
von Förderrichtlinien des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) „Geisteswissenschaften im gesellschaftlichen Dialog“
Teil I
Ansehen und internationaler Ruf der europäischen und deutschen Geisteswissenschaften sind - im Unterschied zu öffentlichen Wahrnehmungen - gut. Europa ist der Kontinent der Geisteswissenschaften. Es ist seit alters ein Kontinent der Vielheit, und die Balance zwischen Einheit und Vielheit (der Sprachen, der Literaturen, der Kultur- und Sozialformen etc.) stellt von Beginn an ein Basisproblem der Geisteswissenschaften.
Innerhalb (und außerhalb) der Geisteswissenschaften wird jedoch häufig beklagt, dass sie als ressourcenschwache Fächer keinen Ort, keine Möglichkeiten und nur wenige Mittel für das die Disziplingrenzen überschreitende (wissenschaftliche) Gespräch haben. Dieses Gespräch aber wird mit Blick auf die rasante Entwicklung von Natur-, Lebens- und Neurowissenschaften immer dringlicher. Auch im inneruniversitären Wettbewerb wird ein Denken und Arbeiten über Fachgrenzen hinweg für Profilbildung und die sichtbare Ausprägung von wissenschaftlicher Exzellenz immer wichtiger. Orte der Begegnung und freie Forschungszeit für die disziplinüberschreitende Zusammenarbeit sind in den Geisteswissenschaften ein rares und kostbares Gut.
Das erste Ziel der Förderinitiative „Geisteswissenschaften im gesellschaftlichen Dialog“ ist es deshalb, durch die Förderung von Forschungsverbünden an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen unter Beteiligung ausländischer Gastforscherinnen und Gastforscher neue interdisziplinäre Arbeitszusammenhänge aufzubauen. Die Forschungsverbünde sollen dazu dienen, dem transdisziplinären Gespräch Raum zu geben und der oft beklagten Isolation der geisteswissenschaftlichen Fächer entgegenzuwirken.
Im Erfolgsfall können diese Arbeitszusammenhänge zu Ausgangspunkten für die Profilbildung an Universitäten und die Entstehung exzellenter Forschungszentren und Netzwerke werden.
Zweitens sollen die Geisteswissenschaften darin unterstützt werden, Beiträge zur Selbstverständigung einer Gesellschaft über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu leisten. Prozesse wie die ökonomische und kulturelle Internationalisierung, Umbrüche in der Arbeitsgesellschaft, das sich verändernde Verhältnis von Staat und Zivilgesellschaft relativieren erprobte Verhaltens- und Denkmuster. Die Fördermaßnahme will die Geisteswissenschaften herausfordern, zur Problembewältigung und Gestaltung der Zukunft beizutragen, indem sie sich mit ihren Erkenntnissen auf diese gesellschaftlichen Veränderungen und Fragestellungen einlassen und gemeinsam mit anderen Wissenschaften Antworten finden.
Die forschungspolitische Initiative für die Geisteswissenschaften versteht sich deshalb als ein Angebot an die Geisteswissenschaften, an der Suche nach Lösungsansätzen für zentrale gesellschaftlich-kulturelle Fragen mitzuwirken. Die Geisteswissenschaften sollen ein Forum erhalten, das es ihnen ermöglicht, solche Fragen interdisziplinär bzw. transdisziplinär in Forschungsverbünden und Netzwerken zu bearbeiten und die Ergebnisse in eine interessierte breitere Öffentlichkeit zu vermitteln.
Von der Förderinitiative werden damit Fortschritte für die Geisteswissenschaften in zwei Richtungen erwartet:
Die Förderung richtet sich vor allem an den wissenschaftlichen Nachwuchs. Die Einbindung der Forschung in internationale Forschungskooperationen ist ein Kernelement dieser Initiative. Zugleich wird angestrebt, dass die Forschungsverbünde konkret mit der universitären Lehre verknüpft sind und in diese zurück wirken, da eine der wichtigsten Funktionen der Geistes- und Sozialwissenschaften in Bildung und Ausbildung besteht.
Vorhaben können für den oben genannten Zweck auf der Grundlage dieser Bekanntmachung, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungsanträge auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet aufgrund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
Vorgesehen ist zunächst die Förderung von interdisziplinären Verbundprojekten, die sich einem der folgenden zwei Themenschwerpunkte zuordnen lassen:
Diese thematischen Schwerpunkte sind als weiter Rahmen zu verstehen, innerhalb dessen interessierte Geisteswissenschaftler verschiedener Disziplinen einen Forschungsverbund beantragen, in dem sie Aufgaben und Fragestellungen in den Mittelpunkt stellen, die
Einzelvorhaben ohne Zugehörigkeit zu einem Verbund können nicht gefördert werden. Weitere thematische Schwerpunkte sind für die Zukunft geplant.
Antragsberechtigt sind Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Institute der Max-Planck-Gesellschaft, Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft und Leibniz-Institute unterliegen den für das BMBF geltenden Regelungen hinsichtlich einer Zusatzfinanzierung.
Die Antragsteller müssen durch einschlägige wissenschaftliche Vorarbeiten ausgewiesen sein und eine hohe Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit mitbringen. Im Hinblick auf Förderanträge für Verbünde wird eine gemeinsame Bewerbung der Interessenten vorausgesetzt. Partner eines Forschungsverbundes haben ihre Zusammenarbeit in einer schriftlichen Kooperationsvereinbarung zu regeln. Verbundprojekte, die an mehreren Standorten angesiedelt sind, müssen konkretisieren, mit welchen Instrumenten und Organisationsformen sie ihre Zusammenarbeit über die räumliche Entfernung hinweg sichern wollen. Vor der Förderentscheidung über ein Verbundprojekt muss die grundsätzliche Übereinkunft der Kooperationspartner über bestimmte vom BMBF vorgegebene Kriterien (gemäß BMBF-Vordruck 0110) nachgewiesen werden.
Die Fördermaßnahme richtet sich inbesondere an den Forschungsnachwuchs. Die Kooperation mit ausländischen Forschungspartnern ist erwünscht und erhöht die Erfolgsaussicht. Insbesondere kann die Kooperation in Form der Beteiligung ausländischer Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler erfolgen.
Die Forschungsverbünde sollen bereits während der Projektlaufzeit über die Fachöffentlichkeit hinaus ihre Fragestellungen und Ergebnisse in eine breite, außerwissenschaftliche Öffentlichkeit kommunizieren. Ein Indiz hierfür sind z. B. angestrebte Medienpartnerschaften, Veranstaltungsreihen oder Internetpräsenz. Instrumente und Finanzmittel hierfür sind im Antrag entsprechend einzuplanen. Weiterhin sollen Maßnahmen zur Rückkoppelung von Vorhabensergebnissen in die Lehre vorgesehen werden.
Antragsteller sollen sich im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens mit dem 6. EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob das beabsichtigte Vorhaben spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche oder ergänzende EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis dieser Prüfung ist im nationalen Förderantrag kurz darzustellen.
Informationen zur EU-Förderung im 6. Forschungsrahmenprogramm sind unter http://www.rp6.de abrufbar oder können bei den nationalen Kontaktstellen DLR (Fon 0228 / 447-641) angefordert werden.
Die Zuwendungen können im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbarer Zuschuss zu FuE-Vorhaben gewährt werden für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren.
Die erforderlichen Personalkapazitäten zur Koordination eines Verbundprojektes können grundsätzlich als zuwendungsfähig anerkannt werden.
Der durch internationale Kooperation anfallende zusätzliche Mittelbedarf für Reisen ist grundsätzlich zuwendungsfähig, wenn dadurch Synergieeffekte für das geplante Forschungsvorhaben entstehen. Förderfähig sind ebenfalls Forschungsaufenthalte für bis zu zwei ausländische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die in das Arbeitsprogramm des Forschungsverbunds eingebunden werden.
Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die individuell bis zu 100% gefördert werden können.
Die Bemessung der jeweiligen Förderquote muss den Gemeinschaftsrahmen der EU-Kommission für staatliche FuE-Beihilfen - unabhängig von den BMBF-Grundsätzen - berücksichtigen. Dieser Gemeinschaftsrahmen lässt für Forschungsverbünde, für Antragsteller aus den neuen Bundesländern und für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine differenzierte Bonusregelung zu, die ggf. zu einer höheren Förderquote führen kann.
Die allgemeinen und besonderen Nebenbestimmungen des BMBF werden grundsätzlich Bestandteil der Zuwendungsbescheide:
Mit der Durchführung der Fördermaßnahme hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung federführend den Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) beauftragt:
Projektträger im DLR für das BMBF
Geisteswissenschaften
Heinrich-Konen-Str. 1
53227 Bonn
Tel.: 0228 / 3821366;
Fax: 0228 / 3821323;
E-mail: heinz.thunecke@dlr.de
Internet: http://www.pt-dlr.de
Ansprechpartner: Dr. Heinz Thunecke.
Es wird empfohlen zur Antragsberatung mit dem Projektträger Kontakt aufzunehmen. Weitere Informationen und Erläuterungen sind dort erhältlich.
Die Vordrucke für förmliche Förderanträge (vgl. Nr. 7.3), Richtlinien, Merkblätter, Hinweise sowie die Nebenbestimmungen können im Internet abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden.
Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen und Projektskizzen wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ empfohlen.
Das Antragsverfahren ist zweigleisig. Eingereicht werden können
Angestrebt wird, im Rahmen dieser Bekanntmachung (Teil I) bis zu vier Forschungsverbünde zu fördern, deren Laufzeit zunächst auf drei Jahre befristet ist. Rechtsansprüche können aus der Vorlage von Vorhabensbeschreibungen nicht abgeleitet werden.
Begutachtungsfähige Anträge sind dem Projektträger bis zum 31.07. 2005 in schriftlicher und elektronischer Form in deutscher Sprache (einseitiges Exemplar und 10 doppelseitige Kopien, gelocht und geheftet) vorzulegen. Die gemeinsame Vorhabensbeschreibung soll maximal 20 Seiten umfassen (A 4, 1,5zeilig). Die Teilvorhaben sollen ihre spezifischen Ziele und Arbeitspläne auf jeweils 5 Seiten darstellen. Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Anträge können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.
Den Vorhabensbeschreibungen ist ein Deckblatt voranzustellen, aus dem das Thema des Verbundprojektes, die Antragsteller mit Institution, der Koordinator bzw. Sprecher des Verbundes, die beantragte Laufzeit und die beantragten Fördermittel hervorgehen.
Die Vorhabensbeschreibungen sollen sich an folgender Gliederung orientieren:
Vorphasen zur Vorbereitung und Planung der Antragstellung für ein Verbundprojekt können für eine Laufzeit von bis zu 6 Monaten und bis zur Höhe von 50.000 € beantragt werden.
Anträge zur Durchführung von Vorphasen sind dem Projektträger bis zum 30.06.2005 (Poststempel) in schriftlicher und elektronischer Form vorzulegen. Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingereichte Anträge können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.
Die Vorhabensbeschreibung soll maximal 5-DIN-A4-Seiten umfassen. In der Vorhabensbeschreibung soll die beabsichtigte Themenstellung für das Verbundprojekt, die geplante Kooperation mit anderen Verbundpartnern sowie die einschlägigen Vorarbeiten skizziert werden. Als Ergebnis der Vorphase wird ein Antrag für die Durchführung eines Verbundprojektes erwartet (vgl. Punkt 7.2.1).
Aus der Vorlage von Anträgen für Vorphasen zur Vorbereitung von Forschungsverbünden können keine Rechtsansprüche abgeleitet werden. Über deren Bewilligung entscheidet das BMBF nach abschließender Prüfung.
Die Anträge zur Durchführung von Verbundprojekten werden von externen Sachverständigen begutachtet, die dem BMBF eine Empfehlung zur Förderung geben. Bewertungskriterien für eine Förderung von Verbundprojekten sind neben den inhaltlichen und formalen Voraussetzungen die folgenden Kriterien:
Auf der Grundlage der Bewertung durch die Gutachter entscheidet das BMBF nach abschließender Antragsprüfung. Das Auswahlergebnis wird den Interessenten schriftlich mitgeteilt.
Die Projektteilnehmer müssen ihre Bereitschaft zur Mitwirkung bei integrativen und evaluierenden Maßnahmen erklären. Der Förderschwerpunkt soll auf Grundlage der Projekte nach drei Jahren unter Einbeziehung eines externen Sachverständigenkreises anhand der folgenden Kriterien bewertet werden.
Akademische Erfolgskriterien:
Dialogorientierte Erfolgskriterien:
Forschungspolitische Erfolgskriterien:
Diese Förderrichtlinien treten mit dem Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Bonn, den 18.04.2005
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag
Dr. Angelika Willms-Herget