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Karliczek: Der Wunsch nach mehr Zusammenhalt und einem starken ‘Wir-Gefühl’ macht Mut für die Zukunft : Datum: Pressemitteilung: 128/2020

Foresight-Studie zeigt, was den Menschen heute und in Zukunft wichtig ist

Der Wunsch nach mehr Zusammenhalt, einer gerechteren Gesellschaft und einem neuen „Wir-Gefühl“ prägt Deutschland in Gegenwart und Zukunft. Beinahe 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger geben an, dass soziale und gemeinschaftliche Werte zukünftig in unserer Gesellschaft einen höheren Stellenwert einnehmen sollten. Dies ergab die neue „Wertestudie“, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Strategischen Vorausschau in Auftrag gegeben wurde und deren Zahlen vor der Pandemie erhoben wurden. Zu der Studie erklärt Bundesforschungsministerin Anja Karliczek:

„In einer Welt, die sich immer schneller verändert, wünschen sich die Menschen mehr Zusammenhalt. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass eine Gesellschaft zusammenhält, und die Menschen aufeinander Rücksicht nehmen. Das stärkere Wir-Gefühl, das sich die Menschen für die Zukunft nach der Studie grundsätzlich wünschen, macht Mut für die Zukunft der Gesellschaft und die Zukunft unseres Landes.

Denn in der Umfrage wird nicht nur dieser Wunsch nach Zusammenhalt geäußert, auch schon heute hat ein enges Miteinander für die Menschen einen ganz hohen Stellenwert. Ungebrochen und über unterschiedliche sozioökonomische Hintergründe hinweg, sind den Menschen in unserem Land vor allem soziale Kontakte, Familie und Freunde wichtig. Auch wenn es um die Vermittlung von Werten geht sind Eltern, Freundschaften, Partnerschaften, Schule und Arbeitswelt immer noch die wichtigsten Instanzen, die Orientierung vermitteln. Es sind damit offenbar meist nicht die Influencer oder Trendsetter im Netz. Im Gegenteil: Dort, wo wir uns nahestehen und gemeinsam lernen und arbeiten, ist der Zusammenhalt groß. Deutlich wird aber auch, wie sensibel die Menschen bei diesem Thema sind, weil sie auch große Sorgen um den Zusammenhalt äußern.

Dieses Werteverständnis ist eine gute Basis für den gesellschaftlichen Zusammenhalt auch in der Zukunft und damit für die Stabilität der Gesellschaft. Solidarität steht bei den Menschen ganz weit oben. Diese Feststellung widerspricht Aussagen, in denen immer wieder von den neuen Fliehkräften in der Gesellschaft die Rede ist. Egoismus wird kritisch gesehen, stattdessen wird die Steigerung der Hilfsbereitschaft als ein lohnenswertes Ziel gesehen sowie mehr Solidarität und Zusammenhalt gewünscht. Geld und Materialismus sollten eine geringere Bedeutung haben. Dies kann auch als Fingerzeig für die Berufswelt der Zukunft gesehen werden. Einkommensunterschiede sollen auch kleiner werden. Wie unsere Welt aussehen könnte, je nachdem welche Werte in der Gesellschaft am wichtigsten sind, zeigt die Studie in verschiedenen Zukunftsszenarien – was könnte hier auf uns zu kommen?

Gefreut hat mich, dass die Menschen Wissenschaft und Forschung einen hohen Stellenwert zumessen und überwiegend der Meinung sind, Wissenschaft und Forschung könnten dazu beitragen, die Gesellschaft positiv zu gestalten. Dass der Wunsch nach mehr Solidarität nicht bedeutet, dass die Menschen sich zurückziehen und nur auf dem Status Quo beharren, zeigt sich an einem anderen Befund: Die Bürgerinnen und Bürger sind der Meinung, dass sich die Politik mehr um Zukunftsthemen kümmern muss. Ich sehe dies als Ansporn, dass wir Bildung und Forschung aktuell noch mehr in den Fokus der Politik rücken müssen und in Zukunft noch mehr in die Zukunftsthemen investieren sollten.“


 

Hintergrund:

Weitere bemerkenswerte Ergebnisse: Anders als Familie und Freundschaften scheinen Soziale Medien keine dominante Rolle bei der Wertevermittlung zu spielen. In den persönlichen Lebenszielen gibt es einen Trend hin zu einer „individualisierten-gemeinschaftsbezogenen Wertewelt“: Die Gemeinschaft gewinnt an Bedeutung, aber nicht zulasten des Individuellen.

Selbstbestimmung und -verwirklichung und gemeinschaftsbezogenes Handeln werden nicht als Gegensatz verstanden. Gemeinschaftsorientierte Werte genießen also einen hohen Stellenwert, gleichzeitig aber wird befürchtet, dass sich die heute abzeichnenden negativen Veränderungen fortsetzen werden und diese Werte in Zukunft erodieren.

Die Bedeutung von Werten, die ein bewusstes und achtsames Leben zum Ziel haben, wie Umweltschutz und Gesundheit, haben und behalten auch in Zukunft große Bedeutung. Erwerbsarbeit und Leistung bleiben zwar wichtig, erfahren aber eine Neuinterpretation: Materieller Wohlstand und Karriere im Beruf verlieren an Bedeutung, der sinnstiftende Aspekt von Arbeit wird in Zukunft wichtiger.

Über diese Empirie hinaus bildet die Entwicklung von sechs Szenarien die zweite Säule in der vorausschauenden Analyse. Die Szenarien beschreiben ein bewusst breites Spektrum möglicher Zukünfte. Sie bieten unterschiedliche Bühnen, um sich verschiedene gesellschaftliche Werteentwicklungen vorzustellen: Werden wir in Europa zusammenhalten oder uns gegen den Rest der Welt abschotten? Wird Leistung und Erfolg in der Gesellschaft in Zukunft wichtiger oder bildet sich eher eine genügsamere, sinnstiftungsorientierte Gesellschaft heraus?

Diese und viele weitere Einblicke in die Zukunft der Wertevorstellungen der Bürgerinnen und Bürger gibt die erste große Studie innerhalb der Strategischen Vorausschau des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, mit der mögliche Zukünfte der 2030er Jahre beschrieben und analysiert werden.

Für die Studie wurden mehrere repräsentative Befragungen mit jeweils 1.300 Teilnehmenden durchgeführt und über 100 Studien ausgewertet sowie sechs Zukunftsszenarien mit unterschiedlichen Wertewelten entworfen. Durchgeführt wurde sie von den Unternehmen Z_punkt und Prognos, die gemeinsam als Zukunftsbüro die Strategische Vorausschau des BMBF umsetzen. Begleitet wird der Prozess durch den Zukunftskreis, bestehend aus 17 Expertinnen und Experten der unterschiedlichsten Richtungen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.