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Bekanntmachung : Datum:

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung von Richtlinien für die Förderung der Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten

Vom 01.06.2010

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Zuwendungszweck

1.1.1

Bund und Länder haben die Bedeutung der Berufsorientierung in der gemeinsamen Dresdner Erklärung zur Qualifizierungsinitiative unterstrichen. Um Jugendliche in Ausbildung zu bringen und dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Berufsabschluss“ gestartet. Dieses Berufsorientierungsprogramm ist ein wichtiger Bestandteil dieser Initiative. Zur Sicherung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Berufsorientierung erwartet das BMBF die angemessene Unterstützung der Länder, der Kommunen, der Wirtschaft und anderer.

1.1.2

Zur Erreichung eines nahtlosen Übergangs von der Schule in eine Berufsausbildung, zur Verbesserung der Berufswahlkompetenz und zur Stärkung der Ausbildungsreife besteht die Notwendigkeit, frühzeitige Prävention durch eine erweiterte, schon während der Schulzeit einsetzende Berufsorientierung in praxisnahen Berufsbildungsstätten auszubauen. Insbesondere überbetriebliche Berufsbildungsstätten (ÜBS) sind aufgrund ihrer wichtigen Rolle in der dualen Berufsausbildung an der Nahtstelle zwischen Schule und Wirtschaft, ihrer Praxisnähe und multifunktionalen Ausrichtung, ihrer Ausstattung, Erfahrung und Kompetenz des Lehrpersonals geeignet, Schülerinnen und Schüler durch individuelle, systematische, vielfältige und berufsspezifische Berufsorientierungsmaßnahmen auf das Berufsleben vorzubereiten und den Weg in eine Berufsausbildung zu ebnen. Die ÜBS bieten hierfür jahrzehntelange Erfahrung und eine flächendeckende Struktur, die bundesweit wirksame Impulse geben kann.

Auch vergleichbare Berufsbildungsstätten, die über eine entsprechende Erfahrung in der beruflichen Erstausbildung verfügen, kommen als Träger oder als Kooperationspartner einer Berufsorientierungsmaßnahme in Frage.

1.1.3

Das Angebot einer frühzeitigen, praxisbezogenen und systematischen Berufsorientierung in ÜBS und vergleichbaren Berufsbildungsstätten soll allen Jugendlichen, die Interesse an einer dualen Ausbildung haben, offen stehen. Der Übergang von der Schule in eine duale Berufsausbildung soll für Jungen und Mädchen erleichtert werden, auch um geschlechtsspezifisches Berufswahlverhalten aufzubrechen. Damit wird ein wirksamer Beitrag zur Verringerung der Zahl der Schulabgänger ohne Schulabschluss und/oder ohne Aussicht auf einen Ausbildungsplatz geleistet.

1.1.4

Eine frühzeitige, d. h. in der Regel in Klasse 8 einsetzende, individuelle Berufsorientierung in der Ausbildungspraxis hilft den Jugendlichen, realistische Vorstellungen über die Berufswelt und die eigenen Fähigkeiten und Interessen zu entwickeln, und erleichtert es den Betrieben, qualifizierten Fachkräftenachwuchs zu gewinnen. Vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen sollen durch eine enge Verzahnung mit diesem Programm in die Lage versetzt werden, für freie Ausbildungsplätze geeignete Bewerber über einen längeren Zeitraum hinweg kennen zu lernen und diese dann gezielt anwerben zu können. Die Berufsorientierung dient auch dazu, eine zielgenaue, an den individuellen Fähigkeiten und Neigungen der Schülerinnen und Schüler ausgerichtete Auswahl eines Betriebspraktikums zu ermöglichen. Eine vorgelagerte, ab Klasse 7 stattfindende Potenzialanalyse soll die Grundlage für eine erfolgreiche Berufsorientierungsmaßnahme schaffen.

Eine passgenauere Berufswahl soll auch die Zahl der Ausbildungsabbrüche, die im Jahr 2008 bei 21,5 % lag, deutlich senken. Dazu soll vor allem die Einsicht in den praktischen Nutzen schulischen Lernens beitragen und damit die Motivation zum Schulabschluss gefördert werden. Die enge Abstimmung und Rückkoppelung des Ergebnisses der Berufsorientierung mit Schule und Eltern ermöglicht es, erkannte Defizite rechtzeitig zu beheben.

1.1.5

Das BMBF flankiert diesen Prozess, indem es die Bildungsstätten bei der Durchführung der berufsspezifischen Berufsorientierungsmaßnahmen im Rahmen ihres öffentlichen Bildungsauftrags unterstützt.
Diese Maßnahmen sind systematisch mit regionalen Strukturen zu verknüpfen und die Einbettung dieses Programms in schulische berufsorientierende Curricula soll im Zusammenwirken der Träger und der Schulen gefördert werden.

1.1.6

Eine externe Evaluation soll nach ca. drei Jahren Erkenntnisse sammeln zu Methoden und Wirkungen der Potenzialanalyse und der Berufsorientierungsmaßnahme, Auswirkungen auf Motivation und Lernverhalten der Schüler/innen und eine Erfolgskontrolle über den Übergang in Ausbildung durchführen.

1.2 Rechtsgrundlage

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgabenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu den §§ 23, 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden.

Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet bei Vorliegen der Zuwendungsvoraussetzungen nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung

Gegenstand der Förderung sind Maßnahmen der Berufsorientierung in ÜBS und vergleichbaren Berufsbildungsstätten für Schülerinnen und Schüler von Schulen, die einen allgemein bildenden Abschluss anbieten, in der Regel ab Klasse 8 sowie eine vorgelagerte Potenzialanalyse, in der Regel ab Klasse 7. Die Ergebnisse der Potenzialanalyse sind für die Berufsorientierungsmaßnahme zu nutzen. Es ist erwünscht, dass Potenzialanalyse und Berufsorientierungsmaßnahme in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.

3. Zuwendungsempfänger

3.1 Antragsberechtigt sind

  • juristische Personen des öffentlichen Rechts,
  • juristische Personen des privaten Rechts,

die Träger von Berufsbildungsstätten und geeignet sind, die Ziele dieser Richtlinien umzusetzen. Der Antragsteller muss allein oder in Kooperation mit anderen Trägern in mindestens drei Berufsfeldern überbetriebliche Lehrlingsunterweisung anbieten oder über eine entsprechende Erfahrung in der beruflichen Erstausbildung verfügen.

3.2

Um ein vielfältiges Berufsspektrum anbieten zu können, werden die Träger angehalten, Kooperationen mit anderen Bildungsstätten, die eine entsprechende Erfahrung in der beruflichen Erstausbildung haben, einzugehen. Kooperationen für die Durchführung der Potenzialanalyse sind möglich.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

4.1 Die Maßnahmen der Berufsorientierung müssen grundsätzlich vorsehen:

4.1.1

Eine vorgelagerte Potenzialanalyse für jede/n teilnehmende/n Jugendliche/n, die in der Regel ab Klasse 7 durchgeführt wird. Sie bezieht sich insbesondere auf seine individuellen Kompetenzen, Neigungen, Interessen und die jeweiligen Entwicklungspotenziale und entspricht den vorgegebenen Qualitätsstandards, die unter www.bibb.de/berufsorientierung abrufbar sind. Dies gilt nicht, sofern eine entsprechende Potenzialanalyse bereits erfolgte. Erkennbarer Förderbedarf ist zu benennen.

4.1.2

Praktische Einweisung und Information über allgemeine Inhalte auf dem Stand der Technik in mindestens drei Berufsfeldern über einen Zeitraum von in der Regel zwei Wochen oder 80 Stunden pro Schüler/in. Dabei soll der Anteil für die praktische Erprobung in den Werkstätten 65 Zeitstunden betragen und die tägliche Anwesenheit sieben Stunden nicht überschreiten. Die verbleibende Zeit ist für die Vor- und Nachbereitung sowie die Auswertung der Potenzialanalyse und der Erfahrungen in der Bildungsstätte zu nutzen.
Die Gruppengröße soll nicht mehr als 15 Jugendliche umfassen. Bei Gruppen aus Förderschulen soll die Gruppengröße weiter reduziert werden. Die Anwesenheit von Lehrkräften wird zur Verbesserung der Verknüpfung von schulischem und berufspraktischem Lernen erwartet.

4.1.3

Hinleitung der Jugendlichen zur Entwicklung persönlicher Vorstellungen und Präferenzen.

4.1.4

Praktische Erprobung der eigenen Kompetenzen.

4.1.5

Eine regelmäßige und fundierte Rückmeldung an jede/n Jugendliche/n, in der die Stärken und das konkrete Verhalten während und am Ende der Berufsorientierungsmaßnahme gespiegelt werden.

4.1.6

Dokumentation der während der Maßnahme festgestellten Kompetenzen, Neigungen, Interessen und individuellen Entwicklungspotenziale in einem Zertifikat, das am Ende der Maßnahme auszuhändigen ist. Das Zertifikat enthält außerdem die Bereiche, die praktisch erprobt wurden, und die dafür ausgeführten Tätigkeiten in jedem Berufsfeld. Die Lernziele und erkennbarer Förderbedarf sind separat zu dokumentieren.

4.1.7

Einsatz und Benennung einer/s Projektleiterin/Projektleiters für die Organisation und Koordination der Berufsorientierung und die individuelle Betreuung der Schülerinnen und Schüler in der Berufsbildungsstätte; das betreuende Personal soll pädagogisch geschult sein (Eignung belegt durch Ausbilder-Eignungsprüfung oder vergleichbare Qualifikationen).

4.1.8

Enge Abstimmung und Rückkoppelung der Projektleitung mit der Schule, den Lehrerinnen und Lehrern, Eltern, Betrieben, Agenturen für Arbeit, Grundsicherungsträgern sowie der Jugendhilfe und anderen lokalen Akteuren unter Berücksichtigung der regionalen Anforderungen.

4.1.9

Durchführung der Maßnahme grundsätzlich getrennt von der überbetrieblichen/außerbetrieblichen Lehrlingsunterweisung.

4.2

Eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Bildungsstätte und mindestens einer Schule, die einen allgemein bildenden Abschluss anbietet, ist mit der Antragstellung vorzulegen.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendungen

5.1

Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss im Wege der Projektförderung als Festbetragsfinanzierung bewilligt.
Die Bundesmittel können erstmalig nach Abschluss der Potenzialanalyse bzw. nach Durchführung der Hälfte der Maßnahme zur Auszahlung angefordert werden.

5.2

Pro Maßnahme und Schülerin/Schüler werden einschließlich der Potenzialanalyse Ausgaben in Höhe von 800 € veranschlagt. Das BMBF trägt hiervon 500 €. Der Zuschuss reduziert sich auf 300 €, sofern vor Beginn der durch diese Richtlinie geförderten Berufsorientierung eine Potenzialanalyse anderweitig nachweislich bereits durchgeführt wurde. Diese muss den Qualitätsstandards gemäß Nummer 4.1.1 entsprechen. Pro Förderschülerin/Förderschüler erhöht sich der Zuschuss zur Berufsorientierungsmaßnahme um 100 €.
Sollte in Ausnahmefällen nur eine Potenzialanalyse durchgeführt worden sein und die Berufsorientierungsmaßnahme nicht fortgesetzt oder begonnen werden, trägt das BMBF hierfür 200 €.

5.3

Auf der Grundlage der vorgegebenen Qualitätsstandards gemäß Nummer 4.1.1 können Aufträge für die Durchführung der Potenzialanalyse erteilt werden.

5.4

Mittel der Bundesagentur für Arbeit (BA) oder der Grundsicherungsträger können für Maßnahmen im Sinne dieser Richtlinien nicht verwendet werden. Dies schließt die Finanzierung ergänzender Maßnahmen durch die BA nicht aus.

5.5

Die Förderung ist begrenzt auf eine Berufsorientierung pro Schüler/in.
Die Förderung setzt eine regelmäßige Teilnahme voraus. Für Fehlzeiten müssen wichtige Gründe nachgewiesen werden.

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen, Mitwirkungspflichten

6.1

Bestandteile des Zuwendungsbescheides werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P).

6.2

Der Zuwendungsempfänger ist verpflichtet,

6.2.1

in geeigneter Weise bei Ausschreibungen, Bekanntmachungen, Veröffentlichungen und Ähnlichem darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen dieser Richtlinien durchgeführten Maßnahmen vom BMBF finanziell gefördert werden;

6.2.2

auch nach Ablauf der Maßnahme bei der Evaluierung, insbesondere bei den Verlaufs- und Verbleibstudien, unentgeltlich mitzuwirken und dem Zuwendungsgeber die entsprechenden hierfür benötigten Angaben bis zum Ablauf von vier Jahren nach Ablauf der Maßnahme zur Verfügung zu stellen;

6.2.3

die entsprechende Mitwirkung der durch diese Richtlinien geförderten Jugendlichen und der beteiligten Schulen bei der Evaluation sicherzustellen.

7. Verfahren

7.1

Mit der Durchführung der Maßnahmen dieser Förderrichtlinien wird das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) gemäß § 90 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe f) des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) beauftragt.

7.2

Förderanträge für Berufsorientierungsmaßnahmen werden beim Bundesinstitut für Berufsbildung, 53142 Bonn, schriftlich eingereicht. Sie müssen die Konzeption unter Berücksichtigung der Zuwendungsvoraussetzungen unter Nr. 4 enthalten. Etwaige einschlägige Erfahrungen mit der Durchführung von Berufsorientierungsmaßnahmen sollen dargestellt werden. Über die Förderung eingereichter Projektanträge entscheidet das BIBB als Bewilligungsbehörde.

7.3

Vordrucke für Förderanträge, Richtlinien, Hinweise und Nebenbestimmungen können unter www.bibb.de/berufsorientierung abgerufen oder unmittelbar beim BIBB angefordert werden.

7.4

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die §§ 23, 44 BHO und die hierzu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften sowie die §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes, soweit nicht in diesen Richtlinien Abweichungen zugelassen sind.

7.5

Der Bundesrechnungshof ist gemäß §§ 91, 100 BHO zur Prüfung berechtigt.

7.6

Für eine Förderung können auch Anträge berücksichtigt werden, die bereits vor Inkrafttreten der Richtlinien eingereicht werden. Eine rückwirkende Förderung bereits begonnener Maßnahmen ist ausgeschlossen.

8. Inkrafttreten

Diese Richtlinien treten am Tag ihrer Bekanntmachung in Kraft.

Bonn, den 01.06.2010

Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag

Trebes