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Bekanntmachung : Datum:

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung von Richtlinien über die Förderung von Forschungsverbünden zur Psychotherapie

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen

1.1. Zuwendungszweck

Psychische Erkrankungen sind mit einer Lebenszeitprävalenz von rund 30% eine der gesundheitspolitisch bedeutendsten Krankheitsgruppen. Sie stellen schon heute eine der Hauptursachen für frühzeitige Berentungen und Krankschreibungen dar. Die demographische Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland läßt erwarten, dass sich die Häufigkeit derartiger Krankheiten weiter erhöhen wird. Zu ihrer Behandlung werden neben verschiedenen anderen Methoden vielfach auch psychotherapeutische Verfahren eingesetzt. Die psychotherapeutische Versorgung hat sich in Deutschland inzwischen zu einem zentralen Bereich der Krankenversorgung entwickelt.

Allerdings ist die Effektivität vieler psychotherapeutischer Behandlungsformen wissenschaftlich bisher nur unzureichend belegt. Ferner bestehen Defizite bei der diagnostischen Klassifikation und Indikationsstellung, der Entwicklung von standardisierten Instrumenten zur Erfassung und Validierung der Behandlungseffektivität sowie der Standardisierung der verschiedenen Therapieformen. Zudem liefern die aktuellen Ergebnisse der neurobiologischen und neuropsychologischen Grundlagenforschung neue Ansatzpunkte für die Erforschung der Interaktion biologischer und psychologischer Variabeln, auch im Hinblick auf ein vertieftes Verständnis des Psychotherapieprozesses.

Die bisherige Entwicklung der Psychotherapieforschung in Deutschland wurde gleichzeitig in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen wie Psychiatrie, Psychosomatik sowie klinische und medizinische Psychologie durchgeführt. Mit der beabsichtigten Förderung soll neben der inhaltlichen Weiterentwicklung der Psychotherapieforschung auch ein Beitrag zur Verbesserung der interdisziplinären Kooperation und zur Verbesserung der Forschungsstrukturen geleistet werden. Ferner soll der Transfer aktueller Forschungsergebnisse in die Praxis unterstützt werden.
Es ist vorgesehen, im Rahmen des Programms „Forschung für die Gesundheit „ der Bundesregierung bis zu vier überregional angelegte Forschungsverbünde zu spezifischen Störungsbildern mit einer Organisations- und Koordinationsstruktur, themenbezogenen Forschungsprojekten und bei Bedarf verbundübergreifende Projekte zu fördern. In jedem Verbund soll das einschlägige Potential an Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen und Institutionen für das jeweilige Störungsbild zusammengeführt werden.

Die Forschungsverbünde sollen im Hinblick auf die Qualität, die Ergebnisorientierung und die Interdisziplinarität der Forschung, die Etablierung von Kooperationen zwischen Forschung und Versorgung, die Aus- und Weiterbildung und die Gesundheitsversorgung einen deutlichen Mehrwert erbringen.

1.2. Rechtsgrundlagen

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Bekanntmachung, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungsanträge auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendung gefördert werden. Ein Anspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens. Die Fördermaßnahme steht unter dem Vorbehalt, dass dem BMBF die zur Durchführung erforderlichen Haushaltsmittel und Verpflichtungsermächtigungen zur Verfügung stehen.

2. Gegenstand der Förderung

Es sollen interdisziplinäre Forschungsverbünde gefördert werden, in denen sich Arbeitsgruppen an universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie forschungsorientierte Versorgungseinrichtungen zur Bearbeitung von Forschungsthemen zu spezifischen Störungsbildern überregional zusammenschließen. Für die Durchführung versorgungsorientierter Forschungsansätze und die Verbesserung des Wissens- und Ergebnistransfer in die Versorgung sollen an geeigneten Standorten der Verbünde lokal oder regional angelegte Kooperationsstrukturen mit Versorgungseinrichtungen aufgebaut werden, die z. B. eine modellhafte Implementierung und Evaluation von Behandlungsstrategien ermöglichen. Versorgungs- und Kostenträger sind gegebenenfalls frühzeitig einzubinden. Einzelvorhaben ohne Zugehörigkeit zu einem Verbund werden nicht berücksichtigt.

Die Verbünde sollen sich mit jeweils einem gesundheitspolitisch relevanten psychischen Störungsbild befassen.

Es sollen schwerpunktmäßig patientenorientierte, klinische und versorgungsorientierte Forschungsvorhaben zu spezifischen Störungsbildern gefördert werden, die sich insbesondere mit den folgenden Themenbereichen befassen:

  1. Ergebnis- und Prozessforschung bei spezifischen Störungsbildern
    Voraussetzung für ein besseres Verständnis und die Weiterentwicklung psychotherapeutischer Behandlungsverfahren ist die Untersuchung der Wirkungsweise verschiedener psychotherapeutischer Methoden bei unterschiedlichen Störungsbildern. Dazu soll im Rahmen des Förderschwerpunktes Ergebnis- und Prozessforschung betrieben werden. Dazu kann auch der Vergleich verschiedener psychotherapeutischer Verfahren untereinander oder mit medikamentösen Behandlungsverfahren gezählt werden. Studien, die ausschließlich der Evaluation von Medikamenten dienen, sind nicht Gegenstand der Förderung.
  2. Rahmenbedingungen und Praxistransfer
    Die tatsächliche Wirksamkeit evaluierter psychotherapeutischer Verfahren unter Alltagsbedingungen hängt von verschiedenen Strukturmerkmalen und Rahmenbedingungen des Versorgungssystems ab. Für die Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgungspraxis sind daher Untersuchungen zu Versorgungsbedarf und Versorgungsrealität, Effizienz der Anwendung von Psychotherapie unter Routinebedingungen sowie zur strukturellen Qualität des Versorgungssystems von Bedeutung. Die Entwicklung von Leitlinien und Manualen sowie die Einführung und Verbreitung von evidenz-basierten Methoden in die Praxis soll angestrebt werden.
  3. Interaktion von neurobiologischen und psychosozialen Faktoren
    Ein Teilbereich der Psychotherapieforschung, der für die Klinik in zunehmendem Maße Bedeutung gewinnt, ist die Untersuchung der Interaktion neurobiologischer Faktoren mit psychosozialen Faktoren. Zu nennen sind hier insbesondere die Untersuchung neurobiologischer Normabweichungen und deren Veränderung als Prädiktoren für das Ansprechen auf Psychotherapie. Davon sind Anstöße zur differentiellen Weiterentwicklung psychotherapeutischer Verfahren sowie zur Kombination von Psychotherapie mit Psychopharmaka zu erwarten. Entsprechende Projekte sollen in einem direkten inhaltlichen Zusammenhang mit den patientenorientierten, klinischen Projekten eines Verbundes stehen.
  4. Entwicklungs- und geschlechtsspezifische Dimensionen der Psychotherapieforschung
    Psychotherapieforschung hat sich bislang weitgehend auf die Untersuchung von Erwachsenen konzentriert. Daher sollen in dem Förderschwerpunkt insbesondere die Besonderheiten der Behandlung von Kindern und Jugendlichen und von älteren Menschen berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollen geschlechtsspezifische Aspekte in angemessener Weise berücksichtigt werden.

Vorhaben zur Grundlagenforschung können gefördert werden, sofern sie sich direkt aus klinischen Fragestellungen ableiten und für das Forschungskonzept des Verbundes von herausragender Bedeutung sind.

Außerdem können Querschnittsprojekte gefördert werden, deren Ziel in einer dauerhaften und nachhaltigen Verbesserung der Qualitätssicherung psychotherapeutischer Forschung liegt. Dazu zählen z. B. die Etablierung, Weiterentwicklung, Validierung und Konsentierung allgemein akzeptierter methodischer Instrumente. Um dieses Ziel zu erreichen, können u. a. Verbund übergreifende, methodisch orientierte Workshops mit dem Ziel des Erfahrungsaustausches und der Harmonisierung von Methoden finanziert werden.

3. Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind staatliche und nicht-staatliche Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie forschungsaktive Kliniken und Rehabilitationskliniken.

Bei Verbundprojekten ist von den Partnern der Koordinator zu benennen.

Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Antragsteller müssen durch Vorarbeiten ausgewiesen sein, die hinsichtlich Krankheitsbild und Forschungsmethodik einschlägig sind. Im Hinblick auf die beabsichtigen Querschnittsprojekte müssen die Antragsteller die Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit mitbringen.

Die Partner eines „Verbundprojekts“ haben Ihre Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung zu regeln. Vor der Förderentscheidung muss eine grundsätzliche Übereinkunft über bestimmte, vom BMBF vorgegebene Kriterien, nachgewiesen werden, die einem BMBF-Merkblatt - https://foerderportal.bund.de/easy/easy_index.php?auswahl=easy_formulare&formularschrank=bmbf - zu entnehmen sind.

Antragsteller müssen sich im Umfeld des national beabsichtigten Projektes mit den EU-Forschungsprogrammen vertraut machen. Sie müssen vor einer Antragstellung beim BMBF prüfen, ob das beabsichtigte Projekt spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Sofern eine Antragstellung beim BMBF erfolgt, ist das Ergebnis der Prüfung darzustellen. Weiterhin müssen Antragsteller prüfen, inwieweit ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Überlegungen und Planungen dazu sind mit dem Antrag auf Bundeszuwendung darzustellen.

Informationen zur EU-Förderung im 6. Forschungsrahmenprogramm können unter http://www.nks-lebenswissenschaften.de/ abgerufen werden.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung

Zuwendungen können im Wege der Projektförderung für einen Zeitraum von zunächst bis zu 3 Jahren als nicht rückzahlbarer Zuschuss gewährt werden.

Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Kliniken sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben, für Helmholtz-Zentren und die Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) die zuwendungsfähigen projektbedingten Kosten, die bis maximal 100 % gefördert werden.

Für strukturunterstützende Maßnahmen können bei Bedarf grundsätzlich als zuwendungsfähig werden:

  • Personal- und Sachausgaben für die Koordinierung eines Verbundes auf fachlicher und administrativer Ebene,
  • Ausgaben für zentrale, für alle Verbundmitglieder offene Serviceeinrichtungen und für zentrale Querschnittsprojekte, z. B. Aufbau von Datenbanken/Materialsammlungen, Entwicklung von Methoden etc.,
  • Ausgaben zur wissenschaftlichen Kommunikation, z. B. Durchführung von Kolloquien und Arbeitstreffen, Gastaufenthalte von Nachwuchswissenschaftlern aus dem Verbund an externen Forschungsstätten und Kliniken, Einladung von externen Fachleuten,
  • Ausgaben für Rotationspersonal (für Wissenschaftler aus dem Versorgungssektor, die voll oder anteilig für eine befristete Zeit von ihren Routineaufgaben in der Versorgung für die Forschung freigestellt werden sollen, und für die ein Ersatz eingestellt werden muss,
  • Stipendien für Nachwuchswissenschaftler).

Für themenbezogene Forschungsvorhaben können neben Ausgaben für wissenschaftliches und technisches Personal und Hilfskräfte ausnahmsweise auch Ausgaben zur Finanzierung vorhabenspezifischer Investitionen als zuwendungsfähig anerkannt werden, sofern sie nicht anderweitig grundfinanziert werden.

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Die allgemeinen und besonderen Nebenbestimmungen des BMBF werden Bestandteil der Zuwendungsbescheide:

  • für Zuwendungen auf Ausgabenbasis die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98);
  • für Zuwendungen auf Kostenbasis grundsätzlich die Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (NKBF 98).“

7. Verfahren

7.1. Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen

Mit der Abwicklung dieser Fördermaßnahme hat das BMBF seinen

Projektträger im DLR für das BMBF
Gesundheitsforschung
Südstrasse 125
53175 Bonn
0228-3821-269 / 210
0228-3821-257
Internet: http://www.pt-dlr.de

beauftragt.

Es wird empfohlen, zur Antragsberatung mit dem Projektträger Kontakt aufzunehmen. Weitere Informationen und Erläuterungen sind dort erhältlich.

Die Vordrucke für die in der zweiten Verfahrensstufe einzureichenden Formanträge sowie Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können über das https://foerderportal.bund.de/easyonline abgerufen werden.

Auf Anforderung stellt auch der Projektträger die Unterlagen zur Verfügung.

Zur Erstellung förmlicher Förderanträge wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „ https://foerderportal.bund.de/easyonline “ dringend empfohlen.

Bei Anträgen für klinische Studien sind die internationalen Standards als vorgegebene Maßstäbe zugrunde zu legen ( http://www.ich.org/ , http://www.consort-statement.org/ ). Die Anforderungen an vorzulegende Antragsskizzen (s. unter Nr. 7. 2) sowie an förmliche Förderanträge (s. unter Nr. 7. 3) sind in einem Leitfaden für Antragsteller (unter http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/ ) niedergelegt. Dort ist gleichfalls der spezielle Leitfaden für klinische Studien einzusehen.

7.2. Vorlage von Antragsskizzen

Das Förderverfahren ist zweistufig. Zunächst sind dem Projektträger ab sofort formlose Antragsskizzen in englischer Sprache bis zum 31.03.2005 auf dem Postweg vorzulegen.

Der Umfang darf 5 Seiten für die Verbunddarstellung und zwei bis drei Seiten (5 Seiten für klinische Studien) pro Forschungsprojekt nicht überschreiten darf (15 Exemplare DIN A4, doppelseitig, Arial Punkt 11 in schriftlicher Form und 1 Exemplar in elektronischer Form). Bei Verbundprojekten sind die Antragsskizzen in Abstimmung mit dem vorgesehenen Koordinator vorzulegen.

Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Skizzen können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden. Bei verspäteter Vorlage wird die vorherige Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Projektträger empfohlen.

Aus der Vorlage einer Antragsskizze kann ein Rechtsanspruch nicht abgeleitet werden.

7.3. Auswahl- und Entscheidungsverfahren

Die vorgelegten Antragsskizzen werden von einem unabhängigen (international besetzten) Gutachterkreis bewertet. Diese Bewertung ist eine Entscheidungsgrundlage. Dabei werden u. a. die folgenden Kriterien zugrunde gelegt:

  • Innovation und Klinische Relevanz der Forschungsprojekte, Schlüssigkeit des Arbeitsprogramms,
  • wissenschaftliche Qualität und methodische Qualität des Antrags,
  • Vorleistungen,
  • Interdisziplinarität
  • Bündelung des wesentlichen überregionalen Forscherpotentials zu dem bearbeiteten Störungsbild,
  • Verbundstruktur,
  • Ausmaß der durch den Verbund zu erwartenden Synergieeffekte,
  • Vorgesehene Maßnahmen und deren Chancen zur Umsetzung der Ergebnisse in die Versorgungspraxis,
  • Beiträge zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und zur Patienteninformation / Öffentlichkeitsarbeit.

Über das Ergebnis der Bewertung werden die Interessenten vom Projektträger schriftlich informiert.

In einer zweiten Verfahrensstufe werden die Interessenten der positiv bewerteten Skizzen unter Angabe eines Termins zur Vorlage eines förmlichen Förderantrags (in deutscher Sprache) aufgefordert, über den dann nach abschließender Prüfung entschieden wird.

Nach erfolgreicher Zwischenbewertung (etwa 2 1/2 Jahre nach Förderbeginn) können Verbünde grundsätzlich weitere drei Jahre weiter gefördert werden, um die nachgewiesene Kompetenz zu festigen und auszuweiten.

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV zu § 44 BHO sowie die §§ 48 bis 49a VwVfG, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.

8. Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten mit dem Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Berlin, den 03.12.2004
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag

Dr. Hausdorf