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Bekanntmachung : Datum:

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung von Richtlinien für die Förderung der Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten

Vom 18.03.2008

Vorbemerkung

Zur weiteren Senkung der hohen Jugendarbeitslosigkeit und der Zahl von unversorgten Ausbildungsbewerbern, die sich nach dem Verlassen der Schule in Ersatzmaßnahmen im Übergangssystem befinden, besteht die Notwendigkeit, frühzeitige Prävention durch eine erweiterte, schon während der Schulzeit einsetzende Berufsorientierung in praxisnahen Berufsbildungsstätten auszubauen. Insbesondere Überbetriebliche Berufsbildungsstätten (ÜBS) sind aufgrund ihrer wichtigen Rolle in der dualen Berufsausbildung an der Nahtstelle zwischen Schule und Wirtschaft, ihrer Praxisnähe und multifunktionalen Ausrichtung, ihrer Ausstattung, Erfahrung und Kompetenz des Lehrpersonals bestens geeignet, Schülerinnen und Schüler durch individuelle, systematische und berufsspezifische Berufsorientierungsmaßnahmen auf das Berufsleben vorzubereiten und den Weg in eine Berufsausbildung zu ebnen. Die ÜBS bieten hierfür jahrzehntelange Erfahrung und eine flächendeckende Struktur, die bundesweit wirksame Impulse geben kann. Auch vergleichbare Bildungsstätten, die über eine entsprechende Erfahrung in der beruflichen Erstausbildung verfügen, kommen als Träger oder als Kooperationspartner einer Berufsorientierungsmaßnahme in Frage.

Durch das Angebot einer frühzeitigen, praxisbezogenen und systematischen Berufsorientierung in ÜBS und vergleichbaren Bildungsstätten soll Jugendlichen allgemein bildender Schulen, vorrangig der Schulformen, die den Hauptschulabschluss anbieten, der Übergang von der Schule in eine duale Berufsausbildung vor allem im Handwerk erleichtert und damit ein wirksamer Beitrag zur Verringerung der Zahl der Schulabgänger ohne Schulabschluss und/oder ohne Aussicht auf einen Ausbildungsplatz geleistet werden.

Eine frühzeitige, d. h. in der Regel in Klasse 8 einsetzende, individuelle Berufsorientierung in der Ausbildungspraxis hilft den Jugendlichen, realistische Vorstellungen über die Berufswelt und die eigenen Fähigkeiten und Interessen zu entwickeln, und erleichtert es den Betrieben, qualifizierten Fachkräftenachwuchs zu gewinnen. Vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen sollen durch eine enge Verzahnung mit diesem Programm in die Lage versetzt werden, für freie Ausbildungsplätze geeignete Bewerber über einen längeren Zeitraum hinweg kennen zu lernen und diese dann gezielt anwerben zu können. Die Berufsorientierung dient auch dazu, eine zielgenaue, an den individuellen Fähigkeiten und Neigungen der Schüler ausgerichtete Auswahl eines Betriebspraktikums zu ermöglichen. Eine passgenauere Berufswahl soll auch die Zahl der Ausbildungsabbrüche, die derzeit bei ca. 20 % liegt, deutlich senken. Dazu soll vor allem die Einsicht in den praktischen Nutzen schulischen Lernens beitragen und damit die Motivation zum Schulabschluss gefördert werden. Die enge Abstimmung und Rückkoppelung des Ergebnisses der Berufsorientierung mit Schule und Eltern ermöglicht es, zu Tage getretene Defizite rechtzeitig zu beheben.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) flankiert diesen Prozess, indem es die Bildungsstätten im Rahmen ihres öffentlichen Bildungsauftrags bei der Wahrnehmung der neuen Aufgabe einer berufsspezifischen Berufsorientierung, die zu einem verbesserten Übergang zwischen Schule und Ausbildung führen soll, direkt unterstützt.

Eine begleitende Evaluierung des Programms durch das Bundesinstitut für Berufsbildung soll die Auswirkungen auf die Motivation der Jugendlichen und den Übergang von der Schule in eine Ausbildung untersuchen.

1. Rechtsgrundlagen, Förderungszweck, Laufzeit

Das BMBF erlässt diese Förderrichtlinie als allgemeine Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 90 Abs. 3 Nr. 2 des Berufsbildungsgesetzes für die Weiterentwicklung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Die Gewährung von Zuwendungen durch das BIBB erfolgt nach Maßgabe dieser Richtlinien und den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu den §§ 23, 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO).
Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht.

Das BIBB entscheidet bei Vorliegen der Zuwendungsvoraussetzungen nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

Die Förderung aus dem Haushalt des BMBF verfolgt den Zweck, durch frühzeitige Berufsorientierung den Übergang von der Schule in die Berufsausbildung zu verbessern. Hierzu soll die bestehende Infrastruktur der ÜBS und vergleichbarer Bildungsstätten genutzt werden.

Mit der Förderung der Berufsorientierung sollen modellhaft die Entwicklung geeigneter Maßnahmen und der Aufbau dauerhafter und langfristig von Bundesmitteln unabhängiger Strukturen ermöglicht werden, die eine nachhaltige Verbesserung des Übergangsmanagements gewährleisten.

Dieses Förderprogramm hat als Pilotprojekt eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2010. Das BIBB wird in einer begleitenden Evaluierung Erkenntnisse sammeln zu Methoden und Wirkungen des Profilings, Auswirkungen auf Motivation und Lernverhalten der Schüler/innen und eine Erfolgskontrolle über den Übergang in Ausbildung durchführen.

2. Gegenstand der Förderung

Gegenstand der Förderung sind Maßnahmen der Berufsorientierung in ÜBS und vergleichbaren Bildungsstätten für Schüler/innen von Schulen, die einen allgemein bildenden Abschluss anbieten, in der Regel ab Klasse 8.

3. Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind

  • juristische Personen des öffentlichen Rechts,
  • im Sinne der Abgabenordnung gemeinnützige juristische Personen des privaten Rechts,

die Träger von Berufsbildungsstätten sind und in mindestens drei Berufen überbetriebliche Lehrlingsunterweisung anbieten oder über eine entsprechende Erfahrung in der beruflichen Erstausbildung verfügen.

Kooperationen mit anderen Bildungsstätten, die eine entsprechende Erfahrung in der beruflichen Erstausbildung haben, sind möglich.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Die Maßnahmen der Berufsorientierung müssen vorsehen:

  • Praktische Einweisung und Information über allgemeine Inhalte auf dem Stand der Technik in mindestens drei Berufen über einen Zeitraum von mindestens 80 Stunden (entspricht zwei Wochen Vollzeitausbildung) pro Schüler/in. Die Maßnahme kann zusammenhängend oder in verschiedene Abschnitte getrennt über die gesamte Laufzeit erfolgen;
  • Hinleitung der Jugendlichen zur Entwicklung persönlicher Vorstellungen und Präferenzen;
  • Praktische Erprobung der eigenen Kompetenzen;
  • Enge Abstimmung und Rückkoppelung der Projektleiter mit der Schule, Lehrern, Eltern, Betrieben, Agenturen für Arbeit, Jugendhilfe und anderen lokalen Akteuren unter Berücksichtigung der regionalen Anforderungen;
  • Eine berufsübergreifende Kompetenzfeststellung („Profiling“) für jede/n teilnehmende/n Schüler/in, die sich insbesondere auf ihre/seine Neigungen, Eignungen, Grundqualifikationen, handwerkliche Fähigkeiten, Entwicklungspotentiale, Ausbildungsreife bezieht und eine Stärken-Schwächen-Analyse beinhaltet;
  • Dokumentation des „Profilings“ in einem Zertifikat, das am Ende der Maßnahme auszuhändigen ist;
  • Einsetzung und Benennung eines Projektleiters für die Organisation und Koordination der Berufsorientierung und die individuelle Betreuung der Schüler/innen in der Bildungsstätte;
  • Durchführung der Maßnahme grundsätzlich getrennt von der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung.

Eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Bildungsstätte und mindestens einer Schule, die einen allgemein bildenden Abschluss anbietet, ist mit der Antragstellung vorzulegen.

Der Antragsteller hat vorzulegen, in welcher Höhe sich Dritte an der Maßnahme beteiligen.

Eine Förderung kann nur erfolgen, wenn der/die Schüler/in mindestens 80 % der Maßnahme besucht hat.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendungen

Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss im Wege der Projektförderung als Festbetragsfinanzierung bewilligt.

Pro Maßnahme und Schüler/in werden Ausgaben in Höhe von 600 € veranschlagt. Das BMBF trägt hiervon 300 €. Die angemessene Einbindung von Land, Kommune, Wirtschaft oder anderen sowie deren finanzielle Beteiligung sind vorzusehen und reduzieren den Eigenanteil des Zuwendungsempfängers.

Mittel der Bundesagentur für Arbeit (BA) können für Maßnahmen im Sinne dieser Richtlinien nicht verwendet werden. Dies schließt die Finanzierung ergänzender Maßnahmen durch die BA nicht aus.

Es werden grundsätzlich keine Fördermittel für die Einstellung zusätzlichen Personals (z. B. Sozialpädagogen) gewährt.

Die Förderung ist begrenzt auf eine Berufsorientierung pro Schüler/in und einen Förderzeitraum von grundsätzlich zwei Jahren pro Maßnahme und Bildungsstätte.

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen, Mitwirkungspflichten

Bestandteil des Zuwendungsbescheides werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P).

Der Zuwendungsempfänger ist verpflichtet,

  • In geeigneter Weise bei Ausschreibungen, Bekanntmachungen, Veröffentlichungen u.ä. darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen dieser Richtlinie durchgeführten Maßnahmen vom BMBF finanziell gefördert werden;
  • auch nach Ablauf der Maßnahme bei der Evaluierung des Pilotprojekts, insbesondere bei den Verlaufs- und Verbleibstudien, unentgeltlich mitzuwirken und dem Zuwendungsgeber die entsprechenden hierfür benötigten Angaben bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Ablauf der Maßnahme zur Verfügung zu stellen.

7. Verfahren

Förderanträge für Berufsorientierungsmaßnahmen werden beim Bundesinstitut für Berufsbildung, 53142 Bonn, schriftlich eingereicht. Sie müssen die Konzeption unter Berücksichtigung der Zuwendungsvoraussetzungen unter Nr. 4 enthalten. Etwaige einschlägige Erfahrungen mit der Durchführung von Berufsorientierungsmaßnahmen sollen dargestellt werden.

Vordrucke für Förderanträge, Richtlinien, Hinweise und Nebenbestimmungen können unter der Internetadresse abgerufen oder unmittelbar beim BIBB angefordert werden.

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die §§ 23, 44 BHO und die hierzu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften sowie die §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz, soweit nicht in diesen Richtlinien Abweichungen zugelassen sind.

Der Bundesrechnungshof ist gemäß §§ 91, 100 BHO zur Prüfung berechtigt.

Für eine Förderung können auch Anträge berücksichtigt werden, die bereits vor Inkrafttreten der Richtlinien eingereicht werden. Eine rückwirkende Förderung bereits begonnener Maßnahmen ist ausgeschlossen.

8. Inkrafttreten

Diese Richtlinien treten am Tag ihrer Bekanntmachung in Kraft.
Bonn, den 18. März 2008

Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag


Trebes