkömmliches Leder. Doch vor allem in Europa sind mehr und mehr Kunden bereit, für den Umweltschutz tiefer in die Tasche zu greifen. Ein deutscher Autobauer nutzt das Leder bereits für seine Autositze. Für Germann ist das allerdings kein Grund, sich auszuruhen: „Wir wollen den gesamten Prozess der Lederherstellung noch nachhaltiger machen. Dazu gehören unter anderem auch Füll- und Nachgerbstoffe sowie Farben, wo wir auf nachwachsende Rohstoffe zurückgreifen wollen“, sagt er.