Parlamentarische Abend der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG)
Rede des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung Thomas Rachel, am 2. Februar 2015 in Berlin.

Rede des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung Thomas Rachel, am 2. Februar 2015 in Berlin.
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Gastgeber des heutigen Abends sind die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung, die sich dem forschungs- und gesundheitspolitisch sehr wichtigen Thema der Volkskrankheiten widmen. Wir werden immer älter - dank der sehr guten Gesundheitsversorgung in Deutschland. Das bedeutet aber nicht, dass automatisch alle Krankheiten zufriedenstellend behandelt werden können. Ganz im Gegenteil: Einige Meldungen müssen uns eher nachdenklich stimmen:
Die Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) berichtete erst kürzlich, dass jedes Jahr Millionen Menschen unnötigerweise an Zivilisationskrankheiten wie Herzinfarkt, Diabetes, Schlaganfällen oder Krebs sterben. Im Jahr 2012 seien laut UN-Experten allein 38 Millionen Menschen dadurch ums Leben gekommen. Fast die Hälfte, etwa 16 Millionen Menschen, starben noch vor dem 70. Lebensjahr. Im Jahr 2000 waren es noch rund 14,6 Millionen. Der Trend geht also klar nach oben. Viele dieser Todesfälle wären durch Prävention vermeidbar gewesen.
Diesen Entwicklungen wollen und können wir nicht tatenlos zusehen. Die Gesundheitsforschung kann wichtige Beiträge zur Überwindung oder zumindest Abmilderung leisten, u. a. indem Krankheitsursachen besser verstanden werden und Forschungsergebnisse aus dem Labor schneller in die medizinische Praxis überführt werden. Dieser Translation genannte Prozess steht als Grundgedanke hinter den Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung.
Die sind das Herzstück des 2010 verabschiedeten Rahmenprogramms Gesundheitsforschung der Bundesregierung. Seit der Gründung der ersten Zentren im Jahr 2009 wurden bereits wichtige Fortschritte im wissenschaftlich-strukturellen Aufbauprozess erzielt. Die in den einzelnen Zentren zusammengeführten, exzellenten universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben gegenseitiges Vertrauen aufgebaut und sich eine gemeinsame Identität erarbeitet, die mehr ist als die Summe aller Teile.
Grundlagenforscher, klinische Forscher, Bioinformatiker, Epidemiologen und Versorgungsforscher arbeiten zusammen. Sie eint das Ziel, neue Präventions- und Therapiemaßnahmen zu entwickeln und den Weg für eine stratifizierte und letztlich individualisierte Medizin zu bahnen.
Uns allen muss jedoch klar sein: Wir stehen hier am Anfang eines langen Weges. Fortschritte in der Gesundheitsforschung brauchen im Durchschnitt 10 bis 15 Jahre, um tatsächlich zum Wohle der Patienten versorgungswirksam eingesetzt werden zu können.
Mit dem Aufbau der DZG streben wir eine neue Qualität an. Möglich ist dies nur mit völlig neuen Kooperationsmöglichkeiten, einem besseren Zugang zu wissenschaftlichen Infrastrukturen und zusätzlichen finanziellen Ressourcen unter dem gemeinsamen Dach eines Deutschen Zentrums.
Es freut mich sehr, hier einige ausgewählte Beispiele für erste überzeugende Forschungsergebnisse anführen zu können. Diese belegen, welchen wichtigen Beitrag die Deutschen Zentren bereits jetzt leisten und vermitteln eine Vorstellung davon, wozu sie in der Zukunft noch in der Lage sind:
Alle diese positiven Beispiele dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass die Gesundheitsforschung bei der Übertragung von Erkenntnissen aus der Wissenschaft in die medizinische Praxis noch vor großen Herausforderungen steht. Denn immer noch gelingt es zu wenige, vielversprechende Ansätze aus der Forschung versorgungswirksam umzusetzen. Die akademische Forschung erzeugt ein wachsendes Angebot an innovativen
Ideen, Verfahren und Substanzen, die sich allerdings aus Sicht der Gesundheitsversorgung noch in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung befinden. Das Aufgreifen dieser Ideen würde ein zu hohes wirtschaftliches Risiko des Scheiterns mit sich bringen.
Um diese „valley of death“ genannte Lücke zwischen frühen und späten Phasen der Translation zu schließen, wurden u. a. die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung gegründet. Die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung sollen attraktiver Partner sowohl für die Industrie als auch für die Wissenschaft sein. Der
Bund und die beteiligten Länder unterstützen die Deutschen Zentren ab diesem Jahr jährlich mit insgesamt über 220 Millionen Euro. Der auf den Bund entfallende 90%ige Finanzierungsanteil wird im Wege einer institutionellen Förderung bereitgestellt.
Dies bietet für die in den Deutschen Zentren tätigen Wissenschaftler/innen ein Maß an Planungssicherheit, wie in der universitären Forschungslandschaft nur selten anzutreffen ist. Eine derartige Sicherheit steht nach unserer Auffassung ein besonderes Maß an Verantwortung der DZG gegenüber. Dies schließt auch die wissenschaftsgeleitete Weiterentwicklung der Deutschen Zentren ein.
Maßgebliches Instrument hierfür sind die externen wissenschaftlichen Evaluierungen jedes einzelnen Zentrums durch renommiert und international besetzte Gutachtergremien in den Jahren 2014 bis 2016. Die bisherigen Ergebnisse dieser Evaluierungen stimmen mich sehr positiv.
Die Deutschen Zentren für Herz-Kreislaufforschung (DZHK), Diabetesforschung (DZD) und Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) haben exzellent abgeschnitten, sowohl in wissenschaftlicher wie struktureller Hinsicht.
Gleichwohl haben die internationalen Gutachter wichtige Hinweise und Empfehlungen ausgesprochen, die die Zentren noch besser auf ihre zukünftigen Aktivitäten vorbereiten und ausrichten. Insgesamt ist die Resonanz auf die Leistung der DZG gerade auch international sehr positiv. Die Deutschen Zentren für Infektions- (DZIF) und
Lungenforschung (DZL) werden in diesem Jahr evaluiert. Das Deutsche Konsortium für translationale Krebsforschung (DKTK) folgt im Jahr 2016.
Ich beglückwünsche die in den Zentren aktiven Wissenschaftler/innen und Mitarbeiter/innen.
Es ist ihnen in kurzer Zeit gelungen, eine gute Verknüpfung präklinischer und klinischer Forschung bis hin zu neuen Konzepten für Diagnose und Therapie auf den Weg zu bringen. Sie haben große Studien an mehreren Standorten und zu verschiedenen Krankheitsbildern gestartet, die es so vorher nicht gab.
Gemeinsame wissenschaftliche Infrastrukturen, wie Biobanken und Kohorten sind etabliert oder in konkreter Planung.
Durch die Vereinheitlichung der hier geltenden Standards verbessern Sie den Austausch untereinander enorm, schaffen eine deutlich größere Datengrundlage für die Forschung und sparen dadurch Zeit und Geld.
Die in den Zentren ausgebaute gezielte Nachwuchsförderung macht Deutschland für Forscherinnen und Forscher attraktiv, die sich besonders auf translationale Fragestellungen spezialisiert haben.
Zahlreiche Kooperationen mit der Industrie konnten bereits abgeschlossen oder in konkrete Verhandlungen umgesetzt werden.
All diese Komponenten dienen dem übergeordneten Ziel, den Nutzen von Forschung für Patienten und deren Angehörige schneller und besser spürbar werden zu lassen. Es verpflichtet uns, gemeinsam den eingeschlagenen
Weg konsequent weiter zu gehen.
Ich danke Ihnen – und jetzt spreche ich zu meinen Abgeordneten-Kollegen – dass Sie die Investitionen für Bildung und Forschung im Bundestag, die auch die Deutschen Zentren umfassen, mittragen und unterstützen. Ich danke Ihnen für Ihr Engagement. Und ich danke Ihnen für Ihr Interesse und für Ihre Zeit, heute an dieser Veranstaltung
teilzunehmen.
Mein besonderer Dank und die besten Wünsche für die Zukunft gelten den zahlreichen Akteuren in den Deutschen Zentren, die das vorangebracht haben, was Ihnen hier gleich in den verschiedenen Tischrunden vorgestellt wird.
Jetzt wünsche ich Ihnen – wünsche ich uns allen – einen interessanten Abend, der uns vielleicht ein noch genaueres Bild davon vermittelt, was die Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung so einzigartig macht
und wie ihre Zukunft aussehen kann.